Warum musste der Porsche Nummer 14 so oft an die Box?

Der Porsche 919 Hybrid von Romain Dumas, Neel Jani und Marc Lieb schien die Probleme magisch anzuziehen: Gleich viermal musste das Fahrzeug mit der Startnummer 14 unplanmäßig an die Box. Besonders bitter: Schon in der medienwirksamen Anfangsphase musste Neel Jani die Box ansteuern. Der Grund: Ein Problem bei der Kraftstoffzufuhr. "Die Jungs haben das schnell repariert", lobte der Schweizer, der nach nur neun Minuten wieder auf die Bahn ging, seine Crew.

Doch das Problem sollte wieder zuschlagen: Um 4 Uhr stand das Hybrid-Vehikel wieder mit ähnlichen Problemen an der Box, diesmal zogen 17 Minuten ins Land, bis es wieder losging. Am frühen Morgen sorgte dann ein Ausrutscher von Jani ins Kiesbett für einen kurzen außerplanmäßigen Halt zum Check. Danach lief es lange Zeit gut, bis 90 Minuten vor Schluss das Schicksal vollends zuschlug: Getriebeschaden am 919er. Zwar stellte Porsche das Fahrzeug noch einmal für eine letzte Runde bereit, doch Dumas, Jani und Lieb gingen nicht mehr in die Wertung ein.

Was geschah bei dem Crash auf der Hunaudieres-Geraden beim ersten Schauer?

Der erste große Schock geschah nur 90 Minuten nach Beginn des Regens: Ein apokalyptischer Regenschauer, der scheinbar vom Nürburgring ausgeliehen wurde, fegte über die Strecke hinweg. Als wären die Bedingungen nicht schon schlimm genug gewesen, waren auch noch viele Fahrzeuge auf Slicks unterwegs. Die perfekten Zutaten für einen Massencrash - und der sollte nicht lange auf sich warten lassen. Die TV-Bilder zeigten nur ein wildes Durcheinander von fünf Fahrzeugen, am Ende waren drei gestrandet: Der Toyota von Nicolas Lapierre, der Audi von Marco Bonanomi und der AF-Corse-Ferrari von Sam Bird. Für Letztere war das Rennen gelaufen, Toyota machte weiter und holte P3.

Auf den TV-Bildern war nicht allzu viel zu erkennen, Foto: ACO/Youtube
Auf den TV-Bildern war nicht allzu viel zu erkennen, Foto: ACO/Youtube

Was war passiert? Der Auslöser war vermutlich der Ferrari von Sam Bird. Dieser lief auf die langsamen, weil noch auf Slicks fahrenden LMP1 von Lapierre und Bonanomi auf. Bird schoss auf ein langsam fahrendes Paket aus dem Audi, dem Toyota, zwei Porsche und einem Aston Martin zu; das Nächste, was zu sehen war, waren drei zerstörte Fahrzeuge. Bird hatte Bonanomi angeschoben, der Abflug von Lapierre gibt mehr Rätsel auf: Entweder war er ebenfalls vom Ferrari getroffen worden, oder von selbst wegen Aquaplaning abgeflogen. Einige Meter weiter hinten auf der Strecke aquaplante gleichzeitig ein Manthey-Porsche in die Leitplanke, doch die Querlenker hielten.

Der Auslöser für Lapierres Abflug ist also noch unklar. Nicht einmal der Franzose selbst wusste es genau: "Es setzte starker Regen ein und plötzlich tauchten ein paar sehr langsam fahrende Fahrzeuge auf, von denen kein einziges die Regenleuchten an hatte. Sie waren sehr langsam und ich versuchte zu bremsen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich von dem GT-Fahrzeug getroffen wurde. Ich weiß noch nicht einmal mit Gewissheit, was eigentlich passiert ist." Alle Beteiligten versuchten verzweifelt, die Fahrzeuge wieder in Gang zu bringen, doch nur Lapierre gelang es, den Toyota in die zehn Kilometer entfernte Box zu schleppen.

Was geschah mit dem Nissan ZEOD RC?

Der Nissan ZEOD RC kam nicht weit, Foto: Sutton
Der Nissan ZEOD RC kam nicht weit, Foto: Sutton

Nissan kam mit zwei offiziellen Zielen mit dem ZEOD RC nach Le Mans: Erstens sollte das Fahrzeug eine komplette Runde rein elektrisch fahren, zweitens sollten nur mit Elektropower 300 km/h erreicht werden. Nun, beides hat Nissan geschafft, trotzdem war der Auftritt ein Debakel: Ganze 39 Runden spulte das skurrile Gefährt in der kompletten Woche ab. Das inoffizielle ziel war nämlich, Daten für das LMP1-Engagement im kommenden Jahr sammeln, doch diese Mission wurde allenfalls teilweise erfüllt. Im Rennen fiel das Fahrzeug schon nach 20 Minuten aus. Der Grund war für so ein innovatives Konzept geradezu banal: Getriebeschaden.

Warum konnte Toyota den überlegenen Speed nicht zum Sieg nutzen?

Die Antwort lautet: Pech. Zumindest zum Teil. Die WM-Führenden Anthony Davidson, Nicolas Lapierre und Sebastien Buemi wurden frühzeitig aus dem Rennen durch den Crash auf der Hunaudieres-Geraden gerissen und fuhren anschließend eigentlich nur noch, um WM-Punkte für die WEC zu sammeln. Dass sie damit noch aufs Podium kamen, konnten sie am Ende selber nicht glauben. Ob es Pech oder zu viel eigenes Risiko mit Slicks im Regen war, hängt letztlich davon ab, ob Sam Bird Lapierre nun abgeschossen hat oder dieser sich ohne fremdes Zutun wegdrehte. Womöglich werden wir es nie erfahren.

Anders liegt der Fall beim Toyota mit der Startnummer 7: Das lange Zeit führende Auto wurde von einem Elektronikdefekt lahm gelegt. Es gab ein Problem am Kabelbaum. Dieser wird in den kommenden Wochen untersucht werden müssen, denn ein solches Problem sollte eigentlich nicht auftreten. Schlussendlich brachte sich Toyota damit selbst um den lang ersehnten Le-Mans-Sieg. "Ich sagte ja in der Woche zuvor, dass man Le Mans nicht gewinnt, dieses Rennen lässt dich gewinnen - und heute ließ es uns nicht siegen", sagte ein tottrauriger Alexander Wurz.

Toyota fehlt in Le Mans einfach das Glück, Foto: Speedpictures
Toyota fehlt in Le Mans einfach das Glück, Foto: Speedpictures

Warum war Porsche gegenüber Audi so viel langsamer?

Machen wir uns nichts vor: Auch ohne den Ausfall hätte Porsche das Rennen nicht gewinnen können. Zu hoch war die Pace von Audi gegenüber dem Geschoss aus Weissach. Drei bis sechs Sekunden verloren sowohl Timo Bernhard als auch Mark Webber auf den furios fahrenden Andre Lotterer im später siegreichen Audi R18 e-tron quattro. Bereits unser Favoriten-Check vor dem Rennen zeigte eine Schwäche von Porsche beim Rennspeed. Auch in der Anfangsphase hatte Porsche bereits nicht den Speed von Audi, lediglich die SC-Phasen und das Regenchaos brachten die Boliden wieder in Reichweite der Spitze.

Doch das ist nicht die ganze Story: Der Porsche von Mark Webber, Brendon Hartley und Timo Bernhard kämpfte über Dreiviertel des Rennens über mit einem Aerodynamik-Problem, das das Fahrzeug bei mehr als 275 km/h heftigst vibrieren ließ. "Das Auto lief gut, auch wenn die Fahrzeug- und Bremsbalance verbesserungswürdig war", sagte Mark Webber. Dieser verbremste sich ebenso wie Teamkollege Brendon Hartley in Arnage, wodurch wichtige Zeit verstrich, die im Kampf mit Audi am Sonntagvormittag fehlte. "Wir justieren ständig die Einstellungen nach, was uns im Cockpit ziemlich beschäftigt", erklärte der Ex-F1-Pilot den Fehltritt.

Was geschah mit Mark Webbers Porsche?

Der herzzerreißende Moment zwei Stunden vor Schluss riss den Porsche 919 Hybrid dann mit Mark Webber am Steuer aus dem Rennen. Die Führung war gerade weg, da fuhr Webber plötzlich in der zweiten Hunaudieres-Schikane geradeaus und war danach langsam unterwegs. "Der Ausfall war hart für jeden im Team", sagte der Australier, der versuchte, das Positive an der Situation zu sehen: "Wenn du früh ausfällst, lernst du nichts. Aber wenn du eine Runde vor Schluss ausfällst, ist es noch brutaler." Zumindest also hat Porsche etwas gelernt. Was war passiert? Es gab ein Problem im Antriebsstrang des Verbrennungsmotors, das bis Rennende nicht mehr behoben werden konnte.

Warum mussten beide Audi zur Reparatur?

Auch die strahlenden Sieger kamen nicht ohne Probleme durchs Rennen. Zwar fragt im Angesichts des Triumphes niemand mehr danach, doch Audi wird Arbeit vor sich haben: An beiden R18, die die Zielflagge sahen, gab es ein Problem mit dem Turbolader. Die Mechaniker wechselten an beiden Boliden das Teil in Rekordzeit. Am Fahrzeug mit der Startnummer 1 musste darüber hinaus eine Einspritzdüse gewechselt werden. "Am Ende war das Glück auf unserer Seite", sagte Marcel Fässler, der sich bewusst war, dass das Turbo-Problem an anderer Stelle deutlich schmerzhafter hätte sein können. Doch Audi hat nun drei Monate Zeit, die Teile zu untersuchen, bis es in Austin mit der WEC weitergeht.