Der Formel-1-Rennkalender wächst - und das stetig. Bis zum Jahr 2004 gab es nie mehr als 17 Weltmeisterschaftsrennen, im Jahr 2012 wurde erstmals die Marke von 20 Rennen erreicht. Doch damit nicht genug: 2024 wird die Formel 1 eine Rekordanzahl von 24 Grands Prix in nur 41 Wochen bestreiten. Hinzu kommen sechs Sprints mit zusätzlichen Qualifying-Sessions.

Doch die Kritik an den Ausmaßen des Rennkalenders wächst. Die Arbeitsbelastungen seien schlichtweg zu hoch, meinen Kritiker. Auch an den Fahrern selbst geht dies nicht spurlos vorbei. "Wir sind jetzt schon bei der Anzahl an Rennen an einem Limit angekommen, das Teampersonal, Fahrer und die Menschen in der Formel 1, Journalisten und so weiter, vertragen, wenn du eine Familie zuhause hast und mit deinem Zuhause in Verbindung bleiben willst", argumentiert etwa Carlos Sainz.

Ferrari-Fahrer Carlos Sainz Jr. im Paddock
Carlos Sainz warnt vor zu hohen Belastungen durch den Rennkalender, Foto: LAT Images

Max Verstappen: Früher Rücktritt wegen F1-Kalender?

Weltmeister Max Verstappen geht sogar noch einen Schritt weiter: "Ich habe das Gefühl, dass wir jetzt schon deutlich über dem Limit an Rennen sind." Der 26-Jährige kokettierte in der Vergangenheit schon öfters mit einem Ende seiner Formel-1-Karriere nach dem Auslaufen seines bis Ende 2028 gültigen Red-Bull-Vertrages mit dann erst 32 Jahren. Als einen möglichen Rücktrittsgrund nannte der Niederländer unter anderem die hohen Belastungen durch den Rennkalender.

"Ich liebe es, Rennen zu fahren und tue das auch viel außerhalb der Formel 1", so Verstappen. "Aber an einem Punkt bevorzuge ich es wahrscheinlich, einfach zuhause zu sein und mich auf andere Projekte zu fokussieren. Denn es ist verrückt, wie viel du dafür tun musst und ich liebe es. Jetzt ist es noch kein Problem, aber in ein paar Jahren wird das anders sein."

Red Bull-Fahrer Max Verstappen im Interview
Max Verstappen denkt lautstark über ein Ende seiner F1-Karriere nach, Foto: Getty Images / Red Bull Content Pool

Fernando Alonso: Formel 1 bis 50? Nicht mit 24 Rennen!

Fernando Alonso hingegen signalisierte beim Launch des neuen AMR24 im Februar die Bereitschaft, noch lange in der Königsklasse des Motorsports zu fahren - sogar bis ins Alter von 50 Jahren sei das vorstellbar. Aber auch mit einem dermaßen vollen Rennkalender? "Nein, auf keinen Fall! Wir sind deutlich über dem Limit", ist der Altmeister nicht um eine klare Antwort verlegen.

Ein weiteres Anwachsen des Kalenders wollen die Fahrer deshalb unbedingt verhindern. Im sportlichen Reglement ist die Anzahl der Rennen aktuell auf 25 Grands Prix gedeckelt. "Ich hoffe wirklich, dass es nicht mehr als 24 Rennen werden! Denn falls doch, wird es sehr schwierig für alle", warnt Sainz.

Die vermehrten Sprintrennen und verkürzte Testtage in den vergangenen Jahren sorgen zudem für einen erhöhten Anteil an sportlich relevanten Sessions - und erhöhen so den Druck auf die Beteiligten zusätzlich. Zudem mahnen die Fahrer: Die Formel 1 sollte nicht die Quantität an Rennen über die Qualität derselbigen priorisieren.

Sieger Max Verstappen (Red Bull) im Parc Ferme
Führen zu viele Rennen zur Ermüdung der Fans?, Foto: Getty Images / Red Bull Content Pool

F1-Faher warnen: Qualität geht vor Quantität

Gerade in Zeiten massiver Dominanz von Verstappen und Red Bull kann schnell Ermüdung einkehren. "Selbst der Weltmeister denkt, die Saison ist ein bisschen lang", sagt Alonso. "Stellt euch vor, wie es für den Rest von uns ist. Wir gehen umsonst zu den Rennen in der zweiten Saisonhälfte, weil es keinen Anreiz gibt, um irgendetwas zu kämpfen", klagt der zweifache Formel-1-Weltmeister.

Carlos Sainz kommt gar mit einem ungewohnten Vergleich zum Fußball daher: "Ich mag die Champions League, denn man kriegt sie nicht so oft. Die Formel 1 riskiert, zu oft stattzufinden und den Appetit der Leute zu verlieren, den Fernseher anzuschalten und Formel 1 zu schauen." Die Formel 1 müsse exklusiv bleiben, so Sainz. "Es muss ein Sport bleiben, bei dem sich jeder darauf freut einzuschalten. Und nicht etwas, wo du dich daran gewöhnst, einzuschalten, wie ein normaler Spieltag jedes Wochenende", bedient der Spanier erneut die Fußballmetapher.

Stefano Domenicali: 25 Rennen vorerst nicht geplant

Doch nicht jeder im Formel-1-Paddock teilt die Kritik an den hohen Arbeitsbelastungen. Franz Tost, der Ende 2023 nach 18 Jahren sein Amt als Teamchef bei AlphaTauri aufgab, verteidigte den Rennkalender: "Es gibt mehr und mehr Nachfrage nach der Formel 1, und wir müssen es positiv sehen und dürfen uns nicht beschweren, dass wir zu viele Rennen fahren. Wir sollten froh sein, dass es so viele Rennen wie möglich gibt. Wem das nicht gefällt, der sollte einfach gehen!"

Je mehr Rennen stattfinden, desto mehr reist die Formel 1 um die Welt, Foto: DHL
Je mehr Rennen stattfinden, desto mehr reist die Formel 1 um die Welt, Foto: DHL

Neben der Arbeitsbelastung nennt Lewis Hamilton jedoch noch ein weiteres Argument gegen eine derart große Anzahl an Rennen: Die Nachhaltigkeit. "Wir müssen darüber nachdenken, was wir für Auswirkungen auf die Welt haben. Je mehr Rennen wir haben, desto mehr reist der ganze Paddock. Die Nachhaltigkeit sollte im Mittelpunkt unserer Entscheidungen in der Zukunft stehen", argumentiert der Rekordweltmeister.

Fest steht: Laut Formel-1-CEO Stefano Domenicali steht eine weitere Aufstockung des Rennkalender im Moment zumindest nicht im Raum. Eine Reduzierung der Grands Prix ist entgegen aller Forderungen jedoch aktuell ebenso wenig ein realistisches Szenario.