Die Formel-1-Weltmeisterschaft könnte so langweilig sein. Mercedes dominiert die Konkurrenz nach belieben, Red Bull hat seinerseits einen nicht gerade kleinen Vorsprung auf Ferrari und die Scuderia hat wiederum einen kleinen Vorsprung vor dem Rest. Eine klare Rollenverteilung also. Doch intern brodelt es bei allen Teams. Wieso hatte Alonso in Spanien die bessere Strategie bei Ferrari? Wieso geht bei Red Bull nur Sebastian Vettels Auto kaputt?

Normalerweise würden diese Themen die Schlagzeilen dominieren. Doch der teaminterne Kampf bei Mercedes stellt derzeit alles in den Schatten. "Ich glaube, das gibt es in jedem Sport, aber in der Formel 1 ganz speziell", sagt McLaren Teamchef Eric Boullier über den teaminternen Kampf.

Doch spätestens seit dem umstrittenen Parkmanöver von Nico Rosberg im Qualifying zum Monaco GP kochen die Gemüter bei Mercedes hoch. "Ich bin nicht von der Tatsache überrascht, dass es zwischen Hamilton und Rosberg kracht, aber ich bin etwas überrascht, dass es so früh passiert ist", schreibt David Coulthard in seiner BBC-Kolumne.

Auch Boullier scheint vom Zeitpunkt überrascht: "Es ist noch sehr früh in der Saison, ich weiß nicht, was sie gemacht haben. Aber es wird sehr hart für sie, so die gesamte restliche Saison zu bestreiten."

Dass es bereits zu diesem frühen Zeitpunkt in der Saison zu Spannungen kommt, kann nur eins bedeuten, wie Gerhard Berger meint: "In den nächsten Rennen werden wir eine Explosion erleben." Der Österreicher konnte das teaminterne Duell aus nächster Nähe betrachten. Niki Lauda lud nämlich beide Piloten auf das Schiff von Berger zum Abendessen ein.

"Die Nadelstiche kommen unentwegt", verrät Berger. Während viele eine Explosion bei Mercedes fürchten, sieht Coulthard auch die positiven Aspekte: "Man hat lieber diese Probleme, als jene, das Auto schneller machen zu müssen. In diesem Sinne ist es ein gutes Problem."

Wolff und Lauda haben ihre Piloten einigermaßen im Griff, Foto: Sutton
Wolff und Lauda haben ihre Piloten einigermaßen im Griff, Foto: Sutton

Das Krisenmanagement von Toto Wolff, Paddy Lowe und Niki Lauda funktioniert bislang ganz gut. Mercedes geht mit dem Thema offen um und will die Piloten so lange gegeneinander fahren lassen, bis es zur Explosion kommt. "Die Wahrheit ist, dass ein Prost/Senna-Szenario für die Aufmerksamkeit von Mercedes und ihre Partner viel besser ist, als die Saison einfach nur langweilig zu dominieren und sie langweilig zu machen", meint Coulthard.

"Es kann nur schlecht sein", so der Schotte weiter, "wenn sie die Weltmeisterschaft verlieren. Aber das passiert nicht, einer von ihnen wird Weltmeister. Das wissen wir jetzt schon." Für den Schotten ist dieses Duell aber etwas ganz Besondres: "Wir sollten es einfach genießen. Das ist großartig für die Formel 1. Diese Kämpfe gibt es nur alle paar Jahrzehnte."

Hamilton wie ein Kind gelockt

Schon in Barcelona drohte das Duell Hamilton gegen Rosberg zu explodieren. Lewis Hamilton soll, obwohl es ihm vom Team verboten war, in einen Modus geschalten haben, der mehr Leistung freigibt - nur um Rosberg hinter sich zu halten. Für Coulthard nicht weiter tragisch, weil Rosberg angeblich schon in Bahrain in diesen Modus schaltete.

"Also neutralisiert es sich im Endeffekt. Und außerdem: Etwas zu haben, dass die Performance des Autos verbessert und den Fahrer darum zu bitten, es nicht herzunehmen, ist wie ein Kind nicht am Eis schlecken zu lassen. Man kann sie darum bitten, man kann sie danach bestrafen aber man weiß, dass es passieren wird und man sollte eigentlich enttäuscht sein, wenn es nicht passiert. Denn dann zeigen sie nicht die Instinkte, die Kinder zeigen sollten." Übertragen sei es bei Racern nicht anders.

Wer ist der Schnellere?

Doch wie sieht es auf der Strecke aus? Wer wird am Ende den Titel gewinnen? "Lewis muss seine Hausaufgaben besser machen", mahnt Gerhard Berger. "Er ist momentan der schnellste Mann in der Formel 1, aber sein Paket ist noch nicht perfekt. Er konzentriert sich zu viel auf Nebensächlichkeiten. Er muss vor dem Rennen besser mit seinen Renningenieuren sprechen. Dann wissen die auch, welche Strategiewechsel möglich sind und hätten ihn früher an die Box kommen lassen können."

"Hamilton hat den Speed, Rosberg hat das bessere Paket", resümiert der Österreicher. So sieht es auch Felipe Massa: "Er [Hamilton] ist jemand, bei dem es auf der psychologischen Seite perfekt laufen muss, sonst ist die Chance groß, dass er Fehler macht." Das sei auch der Grund dafür gewesen, wieso er die Weltmeisterschaft 2007 noch verloren hat.

Aus diesem Grund hält er das Parkmanöver - ob Absicht oder nicht - für einen geschickten Schachzug, auch wenn es für ihn nicht in Frage kommen würde. "Sicherlich ist es etwas, dass Hamilton auf psychologischer Ebene verletzten kann und am Ende gut für Rosberg ist."

Jenson Button, von 2010 bis 2012 Teamkollege von Lewis Hamilton, sieht das ein bisschen anders. "Beim nächsten Rennen würde er mich zerstören. Er würde ruhig ankommen beim nächsten Rennen und dann beginnen, mich zu zerkleinern. Das wird er auch in Kanada machen. Die Psychospielchen, welche die Leute mit ihm spielen, werden nicht funktionieren."