'Motorsport is dangerous' muss auf jedem verkauften Zuschauerticket für Motorsportveranstaltungen seit der Tragödie von 1955 stehen. Die in Situationen wie der gestrigen meist viel zu häufig zitierte Phrase wird mittlerweile von vielen als Relikt aus einer früheren Zeit angesehen. Umso größer ist die Bestürzung, wenn dann tatsächlich etwas passiert. So auch diesmal in Le Mans. Alle Sicherheitsfortschritte können den Gefahrenaspekt vielleicht mental ausblenden, ihn aber nicht beiseite schieben. 16 Jahre lang war in Le Mans nichts mehr passiert, der letzte Todesfall im Rennen lag gar 27 Jahre zurück. Ein Gefühl der Sicherheit hatte sich breit gemacht.

Die Hochgeschwindigkeitsstrecke an der Sarthe wurde immer wieder auf einen besseren Sicherheitsstandard gebracht. Vom Bau der Sektion zwischen Porsche-Kurven und Ford-Schikanen in den 70er-Jahren über den Einbau von Schikanen auf der Hunaudiéres-Geraden bis hin zur Asphaltierung diverser Auslaufzonen wurde immer versucht, die passive Sicherheit streckenseitig weiter zu erhöhen. Aber: Le Mans ist keine Strecke mit Auslaufzonen wie die neuesten Tilke-Arenen, und das will und soll sie auch nicht sein. An vielen Stellen trennt nur ein kleiner Grünstreifen das Asphaltband von der Leitplanke, was einen Teil der Faszination ausmacht.

Der Unfall von Allan Simonsen wird noch analysiert werden müssen, Foto: ADAC GT Masters
Der Unfall von Allan Simonsen wird noch analysiert werden müssen, Foto: ADAC GT Masters

Auf allen Seiten wurde die Sicherheit verbessert. Das beginnt bei der Reifenentwicklung, die die Anzahl der Reifenschäden bei hoher Geschwindigkeit auf ein Minimum reduziert hat, und endet bei den immer besseren Crashstrukturen im Fahrzeug und bei der Fahrerausrüstung. Aber es bleibt dabei: Le Mans ist gefährlich. Es wird Veränderungen geben in Sachen Sicherheit in Tertre Rouge, aber die Gefahr wird man nie bannen können. Manche Fahrer wie beispielsweise Lewis Hamilton sagen, dass genau hier der Reiz des Motorsports besteht. Nicht wenige Fans werden ihm dabei zustimmen, selbst wenn die Faszination an diesem Wochenende in Trauer umschlägt.

Faktoren nicht kontrollierbar

Als Allan Simonsen in den frühen Minuten des Rennens einschlug, nahm man in erster Linie die Enttäuschung ob des Ausfalls zu Kenntnis. An einen tödlichen Unfall dachte wohl kaum jemand. Abgehärtet von den spektakulären Unfällen von Allan McNish, Mike Rockenfeller und Anthony Davidson, die allesamt glimpflich abliefen, wird durch die meisten Köpfe zunächst gegangen sein: "Was ein Ärger für das Team." Dass hier etwas Ernsthaftes passiert sein könnte, wollte sich zunächst gar nicht einstellen. Es sah schlimm aus, aber nicht so heftig wie andere Unfälle in den letzten zehn Jahren. Doch genau das sind die Unfälle, bei denen es gefährlich wird. Man erinnere sich an den Unfall von Dale Earnhardt.

75g maß der Sensor im Aston Martin V8 Vantage beim Aufprall. Menschen haben bereits höhere G-Kräfte überstanden. Doch nicht die Kraft ist entscheidend, sondern der Winkel, in dem der Aufprall erfolgt. Und wie der Körper beim Aufprall herumwirbelt. Schon eine unglückliche Formung des Sitzes für eine Beschleunigung in eine spezifische Richtung kann den Unterschied ausmachen. Es ist nicht möglich, alle Faktoren zu kontrollieren. Man kann alles für die Sicherheit tun, aber eine hundertprozentige Garantie gibt es nicht, schon gar nicht in Le Mans. So wird es sein und so soll es sein.