Zahlreiche Kunststücke zieren Dr. Helmut Markos Lendhotel in Graz. Eines sticht besonders hervor: Ein Helm von Max Verstappen, signiert mit: "Danke, dass du mir die Flügel gegeben hast, die ich brauchte." Nicht erst durch die Causa Christian Horner wurde klar: Max Verstappen und Dr. Helmut Marko gibt es in der Formel 1 nur im Doppelpack.

Für den Niederländer ist Red Bulls Motorsportchef zugleich Entdecker, größter Förderer, Freund und wichtiger Bestandteil der Zukunftsplanung. Motorsport-Magazin.com wirft einen Blick auf die Beziehung von zwei Hauptakteuren nicht nur bei Red Bull - sondern der gesamten Formel 1.

Kein Dr. Helmut Marko - kein Max Verstappen in der Formel 1

Am 3. Oktober 2014 fuhr Verstappen sein erstes offizielles Formel-1-Training. Ein Teenager - ausgerechnet auf dem schwierigen Kurs in Suzuka. Nicht einmal ein Jahr später war er Stammfahrer bei Toro Rosso - mit 17 Jahren und 166 Tagen der jüngste, den es je gab - und geben wird.

"Es war damals vom Alter her und mit nur einem Jahr Vierradsport sicher ein gewisses Risiko", erinnert sich Dr. Helmut Marko an die Anfänge. Er war es, der Max Verstappen nach nur einem Jahr Formel 3 direkt in die Königsklasse bugsierte. Mit 49 Punkten als Rookie zahlte Verstappen ihm das Vertrauen zurück. Damals wie heute. Aber wie kam es dazu?

Schon im Kart erregte Verstappen Red Bulls Aufmerksamkeit. Ein erstes Treffen zwischen Marko und Verstappen folgte. "Normalerweise spreche ich mit so einem jungen Fahrer 20 bis 30 Minuten maximal. Mit ihm waren es fast zwei Stunden", so der Doktor. "Sein Selbstvertrauen war damals schon ungewöhnlich." Der Grundstein war gelegt, richtig in Fahrt geriet die Operation Verstappen am 28. Juni 2014.

Am Norisring überzeugte Max Verstappen Dr. Helmut Marko endgültig, Foto: FIA F3
Am Norisring überzeugte Max Verstappen Dr. Helmut Marko endgültig, Foto: FIA F3

Es war einmal - ein verregneter Tag in Nürnberg. Ein 16-jähriger Max Verstappen deklassierte am Norisring seine Formel-3-Konkurrenz. Wo andere bei schwierigen Bedingungen um den Kurs schlitterten, fuhr Verstappen mit viel Feingefühl zwei Sekunden schneller als der Rest. Einen Tag später griff Dr. Helmut Marko zum legendären Nokia-Telefonhörer: "Jos, alle unsere Gespräche sind hinfällig, wir gehen mit Max in die Formel 1."

"Was er dort aufgeführt hat…dieses Rennen war der Ausschlag, dass wir gesagt haben: Vergessen wir all die Alternativen - gehen wir direkt den Schritt in die Formel 1", erinnert sich Dr. Helmut Marko. Auch an den folgenden Shitstorm: Zu jung, zu wild, zu gefährlich. Am Ende erhöhte die FIA sogar das Mindestalter zum Erhalt einer Superlizenz.

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Nicht das einzige Risiko: Erst der Sprung in die Königsklasse, dann der Sprung von Toro Rosso ins A-Team. Beide Male zahlte sich das Vertrauen aus. Für beide Seiten: Auch in schweren Zeiten (Stichwort Renault-Motor oder Crashstappen) hielt Marko zu seinem Schützling. Max Verstappen hielt ihm im Gegenzug ebenfalls die Treue.

Vorzeigeschüler Verstappen: Die Doktor-Schule in der Formel 1

"Die Beziehung ist sehr ehrlich, sehr geradlinig, sehr offen. Heute können wir uns alles sagen", erklärt Max Verstappen im Exklusivinterview gegenüber MSM. Angst, wie andere Junioren vor einem frühmorgendlichen Anruf von Marko hatte er nie. "Ich erinnere mich daran, dass er auch immer morgens um 07:30 oder 08:00 Uhr angerufen hat. Ich bin einfach nicht rangegangen."

Erst später rief Verstappen zurück. "Ich glaube, er mag das auch in gewisser Weise. Weil man seine Grenzen abgesteckt hat und er genauso ist", meint er. Dr. Helmut Marko ist übrigens auch der Grund für die guten Deutschkenntnisse des Niederländers: Amtssprache Deutsch bei Meetings.

Max Verstappen und Helmut Marko bei den Wintertests in Bahrain
Für Max Verstappen ist Dr. Helmut Marko einer der engsten Vertrauten in der Formel 1, Foto: Getty Images / Red Bull Content Pool

Mittlerweile ist aus dem 17-jährigen Teenage ein Formel-1-Superstar geworden. Verstappen steht bei drei Weltmeistertiteln und 56 Siegen. Mit seinem letzten Triumph in Saudi-Arabien krönte er sich mit 26 Jahren und fünf Monaten zum jüngsten Piloten mit 100 Podien. Ein weiterer Rekord, den er Sebastian Vettel (30 Jahre und 8 Monate) abnahm. Dritter auf der Bestenliste ist übrigens Lewis Hamilton (31 Jahre und 9 Monate).

Auf der anderen Seite steht Dr. Helmut Marko inzwischen bei 13 WM-Titeln. Das einstigen Wunderkind Sebastian Vettel wurde von Max Verstappen nicht nur abgelöst, sondern übertroffen. Gemeinsam mit Dietrich Mateschitz bauten die zwei Österreicher das Formel-1-Imperium Red Bull auf.

Ein wichtiger Erfolgsbaustein das (damals) dezidierte Juniorteam Toro Rosso. Mercedes hätte Verstappen auch gerne gehabt, hatte die Formel 2 zu bieten. Dr. Helmut Marko die Königsklasse. "Ein Fahrer muss Potenzial haben, Grand Prix zu gewinnen, dann ist er der richtige Mann", lautete die Devise des Grazers. 120 Siegen aus seinem Nachwuchsprogramm sprechen für sein Gefühl bei der Talentauswahl.

Absolventen der Doktor-Schule der Formel 1

FahrerSiegeWM-Titel
Max Verstappen563
Sebastian Vettel534
Daniel Ricciardo8-
Carlos Sainz2-
Pierre Gasly1-

Am 27. April feierte Dr. Helmut Marko seinen 80. Geburtstag. Von einer Pensionierung ist noch nichts in Sicht, der Österreicher verlängerte seinen Vertrag im letzten Jahr bis 2026. Somit dürfte er noch länger im Formel-1-Paddock und an der Seite von Max Verstappen (Vertrag bis 2028) zu finden sein - etwaige Suspendierungen, Klauseln und Wechsel zu Mercedes ausgenommen.

In der Sommerpause traf sich unser Christian mit Dr. Helmut Marko zum Exklusiv-Interview. Unter anderem ging es natürlich auch um Max Verstappen. Aber auch um einen möglichen Lando Norris-Transfer zu Red Bull. Hier gibt es das gesamte Interview zum Nachschauen.

Dr. Marko Interview: Verstappen Rücktritt? Norris zu Red Bull? (34:30 Min.)