Renault steht im Kreuzfeuer der Kritik - und das seit einem halben Jahr. Allen voran Red Bull fordert seit Wochen Verbesserungen und hält sich dabei mit Kritik nicht zurück. Im Gegenteil: Das Weltmeisterteam aus Milton Keynes drohte sogar mit dem Bau eines eigenen Motors.

Jetzt ging alles Schlag auf Schlag. Tony Fernandes verkaufte seine Anteile an Caterham. Stattdessen stießen Colin Kolles und Christijan Albers zum Team. Plötzlich war aber Teamchef Cyril Abiteboul überflüssig. Eine Situation, die der Franzose clever nutzte, um zu seinem alten Arbeitgeber nach Viry-Châtillon zurückzukehren. Diesmal allerdings als Geschäftsführer.

Alte Bekannte: Abiteboul und Horner

Abiteboul und Horner haben einige Probleme zu lösen, Foto: Sutton
Abiteboul und Horner haben einige Probleme zu lösen, Foto: Sutton

Bei den Grünen wurde Abiteboul im vergangenen Jahr zum jüngsten Teamchef der Formel 1. Damit trat er in die Fußstapfen eines gewissen Christian Horner, der zuvor diesen 'Titel' innehatte. "Als ich ihn das erste Mal getroffen habe, war er gerade zum Teamchef ernannt worden", erinnert sich Abiteboul im Interview mit Motorsport-Magazin.com an seine erste Begegnung mit dem Red-Bull-Teamboss.

Damals arbeitete Abiteboul ebenfalls für Renault, bei denen er zwischen 2001 und 2012 in verschiedenen Positionen tätig war. Nach seiner Rückkehr nach Viry-Châtillon wird Horner erneut ein wichtiger Verbündeter für Abiteboul: Als Renaults anspruchsvolles Vorzeige-Kundenteam müssen sie gemeinsam den Stolperstart in die neue Power-Unit-Generation wettmachen.

Vom Charakter her könnten Abiteboul und Horner kaum unterschiedlicher sein. Auf der einen Seite der eher südländische, emotionale Typ. Auf der anderen Horner, dessen Emotionen sich vor allem im Wippen seiner Füße während des Rennens ausdrücken. "Es mag jetzt nicht politisch korrekt sein, aber er ist Brite und ich bin Franzose - allein das bedeutet einen kulturellen Unterschied", erklärt Abiteboul.

Der Franzose bezeichnet sich selbst als Kontrollfreak. Er möchte überall involviert sein. "Ich weiß, das ist nicht gut", gibt er zu. "Aber ich bessere mich und lerne, den Leuten mehr Freiheiten zu geben. Ich wurde erzogen, die Dinge selbst anzupacken. Jetzt bin ich in einer Position, in der ich die richtigen Leute dazu bringen muss, die Dinge richtig zu erledigen. Das ist nicht leicht für mich."

Caterham-Erfahrung als Hilfe

Renault und der Bulle müssen sich wieder lieben lernen, Foto: Sutton
Renault und der Bulle müssen sich wieder lieben lernen, Foto: Sutton

Bei Renault muss Abiteboul angesichts der Lage definitiv wieder mit anpacken. Dass er sich nicht mit Mittelmaß zufrieden gibt, zeigte er bei Caterham. Dem üblichen Klischee eines Formel-1-Teamchefs entsprach er ohnehin nie. "Ich bin nicht hier, um mich selbst zu verkaufen", betont er gegenüber Motorsport-Magazin.com. "So lange die Ergebnisse nicht stimmen, gibt es keinen Grund, auf mich stolz zu sein." Demnach dürfte er seine Zeit bei der Fernandes-Truppe nicht als erfolgreich ansehen.

Die Entscheidung, Renault Ende 2012 in Richtung Caterham zu verlassen, bereute er damals nicht. "Es war eine schwierige Entscheidung, ganz klar, aber ich bedauere es nicht", teilte er uns im vergangenen Jahr mit. Schon damals erkannte er die Vorteile, die ihm die Erfahrung als Teamboss für die Zukunft bringen könnten.

"Ich denke, dass meine Erfahrungen bei Caterham einmal sehr nützlich für mich sein könnten. Damit sage ich nicht, dass ich zu Renault zurückkehren werde, aber ich erlange bei Caterham wertvolle Einsichten für große Unternehmen." Knapp ein Jahr später ist er zurück an alter Wirkungsstätte. Jetzt muss er beweisen, wie wertvoll seine gesammelten Erfahrungen tatsächlich sind.