Der junge Rallye-Crack trägt einen großen Namen. Wittmann, in Österreichs Rallye-Szene ein Inbegriff für Ehrgeiz und Erfolg. Der zwölffache Staatsmeister Franz Wittmann Senior ist schlicht und einfach der erfolgreichste Rallyefahrer der Alpenrepublik.

Franz Wittmann Jr. hat vor rund zwei Jahren den Einstieg in den Rallye-Sport gewagt. Die Lust am Fahren hat er vom Vater - und auch das Talent scheint sich in seinen Genen zu befinden. Bei seinem Debüt, bei der Waldviertel-Rallye 2003, wurde er prompt "Rookie Of The Rallye". Im Rahmen der Planai-Classic hat motorsport-magazin.com mit dem Jungpiloten über den Rallye-Sport gesprochen – der Formel 1-Redakteur trifft auf den Rallye-Youngstar…

Franz, du bist 23, hast 2003 dein Rallye-Debüt gegeben. Auf deiner Homepage nennst du als Vorbilder neben Manfred Stohl und Walter Röhrl auch deinen Vater Franz Wittmann. Wie kam es dazu, dass du mit 21 aktiv in den Rallye-Sport eingestiegen bist?

Franz Wittmann Jr.: Das war ein Wunsch, der sich eigentlich schon gezeigt hat, als ich das erste Mal in einem Auto gesessen bin. Ungefähr mit zehn Jahren habe ich mich das erste Mal hinter das Steuer geklemmt – und von da weg hat es mich immer mehr gereizt. Und irgendwann einmal hat sich eine Möglichkeit aufgetan, durch den Manfred Stohl, dass man Rallye fährt – und ich habe die Gelegenheit beim Schopf gepackt und hab´s versucht. Und das hat dann ganz gut geklappt eigentlich, ich war recht zufrieden.

Dein Vater ist der erfolgreichste Rallye-Pilot Österreichs – glaubst du, dass Talent vererbbar ist?

Franz Wittmann Jr.: Ich bin mir nicht sicher, ob Talent vererbbar ist - aber ich glaube, dass die Begeisterung für diesen Sport vererbbar ist. Und dadurch beschäftigt man sich auch intensiv mit der Materie.

Erhältst du Tipps von deinem Vater?

Franz Wittmann Jr. (lacht): Ich krieg schon Tipps von ihm, aber ob ich immer alle annehme, ist wieder eine andere Frage. Im Ernst: Mein Vater hilft mir schon sehr, vor allem bei Entscheidungen wie der Reifenwahl, da sind seine Tipps extrem wichtig für mich.

Dein Debüt war ja recht beeindruckend. Bei der Waldviertel-Rallye 2003, einem Europameisterschaftslauf, wurdest du 13. und hast zudem den Titel "Rookie Of The Rallye" errungen. Wie schauen deine weiteren Ziele aus? Sind WM-Einsätze geplant?

Franz Wittmann Jr.: Derzeit ist mein großes Problem das liebe Geld. Ich muss schauen, dass ich für die kommende Saison Sponsoren auftreibe. Aber mein Ziel ist definitiv, dass ich früher oder später Weltmeisterschaftsläufe fahren kann. Bis dorthin ist es noch ein weiter Weg - aber ich schau halt, dass es irgendwie funktioniert.

Du bist ja auch schon einen WM-Lauf mitgefahren…

Franz Wittmann Jr.: Ja, ich bin im letzten Jahr in Schweden schon bei einem WM-Lauf gefahren, hab´ dort also ein bisschen WM-Luft geschnuppert. Das war sehr interessant…

Auf der achten Sonderprüfung bist du die bemerkenswerte 15.schnellste Zeit gefahren, doch dann, nach einem Problem mit der Gegensprechanlage, hast du einen Stein gerammt, das Auto auf drei Rädern ins Ziel gebracht, doch dann brach auf einer Verbindungsetappe das Rad endgültig weg. Was würdest du sagen: Der Unterschied zwischen einem WM-Lauf und den nationalen Veranstaltungen – aus deiner Perspektive?

Franz Wittmann Jr.: Das ist fast nicht zu vergleichen. Die Stimmung bei einem WM-Lauf ist eine völlig andere. Und das Umfeld ist einfach nur gewaltig. Und die sind dort halt auch sehr schnell gefahren…

Würdest du sagen, dass im Rallye-Sport die Reifen oder das ganze Auto in jenem Maße wichtig sind wie in der Formel 1? Oder hat der Rallye-Pilot schon noch einen höheren Stellenwert?

Franz Wittmann Jr.: In der Formel 1 ist wahrscheinlich das Auto wichtiger als im Rallye-Sport. Aber auch bei uns nimmt das Auto einen hohen Stellenwert ein - ich würde sagen, dass es zu 40 Prozent auf das Auto ankommt, den Rest macht der Fahrer aus. Aber auch die Reifen und der Beifahrer sind sehr wichtige Faktoren im Rallye-Sport.

Die Abstimmung ist zumindest in der Formel 1 das Um und Auf – und die Systeme werden immer komplizierter. Ist das auch bei den World Rallye Cars der Fall? Die Abstimmung der Differentiale beispielsweise stell ich mir recht knifflig vor…

Franz Wittmann Jr.: Ich fahre ja mit einem Gruppe N-Fahrzeug. Die Abstimmungsarbeiten, die ich vornehme, sind meistens nur Dämpfer- und Sturzeinstellungen und ähnliche Dinge. In der Gruppe N hat man relativ wenig Spielraum für solch grobe Einstellungen, vor allem beim Mitsubishi – beim Subaru kann man dann doch mehr Einstellungen vornehmen.

Beschreib uns mal dein Gruppe N-Auto. Das ist ja auch Allrad angetrieben?

Franz Wittmann Jr.: Ja, ich habe in der Gruppe N einen Allradantrieb. 280 PS und ungefähr 500 Newtonmeter.

Ist mit dem Allradantrieb das Driften überhaupt noch möglich?

Franz Wittmann Jr.: Driften ist prinzipiell immer möglich, mit einem Auto. Es kommt nur darauf an, ob es einen Sinn macht. Auf dem Asphalt ist Driften eher tabu, weil es einfach Zeit kostet. Aber bei einer Schnee-Rallye, wie beispielsweise der Jänner-Rallye, oder bei einem Schotterlauf wie zum Beispiel der Triestingtal-Rallye, ist Querfahren dennoch üblich, weil du dabei doch ein bisschen schneller um die Kurven kommst - oder zumindest sicherer…

Sicherer?

Franz Wittmann Jr.: Das Querfahren ist ein Sicherheitsfaktor am losen Untergrund.

Das musst du uns jetzt genauer erklären…

Franz Wittmann Jr.: Naja, also für mich zumindest ergibt sich der Eindruck: Beim Querfahren kannst du zumindest in der Kurve noch die Geschwindigkeit erhöhen oder ändern…

Mit dem Gaspedal…

Franz Wittmann Jr.: Ja, man kann mit dem Gaspedal steuern. Wenn du auf Linie in eine Kurve hineinfährst, hast du immer die Gefahr, dass du aus der Kurve raus rutscht. Beim Driften ist das nicht so, da hast du doch mehr Seitenhalt - du kannst dich mit einem gezielten Tritt aufs Gaspedal herausretten. Man muss aber dazusagen: Rallyefahren ist keine exakte Wissenschaft wie die Formel 1 oder die Rundstrecke, wo es exakte Einlenkpunkte oder Bremspunkte gibt – Rallyefahren ist schon eher Gefühlssache, vor allem am losen Untergrund kann man sich mit dem Driften helfen.

Das heißt – es gibt auch keine Ideallinie, sondern es fährt jeder seine eigene Linie?

Franz Wittmann Jr.: Es gibt schon eine schnelle Linie, die fast alle fahren. Aber da man beim Rallyefahren die Strecken kaum kennt, da die Strecken ja doch bis zu 400 Kilometer lang und unterschiedlich sind, muss jeder spontan seine eigene Linie finden.

Betreibt ihr auch Datenauswertungen?

Franz Wittmann Jr.: Nein. Wir fahren vorher bis zu dreimal über die Strecke, um gemeinsam mit dem Kopiloten den Schrieb anzufertigen. Das sind unsere Datenblätter. Sicher werden in den modernen Autos auch die gesamten Pedal- und Lenkradstellungen aufgezeichnet, auch die Querbeschleunigungen, und das wird dann ausgewertet. Aber das betrifft eher die oberen Klassen, die WRC-Autos und die sehr modernen Gruppe N-Fahrzeuge.

Du bist auch schon mit einem Rundstreckenboliden gefahren. Viele Rennfahrer beginnen ihre Karriere im Kart. Bist du als Kind auch schon im Kart unterwegs gewesen?

Franz Wittmann Jr.: Nein, Kart bin ich eigentlich nie gefahren. Aber ich habe letztes Jahr über den Michael Barbach die Chance erhalten, zweimal auf einer Rundstrecke zu fahren und dabei ein wenig Rundstreckenluft zu schnuppern. Da bin ich mit einem Porsche gefahren. Das war sehr interessant, das auch einmal kennen zu lernen. Das könnte ich mir schon auch vorstellen, das öfter zu tun. Der Rundstreckensport hat für mich schon auch seinen Reiz.

Der große Unterschied ist ja, dass man beim Rundstreckensport gegeneinander fährt, dass gekämpft und überholt wird…

Franz Wittmann Jr.: Das hat mich am Anfang schon ein wenig irritiert…

Als Formel 1-oder Rundstrecken-Fan hofft man ja auf möglichst viele packende Überholmanöver. Im Rallye-Sport ist der große Reiz ja die Strecke an sich, die verschiedenen Streckenbelege – von Schotter bis Eis…

Franz Wittmann Jr.: Überholmanöver sind im Rallye-Sport aufgrund der Streckenbeschaffenheit sicher nicht möglich. Die Formel 1 mag interessant sein aufgrund von Überholmanövern. Beim Rallyefahren geht´s um den Kampf um die letzten Sekunden - ich persönlich finde es sehr interessant, wenn der einzige Gegner die Stoppuhr ist. Und die Straße natürlich. Und das eigene Talent.

Du hast vorhin erwähnt, dass die Sponsorensuche sich auch für dich recht schwierig gestaltet. Nun hast du aber einen Namen, der in diesem Sport, zumindest in deiner Heimat Österreich, quasi den Inbegriff von Erfolg darstellt. Dein Vater wurde zwölfmal Staatsmeister, konnte einen WM-Lauf gewinnen. Hilft dir da der große Name überhaupt nicht weiter?

Franz Wittmann Jr.: Der Name war sicher am Anfang meiner Karriere eine große Hilfe. Dadurch waren mehr Presseberichte und ähnliches möglich. Die Rallye-Szene war für mich kein unbekanntes Land. Aber richtig geholfen, in dem Sinn, dass ich dadurch mehr Sponsoren finden konnte, hat es nicht wirklich.

Motorsport ist teuer, sicher auch der Rallye-Sport. Wie schätzt du die Lage ein – wie sieht es aus für einen Youngstar, der in den Sport einsteigen möchte. Oder wenn du mit deinem Vater redest – wie schaut es aus mit den Einstiegsmöglichkeiten, im Vergleich zu jener Zeit, in der dein Vater mit dem Ralllye-Sport angefangen hat?

Franz Wittmann Jr.: Ich weiß natürlich nicht genau, wie es früher war. Nur – so weit ich weiß, ist auch unser Sport teurer geworden. Um den Preis, um den du früher ein wirkliches Top-Auto bekommen hast, bekommst du heute vielleicht ein Gruppe N-Fahrzeug oder noch schwächere Autos in niedrigeren Klassen. Das Einsteigen in diesen Sport ist extrem schwierig. Es ist wie in jedem anderen Motorsport. Der Motorsport kostet einfach Geld – und das muss man leider erst einmal haben.

Das glücklicherweise immer noch geplante Red Bull-Projekt in Spielberg ist europaweit einzigartig. Durch die Motorsport-Akademie soll der Sport auch weniger betuchten Talenten zugänglich gemacht werden. Das betrifft jedoch eher den Formel- oder Rundstreckensport. Gibt es im Rallye-Sport auch derartige Nachwuchseinrichtungen oder zumindest Pläne in diese Richtung?

Franz Wittmann Jr.: Im Rallye-Sport stellt so ein Projekt noch eine Art Marktlücke dar, obwohl sich langsam aber sicher doch einige Leute mit dieser Frage beschäftigen, die Jungen zu fördern. Red Bull hat mit den Red Bull-Junioren ein ganz tolles Projekt auf die Beine gestellt, und es wurden auch Rallyefahrer unterstützt. Da wurden aus Tausenden zwei Piloten ausgesucht, die dann auch professionell in den Rallye-Sport einsteigen können. Ohne Förderungen ist so ein professioneller Einstieg sicher schwierig.

Stichwort Profession – vom Rallyefahren leben kannst du also noch nicht?

Franz Wittmann Jr. (lacht): Nein, bei Gott. Ich bin froh, wenn ich das Auto bezahlen kann.

Du studierst…

Franz Wittmann Jr.: Ich bin jetzt noch beim Bundesheer, aber ich werde dann Wirtschaft und Sport studieren.

Okay, dann danke für das Interview und viel Glück beim Sponsorensuchen.