Ein dramatischer Sonntag in der Türkei bringt in der WM-Wertung der WRC von 2020 zwei Rallyes vor Ende noch einmal eine große Wende. Toyota-Pilot Elfyn Evans übersteht einen brutalen Vormittag und holt sich seinen zweiten Sieg des Jahres.

Für seine WM-Gegner wird die Rallye nämlich zum Desaster. Sebastien Ogier musste eine Wertungsprüfung vor Schluss aufgeben und verliert damit die WM-Führung an Evans. Titelverteidiger Ott Tänak flog noch früher raus. Hyundai-Pilot Thierry Neuville verliert nach Reifenschaden eine sichere Führung und wird nur Zweiter. Veteran Sebastien Loeb schnappt sich das letzte Podium.

WRC Türkei: Samstags-Desaster für Ott Tänak

Nach einem Fünfkampf beim Rallye-Auftakt am Freitagnachmittag sortierte sich das WRC-Feld auf der dritten Wertungsprüfung Yesilbelde 1 am Samstagmorgen schnell. Die brutale 31,79-KM-Prüfung forderte mit Hyundai-Pilot Ott Tänak außerdem gleich ein prominentes Opfer.

Tänak verabschiedete sich geradeaus in die Büsche, einen Reparatur-Versuch gaben er und Co-Pilot Martin Järveoja schnell auf. Ein nicht näher definierter Lenkungs-Defekt war die Ursache für den Ausritt. "Es gab keine Warnung, es war ziemlich plötzlich, und wir konnten nichts machen", klagt Tänak. Seine Hoffnungen auf einen zweiten Sieg in Folge waren dahin.

In Yesilbelde kristallisierte sich ein Führungs-Duell heraus: Sebastien Ogier übernahm mit Bestzeit die Führung, doch Thierry Neuville blieb - trotz Setup-Unzufriedenheiten - hier und auch auf der folgenden Prüfung immer in Schlagdistanz. Dahinter lieferten sich Elfyn Evans, Sebastien Loeb und Kalle Rovanperä einen Dreikampf um P3. Ford blieb chancenlos - Teemu Suninen, Esapekka Lappi und Gus Greensmith lagen auf sechs, sieben und acht.

WRC Türkei: Schalt-Probleme werfen Ogier zurück

In der Nachmittagssonne wurde Yesilbelde zum zweiten Mal befahren, und forderte wieder Opfer. Nicht Thierry Neuville, der beendete die Prüfung und auch den Samstag nach drei Bestzeiten auf dem ersten Platz und ohne Probleme.

Es erwischte zuerst Sebastien Ogier: Ein mutmaßlicher Elektronik-Defekt verursachte Schalt-Probleme, die sich in den drei letzten Prüfungen jeweils nach den ersten Kilometern manifestierten. Hinzu kam ein Reifenschaden in Yesilbelde. In Summe verlor Ogier 33,2 Sekunden auf Neuville, und lag nun zeitgleich mit dem Hyundai von Sebastien Loeb auf dem zweiten Rang.

Sebastien Ogier verlor nach Problemen am Samstag den Anschluss, Foto: LAT Images
Sebastien Ogier verlor nach Problemen am Samstag den Anschluss, Foto: LAT Images

Toyotas Nachmittag wurde nur schlimmer, auf den harten türkischen Prüfungen litt der Yaris unter überraschend hohem Reifenverschleiß. Elfyn Evans hatte zu kämpfen, musste in der letzten Prüfung viel Tempo rausnehmen und beendete den Tag mit einer Minute Rückstand auf P4. Kalle Rovanperä zerstörte einen Vorderreifen, und reihte sich mit 1:18,8 Minuten Rückstand auf P5 ein.

WRC Türkei: Reifen-Drama mit Ogier, Neuville, Loeb

Die härteste Herausforderung stand aber am Sonntag erst an, mit zwei Durchfahrten der 38,15 KM langen Cetibeli-Prüfung. In der Morgensonne wurde dort zusätzlich die Sicht durch hängendem Staub trotz vier-Minuten-Startintervallen zum Problem. Teemu Suninen war das erste Opfer, er verabschiedete sich mit Aufhängungs-Schaden hinten links ganz aus der Rallye.

Ogiers Schalt-Probleme waren gelöst, die Reifensorgen nicht: Im Staub zerstörte er sich mitten in Cetibeli gleich einen Reifen und verlor durch den Wechsel eineinhalb Minuten. Auch Toyota-Kollege Rovanperä musste anhalten und wechseln. Am 25-KM-Punkt erwischte es den Führenden Neuville. Loeb folgte nur Minuten später. Nur Elfyn Evans kam ungeschoren durch. Damit lag plötzlich Evans auf P1, 46,9 Sekunden vor Ogier, 47,7 vor Neuville und 52,4 vor Loeb.

WRC Türkei: Ogier out, Letzte Neuville-Attacke reicht nicht für Sieg

Bei der zweiten Cetibeli-Durchfahrt zu Mittag endete Ogiers Rallye dann endgültig. Starke Rauchentwicklung aus dem Motorraum zwang ihn, den Yaris in der Prüfung abzustellen. Er bleibt ohne Punkte und verliert die WM-Führung.

Neuville versuchte unterdessen auf den letzten drei Wertungsprüfungen eine letzte Attacke. Mit zwei Bestzeiten verkürzte er den Rückstand auf Evans vor der finalen Power Stage auf 36,9 Sekunden. Auch die Power Stage ging an Neuville - doch die Lücke zu Evans war zu groß. Neuville, Tänak, Rovanperä, Evans und Loeb holten sich die Power-Stage-Bonuspunkte.

Elfyn Evans feiert seinen Sieg in der Türkei, Foto: LAT Images
Elfyn Evans feiert seinen Sieg in der Türkei, Foto: LAT Images

Elfyn Evans feiert damit in der Türkei seinen zweiten Sieg von 2020, 35,2 Sekunden vor Neuville und 59,4 Sekunden vor Sebastien Loeb, der es in den letzten Prüfungen vorsichtig anging. Kalle Rovanperä und Gus Greensmith komplettieren die Top-fünf, Esapekka Lappi beendet eine problem-gefüllte Rallye auf dem sechsten Rang.

In der WM schießt Evans nun vor auf den ersten Platz, mit 97 Punkten hat er zwei Runden vor Schluss ein gutes Polster auf Sebastien Ogier (79) und Ott Tänak (70). Kalle Rovanperä (70) und ein nach dem verlorengegangenen Sieg enttäuschter Thierry Neuville (65) folgen.