Vergangene Woche wurden die Pläne der WRC-Kommission zur neuen Startreihenfolge für 2015 bekannt. Um die Spannung zu steigern und die Abstände der Fahrer möglichst gering zu halten, wird zukünftig an den ersten beiden Tagen einer Rallye nach WM-Klassement gestartet. Aktuell gilt dies nur für den ersten Tag der Rallye, auf den beiden folgenden Etappen wird in umgekehrter Rallye-Wertung gestartet. Die Pläne zur neuen Startreihenfolge müssen noch final beim kommenden Meeting des World Motor Sport Council im Dezember bestätigt werden.

Ogier sieht sich klar im Nachteil

Motorsport-Magazin.com hörte sich in Spanien bei den Fahrern um. Die Reaktionen waren von großer Begeisterung bis hin zu totalem Unverständnis gemischt. Allen voran Weltmeister und WM-Leader Sebastien Ogier sprach sich immer wieder gegen eine Veränderung aus und hält die neue Regelung für absolut unfair.

"Ich kann kein Fan dieser Entscheidung sein", machte Ogier im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com kein Geheimnis aus seinem Unmut. "Ich mag den Sport und ich mag den Wettkampf. Wenn dann Regeln kommen, die vollkommen unfair sind und einen so großen Nachteil für den besten Piloten der Meisterschaft mit sich bringen, kann das nicht gut für den Sport sein." Da er aktuell die Nummer eins der WRC sei, habe er das Gefühl, am meisten unter der neuen Regelung zu leiden.

Teamkollege Andreas Mikkelsen sieht die neuen Regeln zur Startreihenfolge mit gemischten Gefühlen. Zwar erkennt er den Vorteil, dass alle Fahrer wirklich eng zusammenrutschen und die Rallyes sehr eng werden, vermisst aber gleichzeitig den sportlichen Gedanken. "Für mich hat das letztlich nichts mehr mit Sport zu tun", sagte der Norweger im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com und zog einen Vergleich zum Fußball heran. "Es ist, als würdest du dem Tabellenletzten zwei Spieler mehr geben, weil er so ein schlechtes Fußballteam hat. Das ist nicht wirklich fair, aber wir müssen die Situation jetzt so akzeptieren und unser Bestes geben, um erneut ein 1-2-3 zu liefern."

Mads Östberg hatte der FIA den Vorschlag unterbreitet, Foto: Citroen
Mads Östberg hatte der FIA den Vorschlag unterbreitet, Foto: Citroen

Östberg strahlt

Sein Landsmann und Citroen-Pilot Mads Östberg hingegen ist hellauf begeistert von der geänderten Startreihenfolge. Er selbst hatte gemeinsam mit Teamkollege Kris Meeke diesen Vorschlag früh in der Saison der FIA unterbreitet und sieht sich nun bestätigt. "Natürlich ist das eine harte Sache, aber ich denke, es ist sehr wichtig, um die Spannung in der WM aufrecht zu erhalten", erklärte der Norweger im Interview mit Motorsport-Magazin.com. "Es bedeutet, dass der beste Fahrer als Erster auf die Strecke muss, das wird die Weltmeisterschaft ein bisschen offen halten."

Laut Östberg fand ein Meeting aller Fahrer statt und so sei es kein Geheimnis, wer gegen und wer für die neue Regelung sei. "Ich weiß, wer diese Entscheidung nicht unterstützt, das ist kein großes Geheimnis. Aber ich bin nicht besorgt deshalb, denn das ist meine Meinung. Ich unterstütze die neue Herangehensweise."

Neuville sieht Chancen für Citroen und Ford

Hyundai-Pilot Thierry Neuville will zunächst die finale Bestätigung durch das WMSC abwarten, glaubt aber durch die Neuregelung der Startreihenfolge an eine verbesserte und interessantere WRC. "Das Problem ist, dass ein Team wirklich allen anderen davonfährt", erklärte der Belgier bezüglich Volkswagen. "Wir sind auf dem Weg uns zu verbessern und wollen auch dort hin, aber bei Ford und Citroen sind die Ziele nicht mehr dieselben. Die Regelung könnte alles ein bisschen aufmischen und Ford und Citroen etwas mehr noch vorne bringen."

Große Nachteile für die Führenden der WM oder unfaire Bedingungen kann Neuville nicht erkennen. "Sebastien Loeb wurde neun Mal Weltmeister und musste jahrelang vorne wegfahren und die Strecke säubern", erinnerte Neuville im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. "Zumal du als Erster auf der Strecke deinen ersten Verfolger in der Meisterschaft direkt hinter dir hast. Damit hat er keinen großen Vorteil." Hinzukommen würden laut Neuville Rallyes wie Argentinien oder Wales, die oft von starken Regenfällen heimgesucht werden. In diesem Fall sei der erste Starter sogar im Vorteil.

Sebastien Loeb musste hatte mehrfach mit dem Saubermachen zu kämpfen, Foto: Sutton
Sebastien Loeb musste hatte mehrfach mit dem Saubermachen zu kämpfen, Foto: Sutton

Über die Jahre gab es zahlreiche Versuche der Verantwortlichen, die WRC spannender zu gestalten. Von WM-Startreihenfolge über umgekehrte Reihenfolge am zweiten Tag oder einem Qualifying - nichts führte dauerhaft zu großen Erfolgen. Mit der neuen Regelung erhofft sich die WRC-Kommission nun einen deutlichen Schritt nach vorne.

Klar ist auf jeden Fall: Die Piloten haben ihre Meinung kundgetan und nun liegt die finale Entscheidung beim WMSC im Dezember. Für den WM-Zweiten Jari-Matti Latvala steht allerdings fest: nicht alles wird sich ändern. "Natürlich wird es im kommenden Jahr herausfordernd, wenn du der WM-Leader bist und beide Tage eröffnen musst", überlegte der Finne. "Es wird auch anderen Fahrern die Chance auf den Sieg eröffnen, aber ich glaube, dass am Ende des Jahres immer noch der beste Fahrer gewinnen wird."