Ferrari präsentiert heute via Web-Launch aus Maranello (12 Uhr) seinen neuen Boliden für die Formel-1-Saison 2015, den SF15-T. Nach Force India, Williams, Lotus, McLaren und Sauber ist es die sechste Vorstellung für dieses Jahr. Mercedes und Red Bull werden mit Beginn der Testfahrten in Jerez (1. Februar - 4. Februar) nachziehen, Toro Rosso bereits morgen.

Das neue Auto

Sergio Marchionne machte der Scuderia und den Tifosi bereits Mitte Januar keine Illusionen. "Wir starten etwas spät in die Saison, weil mit dem Design des neuen Autos spät begonnen wurde", gestand der Ferrari-Präsident. Dennoch lebt die Hoffnung auf einen konkurrenz- fähigeren Boliden als 2014 - wenngleich nicht zu Saisonbeginn. "Wir müssen den Motor nicht mit dem ersten Rennen einfrieren, deshalb wird es eine sehr interessante Saison. Ich denke, das Auto wird während des Jahres besser werden", spekuliert Marchionne auf eine Aufholjagd.

Bekannt ist bereits, dass Ferrari auch beim SF15-T auf eine spezielle Frontkonstruktion mit Zugstreben setzt. Das Pullrod-System ermöglicht der Scuderia besondere Freiheiten bei Radaufhängung und Nase und einen tieferen Schwerpunkt. Allerdings birgt diese Lösung auch Nachteile. Es erschwert ein Feintuning des Fahrverhaltens und Setup-Anpassungen - vor allem Kimi Räikkönen schmeckte das schon 2014 wenig.

Auch sonst gab es viel zu tun. "Viel Downforce, viele Pferdestärken und gute Fahrbarkeit" brauche der neue Renner im Vergleich zu seinem Vorgänger, sagte Technikchef James Allison kurzlich - und versprach: "Wir haben an allen drei gearbeitet." Es gebe jedoch noch immer viele Möglichkeiten, Performance bei der Power Unit und auch bei der Aerodynamik zu finden. Nach der Staubsauger-Optik 2014 ebenfalls erfreulich, ist ein zweites Versprechen Allisons: "Das diesjährige Auto sieht definitiv deutlich besser aus als das letztjährige. Schöner an der Front, enger am Heck. Das macht ein schönes Auto."

Der Vorgänger

Das war der F14 T, Foto: Ferrari
Das war der F14 T, Foto: Ferrari

Mit dem F14 T verpatzte Ferrari 2014 den Start in die Ära der neuen 1,6-Liter-V6-Turbo-Motoren auf ganzer Linie. Vor allem der Power Unit fehlte es an allen Ecken und Enden an Leistung. Der Auspuff war nicht "state of the art", die einzelnen Antriebskomponenten nicht ideal angeordnet und der Turbolader röchelte vor sich hin. Damit nicht genug: Auch in Sachen Aerodynamik und mechanischer Grip war der F14 T kein Meisterwerk.

Die Fahrer

Fünf Weltmeistertitel, 59 Siege, 61 Pole Positions. Auf dem Papier der Statistik-Bücher stellt Ferrari 2015 die mit Abstand stärkste Fahrer-Paarung. Was auf den ersten Blick nach Erfolgsgarant aussieht, entpuppt sich in Anbetracht der vergangenen Saison jedoch eher als Risiko. Sowohl Sebastian Vettel als auch Kimi Räikkönen mussten sich ihren Teamkollegen klar geschlagen geben. Beide gelten nicht als Freunde des neuen Reglements und der Turbo-Ära. Zudem wurde Vettel nicht für den schnellen Erfolg, sondern um - nach Vorbild der Ära Schumacher - etwas langfristig Großes aufzubauen.

2014 war Räikkönen genervt vom F14 T, Foto: Sutton
2014 war Räikkönen genervt vom F14 T, Foto: Sutton

Geht es nach Ex-Technikchef Pat Fry steht und fällt im Fall des Icemans alles damit, ob der SF15-T seinem Fahrstil entspricht. "Um Bestleitungen von Kimi zu bekommen, muss man ihm das passende Auto geben. So war es schon bei McLaren. Er war empfindlich, was die Front des Autos anging", sagt Fry. Räikkönen selbst vertraut jedoch voll auf die Kompetenz seines Arbeitgebers: "Ich halte es für nahezu ausgeschlossen, dass ich noch einmal derartige Probleme wie 2014 haben werde. Das neue Auto ist deutlich anders, obwohl es auf den ersten Blick nicht so erscheinen mag."

Die Techniker

Entgegenkommen dürfte Räikkönen, dass der neue Bolide erstmals zu 100 Prozent unter der Gesamtleitung von Fry-Nachfolger James Allison entstand. Der neue Technikchef schneiderte Kimi schon bei Lotus ein Erfolgsauto zurecht. Noch dazu kursierten jüngst Gerüchte, wonach der Star-Designer aus der Schumacher-Ära, Rory Byrne Allison unterstützen soll. Auch sonst weht in der Technik-Abteilung von Ferrari frischer Wind. Die Scuderia tauschte während und nach dem Debakel der Vorsaison nahezu jeden Posten aus. Mehr als fraglich, ob der kurze Winter reichte um das neue Gespann perfekt einzufahren.

Die neue Technik-Abteilung, Foto: Sutton/Ferrari
Die neue Technik-Abteilung, Foto: Sutton/Ferrari

Simone Resta beerbte Nikolas Tombazis als Chefdesigner. An ihn berichten Loic Bigios und Dirk de Beer aus der Aerodynamik-Abteilung. Für die größte Baustelle, die Power Unit, zeichnen nun Mattina Binotto (Leiter) und Lorenzo Sassi (Design) verantwortlich. Zuvor hatte Ferrari Luca Marmorini gekündigt. Als leitender Renningenieur an der Strecke wechselt Jock Clear von Mercedes nach Maranello. Die Rennställe verhandeln noch über einen genauen Termin, zu dem Clear tatsächlich für Ferrari tätig werden darf. Bis dahin wird James Allison interimsmäßig einspringen.

Die Ziele

Nach der ersten sieglosen Ferrari-Saison seit 1993 im vergangenen Jahr und dem dürftigen vierten Platz in der Konstrukteurswertung kann das Ziel 2015 nur "Gewinnen" heißen. Teamchef Maurizio Arrivabene gibt zwei bis drei Saisonsiege als Marschrichtung vor. Die dürften frühestens in der zweiten Saisonhälfte gelingen, trifft die Einschätzung Marchionnes (siehe oben) zu. In den Titelkampf wird die Scuderia nicht eingreifen: "Wir müssen uns nicht vormachen, dass wir im nächsten Jahr gegen Mercedes ankommen werden", sagt Vettel. "Wir haben eine strahlende Zukunft vor uns, aber es wird seine Zeit brauchen", ergänzt Räikkönen.