1. Warum fuhr Sainz absichtlich langsam?

Singapur-Sieger Carlos Sainz fuhr gleich mehrfach absichtlich langsam. Fast das gesamte Rennen über bewegte er seinen Ferrari SF-23 nicht am Limit. Ein durchaus bekanntes Spiel in Singapur, wo es gilt, die Reifen zu schonen. Weil Überholen auf dem engen Stadtkurs so schwierig ist, kann das Tempo extrem gemanagt werden. Da der Ferrari größere Probleme mit dem Reifenabbau hat, fuhr Sainz von Runde eins ab langsam.

Am Ende übertrieb er es aber und ging in der ersten Kurvenkombination fast gar nicht mehr aufs Gas. Grund: Lando Norris direkt hinter ihm war durch den Zweikampf gegen George Russell aus dem DRS-Fenster gefallen. Sainz wollte Norris im DRS-Fenster halten, damit der sich gegen Russell verteidigen kann. Für Sainz war Russell auf den frischen Medium-Reifen die deutlich größere Gefahr als Norris. Deshalb half er dem McLaren-Piloten, um dem Mercedes-Piloten das Leben schwer zu machen.

2. Warum sollte Leclerc Abstand zu Sainz halten?

Ferrari ließ Charles Leclerc auf den Soft-Reifen starten, um George Russell am Start zu attackieren. Der Plan ging auf, Leclerc katapultierte sich von Platz drei auf zwei. Allerdings sollte er im Verlauf des 1. Stints Abstand halten. Von fünf Sekunden war sogar die Rede. Damit wollte man sich strategisch absichern. Leclerc sollte sich mit einem früheren Boxenstopp gegen Russell verteidigen können, ohne damit Sainz anzugreifen. Gleichzeitig gab man Sainz damit genügend Spielraum, auf einen Russell-Stopp reagieren zu können. Und: Im Falle eines Double-Stacks müsste Leclerc nicht an der Box anstehen.

3. Wie verlor Leclerc Platz zwei?

Als das Safety Car kam und fast alle Piloten an die Box kamen, verlor Leclerc trotzdem Positionen. Er fielt hinter Russell und Norris zurück. Es war schlichtweg Pech. Ferrari musste mit der Freigabe bei Leclerc warten, bis in der Fastlane Platz war. Dadurch rutschten zwei Konkurrenten durch.

4. Warum war Red Bull so langsam?

14 Siege in Folge - und dann das? Max Verstappen und Sergio Perez verpassten das Q3! Red Bull hatte in Singapur zu kämpfen. Für viele war das ein Resultat der Technischen Direktiven, die just an diesem Wochenende in Kraft traten. "Leider können wir die TDs nicht dafür verantwortlich machen, denn wir mussten keine einzige Komponente an unserem Auto ändern", stellte Teamchef Christian Horner klar. Die einzigartige Charakteristik des Marina Bay Street Circuits, gepaart mit dem falschen Setup sind die wahren Gründe. "Unsere Simulationen vor dem Wochenende haben uns nicht die richtigen Schlüsse ziehen lassen", so Horner.

5. Wofür wurde Sergio Perez (nicht) bestraft und untersucht?

Sergio Perez' 250. Formel-1-Rennen war besonders ereignisreich. In Runde eins kollidierte er mit Yuki Tsunoda. Für den Japaner war das Rennen damit beendet, Perez beschädigte sich lediglich die Frontflügel-Endplatte. Obwohl es klar die Schuld des Mexikaners war, untersuchten die Stewards den Fall nicht.

Am Ende des Rennens wurde es noch mehrfach turbulent. Als Alexander Albon während der VSC-Phase stoppte, kam er direkt neben Perez wieder zurück auf die Strecke. Niemand konnte genau sagen, wer die Nase an der SC-Linie vorne hatte. Albon sortierte sich vor Perez ein. Die Stewards untersuchten den Fall und konnten ebenfalls nicht genau sagen, wer an der entsprechenden Stelle vorne war. Deshalb legte man den Fall ad acta.

Perez holte sich die Position gegen Albon auf der Strecke wieder zurück - aber etwas ruppig. In Kurve 13 stach der Red-Bull-Pilot innen rein und traf den Thailänder. Die Stewards belegten Perez nach dem Rennen mit einer 5-Sekunden-Strafe, die allerdings keine Konsequenzen für ihn hatte. Sein Überholmanöver gegen Liam Lawson untersuchten sie hingegen nicht. Die Wiederholungen zeigten eindeutig, dass alles mit rechten Dingen zugegangen war.

6. Warum klagte Verstappen über SC-Pech?

Verstappen fuhr lange einen unauffälligen Grand Prix. Erst als der Weltmeister in Runde 40 die Medium-Reifen aufzog, begann sein Rennen richtig. Am Ende hätte er sogar noch fast Charles Leclerc überholt. Nach dem Rennen klagte Verstappen über Pech mit dem Safety Car. Der Niederländer war auf den harten Reifen losgefahren. Die Safety-Car-Phase in Runde 20 kam für ihn zu früh. Deshalb konnte er nicht wie die Konkurrenz zum Reifenwechsel kommen.

Dafür musste er später im Rennen an die Box und fiel auf Rang 15 zurück. Vier Runden nach seinem Stopp gab es eine VSC-Phase - in der er deutlich weniger Zeit beim Reifenwechsel verloren hätte. Erst hatte Verstappen Pech mit der frühen Safety-Car-Phase, später hatte er kein Glück mit dem VSC.

7. Warum fiel Esteban Ocon aus?

Nach der Horror-Vorstellung in Monza lief es für Alpine in Singapur deutlich besser. Vor allem Esteban Ocon zeigte am Wochenende ein starke Vorstellung und war 42 Runden lang auf dem Weg, gute Punkte zu holen. In Runde 43, auf Rang sechs liegend, ließ ihn sein Alpine im Stich, er musste am Streckenrand parken. Alpine vermutet einen Getriebe-Defekt.

8. Was war bei Valtteri Bottas los?

Wie die beiden Red Bulls, startete auch Valtteri Bottas mit dem Mut der Verzweiflung auf den harten Reifen. Auch für ihn kam das Safety Car zu früh. Später im Rennen hörte man noch einmal von Bottas, als es eine kurze Gelb-Phase gab. Die internationale TV-Regie zeigte den Zwischenfall aber nie. Bottas hatte sein Auto aufgrund eines technischen Defekts am Streckenrand abgestellt. Das Team schweigt über die genaue Ausfallursache.

9. Wie holte Magnussen einen Punkt?

Nach einem starken Qualifying schien es für Kevin Magnussen im Rennen nur nach hinten zu gehen. Nach mehreren Zwischenfällen lag der Däne auf Rang 14. Haas nutzte die VSC-Phase am Ende und schnallte Magnussen verhältnismäßig frische Soft-Reifen auf. Mit dem Reifen-Vorteil, der Hilfe von Teamkollege Nico Hülkenberg und etwas Glück kämpfte sich Magnussen noch auf Rang 10 zurück.

10. Warum starteten nur 18 Autos aus dem Grid?

Beim Singapur GP 2023 standen nur 18 Autos in der Startaufstellung. Lässt die Formel 1 schon zwei Plätze für Andretti frei? Nein, Lance Stroll musste seinen Start nach dem schweren Unfall in der Qualifikation absagen. Bei Zhou Guanyu hatte sich Sauber nach dem schwachen Qualifying dazu entschieden, neue Motorkomponenten einzubauen. Das geschah ohne die Genehmigung der FIA, also wurden die Parc-ferme-Regeln gebrochen. Das zieht automatisch einen Start aus der Boxengasse nach sich.

11. Warum stoppte Mercedes ein zweites Mal?

George Russell war den gesamten Singapur GP über schneller der spätere Sieger Carlos Sainz. Unter normalen Umständen fand der Mercedes-Pilot aber keinen Weg am Ferrari vorbei. Also ging Mercedes All in, als es in Runde 44 eine kurze VSC-Phase gab. Durch die langsame Fahrt unter VSC verliert man bei einem Boxenstopp deutlich weniger Zeit. Mercedes nahm bei Russell dafür in Kauf, zwei Positionen auf der Strecke zu verlieren. Lewis Hamilton verlor nur eine Position dadurch.

Charles Leclerc konnte sich gegen das Mercedes-Duo nicht lange wehren. Auf das Führungs-Duo Sainz und Norris hatten Russell und Hamilton wenige Runden vor Rennende aufgeschlossen. Mit Hilfe des großen Reifen-Vorteils sollten nun die Überholmanöver gelingen. Fehlanzeige: Russell biss sich an Norris nicht nur die Zähne aus, sondern fuhr sich in der letzten Runde auch noch das Auto kaputt.