Rennen in Monaco sind immer etwas anders. Die Strategie im Fürstentum wird fast immer von Safety-Car-Phasen bestimmt. Fast traditionell ist das Rennen ein Ein-Stopp-Rennen. Das bedeutet aber nicht, dass es für Strategie-Füchse uninteressant wäre. Motorsport-Magazin.com analysiert die Schlüsselszene des Monaco GPs.

Wie im Vorjahr

Das Duell der beiden Mercedes-Piloten spitzte sich schon in der Qualifikation zu. Im Rennen folgte der große Knall dann nicht, Lewis Hamilton blieb mehr oder weniger brav hinter Nico Rosberg. Im ersten Stint folgte Hamilton seinem Teamkollegen direkt. Der Abstand schwankte zwischen 0,5 und 2 Sekunden. In Runde 27 kam das Safety-Car, die gesamte Spitze stoppte zum ersten Mal.

Doch warum musste Lewis Hamilton beim Boxenstopp nicht hinter Nico Rosberg anstehen? Bei der letzten Zieldurchfahrt betrug ihr Abstand lediglich 0,836 Sekunden. Ein guter Boxenstopp ist in etwa 2,5 Sekunden erledigt, dann muss der Pilot losfahren, die neuen Reifen müssen hergerichtet werden, dann erst kann der zweite Fahrer abgefertigt werden.

Sektor 1Sektor 2Sektor 3Rundenzeit
Hamilton Inlap21,65849,65248,3631:59.673
Rosberg Inlap21,27549,11240,5331:50.920
Hamilton Outlap27,2452,00340,5331:51.989
Rosberg Outlap30,2956,74231,9361:58.968

Rund 12 Sekunden hinter Hamilton lauerte Daniel Ricciardo. Hätte Hamilton hinter Rosberg warten müssen und es wäre etwas schief gegangen, hätte Ricciardo Hamilton vielleicht passieren können. Also fuhr der Brite im letzten Sektor vor dem Boxenstopp extrem langsam und vergrößerte den Rückstand auf Rosberg auf gut sechs Sekunden.

Hier ging man auf Nummer sicher, denn Ricciardo war noch immer einige Sekunden hinter Hamilton zurück. Wäre er allerdings auf Hamilton aufgelaufen, hätte er ihn während der Safety-Car-Phase nicht überholen dürfen, und beide wären direkt hintereinander zum Stopp gekommen. Ein inzwischen bekanntes Mittel in der Formel 1, um bei Doppel-Boxenstopps während der Safety-Car-Phase keinen Platz an die Konkurrenz zu verlieren.

Im vergangenen Jahr klappte das übrigens nicht so gut bei Mercedes: Wie in diesem Jahr führte Nico Rosberg vor Lewis Hamilton. In Runde 28 musste dann Bernd Mayländer mit dem Safety-Car ausrücken. Während Webber schon in Runde 25 zum Stopp kam und Vettel Runde 30 zum Reifenwechsel nutzte, blieben die Mercedes-Piloten eine Runde länger draußen. Um einen Stau zu vermeiden, machte Hamilton damals ebenfalls langsamer - allerdings waren Vettel und Webber gar nicht mehr hinter ihm. Der Zeitverlust brachte den Briten am Ende um das Podium.

Hätte Hamilton früher kommen müssen?

Nach der an der Spitze unspektakulären Boxenstopp-Orgie beschwerte sich Hamilton bei seinem Team: "Wieso sind wir nicht schon eine Runde früher zum Stopp gekommen?", wollte er von seinem Renningenieur wissen. Peter Bonnington versuchte zu beruhigen: "Ihr könnt nun bis zum Ende des Rennens racen. Es geht um Reifenverschleiß und um das Wetter."

Adrian Sutil flog in seiner 24. Runde ab, Foto: Sutton
Adrian Sutil flog in seiner 24. Runde ab, Foto: Sutton

Keine klare Antwort auf Hamiltons Frage. Doch wieso fragte Hamilton, das Safety-Car konnte doch niemand vorhersehen - oder doch? Adrian Sutil flog bereits ab, als das Führungs-Duo in Runde 25 war, 34:37 Minuten nach Rennstart. Das Safety-Car wurde aber erst 1:19 Minuten, also ziemlich genau eine Runde später auf die Strecke beordert.

Rosberg und Hamilton befanden sich zum Zeitpunkt des Unfalls auf der Zufahrt Richtung Tunnel. Von dort dauert es noch etwa eine dreiviertel Minute bis zur Boxengasse. Genug Zeit also, um einen Boxenstopp vorzubereiten.

Doch der Unfall passierte schon in Runde 25, die Renndistanz in Monaco geht über 78 Runden. Wäre das Safety-Car nicht gekommen, wäre das Rennen aus Reifensicht wohl nicht besonders gut aufgeteilt gewesen. Auch wenn die Reifen vermutlich gehalten hätten: Romain Grosjean fuhr mehr als 50 Runden auf den Supersofts und hatte am Ende noch mehr als 20 Prozent Gummi.

Doch riskant wäre der Schachzug trotzdem gewesen, hätte sich Hamilton vielleicht am Ende mit stumpfen Waffen gegen Daniel Ricciardo verteidigen müssen. Hätte ihn aber ein früherer Boxenstopp an Rosberg vorbeigeführt? Wohl eher nicht. Denn Rosberg und Hamilton fuhren die Runde vor dem Stopp noch nicht hinter dem Safety-Car, Bernd Mayländer fing das Führungs-Duo erst nach den Stopps ein.

Das Safety-Car brachte wenig durcheinander, Foto: Sutton
Das Safety-Car brachte wenig durcheinander, Foto: Sutton

Doch sobald die Information 'Safety-Car' rausgeht, bekommen die Piloten Sektorzeiten vorgegeben, die sie nicht unterschreiten dürfen. Somit werden die Abstände bis zum Auflaufen auf das Safety-Car quasi eingefroren.

Allerdings hätte Hamilton zumindest die theoretische Chance gehabt, an Rosberg vorbeizugehen. Denn bei einem Abstand von lediglich 0,8 Sekunden müssen sich die Piloten schon sehr genau an die Zeitvorgaben halten und beide Boxenstopps müssten nahezu identisch ablaufen, damit Abstand und Reihenfolge auch nach den Stopps identisch wären.

Wäre aber Lewis Hamilton durch einen vorgezohenen Stopp an Rosberg vorbeigegangen, wäre es teamintern noch etwas heikler geworden: Denn der Besserplatzierte hat Vorrecht auf den ersten Stopp. Ferrari drehte in Spanien die Reihenfolge um und sorgte so für einige Diskussionen.

Fazit: Hamiltons Frage war durchaus berechtigt. Weil es nur einen Stopp gab und Überholen auf der Strecke so gut wie unmöglich ist, wusste er, dass er nur hier eine Chance gehabt hätte. Mit Garantie wäre er aber nicht an Rosberg vorbeigekommen, es wäre eng geworden zwischen den beiden. Auf der anderen Seite bestand das Risiko, dass das Safety-Car nicht kommt. Dann wäre Hamilton taktisch im Nachteil - und auch im Verkehr gewesen.