Ferrari erlebte im Qualifying zum Großen Preis von China am Samstag eine Enttäuschung: Charles Leclerc und Carlos Sainz konnten sich lediglich die Startplätze sechs und sieben sichern. Auf Pole-Setter Max Verstappen fehlten Leclerc im schnelleren der beiden SF-24 0,629 Sekunden. So weit hinter dem Formel-1-Dominator hinkte die Scuderia in bisher keinem Qualifying der Formel-1-Saison 2024 hinterher. Und auch der Konkurrenz von Aston Martin in Person von Fernando Alonso sowie McLaren mussten sich Leclerc und Sainz geschlagen geben.

Und das, nachdem sich die Scuderia nach einem ebenso enttäuschenden nassen Sprint-Qualifying am Freitag eigentlich optimistisch für die Zeitenjagd im Trockenen gezeigt hatte. "Speziell auf meiner Seite der Garage sollte das Auto besser für das Rennen morgen abgestimmt sein und ich wusste, dass ich etwas im Qualifying liegen lassen würde", beschwichtigte Leclerc nach dem Ende der Qualifikation.

Leclerc: McLaren und Alonso böse Überraschung

Das Ausmaß der schwachen Performance über eine Runde überraschte den Monegassen aber dennoch: "Wir hatten jedoch nicht erwartet, dass McLaren und Fernando auch vor uns landen würden, es wurde also wohl etwas übertrieben. Das war ein bisschen eine böse Überraschung."

Mit seiner eigenen Qualifying-Performance zeigte sich Leclerc nach einem kniffligen Saisonstart hingegen zufrieden, obwohl der 26-Jährige mit dem SF-24 noch immer fremdelt: "Habe ich einen Schritt nach vorne gemacht? Auf jeden Fall, ja. Ist es genug? Auf jeden Fall nicht." Normalerweise könne er im Qualifying sofort ans Limit gehen, was 2024 noch nicht der Fall sei, so Leclerc weiter: "Ich muss auf der Outlap immer noch eine Menge arbeiten und über alles nachdenken, damit es auf der ersten schnellen Runde funktioniert. Es kommt also noch nicht natürlich. Es ist nicht so gut, wie ich gerne sein würde und nicht auf dem Level, auf dem ich gerne sein würde."

Ferrari-Fahrer Charles Leclerc im Interview nach dem Sprint-Rennen
Charles Leclerc ist mit seiner Qualifying-Performance im Jahr 2024 noch nicht zufrieden, Foto: LAT Images

Sainz kommt nach Crash glimpflich davon

Dennoch konnte der fünffache GP-Sieger zum ersten Mal seit dem Saisonauftakt in Bahrain Teamkollege Sainz hinter sich lassen. Die beiden Ferrari-Piloten trennten lediglich acht Tausendstelsekunden. Sainz selbst erlebte im Qualifying eine wahre Achterbahnfahrt der Gefühle. Auf seiner ersten schnellen Runde im zweiten Qualifying-Segment kam der Spanier in der letzten Kurve leicht in den Kies. Sainz drehte sich und schlitterte quer über die Strecke, um in die Mauer auf Start/Ziel einzuschlagen.

"Es war ein einfacher Fehler. Ich nahm den Kerb ein bisschen zu hart mit, habe den Kies am Kurvenausgang berührt und mich gedreht", erklärte Sainz. Dem 29-Jährigen gelang es jedoch, einen schwereren Einschlag zu verhindern. "Im letzten Moment, bevor ich die Mauer berührt habe, schaffte ich es, das Lenkrad ein bisschen zu drehen und in einem besseren Winkel einzuschlagen als die Richtung, in die ich unterwegs war. Das hat mir wahrscheinlich den Tag gerettet."

Es gelang Sainz, seinen Boliden an die Box zurückzubewegen und nach einem Frontflügelwechsel das restliche Qualifying zu bestreiten. Unter Mithilfe der für den Crash ausgerufenen roten Flagge gelang es Ferrari, das Auto rechtzeitig zu reparieren. Sainz zog in den finalen Minuten von Q2 in den letzten Qualifying-Abschnitt ein und befindet sich so für den Sonntag noch mitten im Geschehen. Sofern Aston Martin ihm keinen Strich durch die Rechnung macht. Das Team von Fernando Alonso legte Protest gegen das Qualifying-Ergebnis ein. Der Grund: Sainz hätte nach seinem Stopp auf der Strecke nicht wieder am Qualifying teilnehmen dürfen. Die Rennkommissare tagen.

Ferrari-Fahrer Carlos Sainz Jr. mit Crash in Q2
Carlos Sainz konnte trotz seines Unfalls bis ins Q3 vorstoßen, Foto: LAT Images

Sainz: Wäre nicht mehr drin gewesen

Zwar war Sainz nach dem Frontflügelwechsel und einigen Klebestreifen an seinem Auto nicht mehr vollends zufrieden, einen großen Unterschied am Ergebnis hätte dies ihm zufolge jedoch ohnehin nicht gemacht: "Die Autos vor uns waren über eine Runde so oder so schneller an diesem Wochenende. Diese langgezogen, mittelschnellen Kurven sind es, wo Ferrari immer zu straucheln tendiert. Hoffentlich sind wir morgen im Rennen besser dran."

Ein Hoffnungsschimmer bleibt Ferrari für den Grand Prix am Sonntag: Die Pace im Sprint stimmte zuversichtlich, gegenüber Aston Martin schien die Mannschaft aus Maranello im Renntrimm die Oberhand zu bewahren. Mit McLaren war Ferrari mindestens auf Augenhöhe. Und auch auf den Zweitplatzierten Lewis Hamilton machte Leclerc in den letzten drei Runden rund zwei Sekunden gut, nachdem er Alonso überholt hatte und die teaminternen Querelen mit Teamkollege Sainz aussortiert waren.

Ferrari im Rennen auf Verstappen-Niveau?

Zwar erwartet Leclerc bei der Konkurrenz nach den Erfahrungen des Sprints weniger Probleme, zeigte sich aber dennoch optimistisch: "Wir haben eine gute Renn-Pace und ein gutes Reifen-Management. Ich bin also zuversichtlich, dass wir morgen aufs Podium fahren können."

Red Bull-Pilot Max Verstappen vor Carlos Sainz Jr. im Ferrari
Kann Ferrari im Grand Prix mit Red Bull mithalten?, Foto: Getty Images / Red Bull Content Pool

Selbst ein Mithalten mit Formel-1-Dominator Max Verstappen hält Leclerc für möglich: "Im Rennen sind wir auf einem ähnlichen Planeten. Er ist immer noch sehr stark, ich weiß nicht, wie sehr er heute Vormittag gepusht hat, aber immer, wenn sie ein bisschen mehr mit der Vorderachse kämpfen, sind wir nicht allzu weit weg." Für einen Kampf mit dem Niederländer sieht Leclerc den Verkehr als Schlüssel an: "Es kommt darauf an, wie schnell wir morgen durchkommen. Aber es wird natürlich sehr schwer, ihn abzufangen, weil er ab der ersten Runde freie Fahrt haben wird."

Sainz ist hingegen weit weniger optimistisch und richtet seinen Fokus auf McLaren und Alonso: "Wenn man sich Suzuka anschaut: Ich musste zwei Stints verlängern, um Lando (Norris; d. Red.) zu überholen. Um drei Autos morgen zu holen, musst du wirklich ernsthafte Renn-Pace zeigen. Alle drei zu überholen wird schwierig werden, weil du allein um ein Auto zu überholen, den Reifen sehr beanspruchen musst."

Zumindest einer der Ferrari-Konkurrenten schwenkte schon nach dem Qualifying mehr oder weniger die weiße Fahne: Fernando Alonso geht von einen schwierigen China-GP aus. Was genau der Altmeister erwartet und was er zu seiner erneut starken Qualifying-Performance sagt, lest Ihr in diesem Artikel: