Viele Diskussionen gab es nach Le Mans um Ford. Beim Comeback feierten die Amerikaner den Sieg in der GTE-Pro-Klasse, die weiteren Ränge drei und vier bestätigten die Dominanz des neuen Ford GT. Hinter den Kulissen aber wurde Ford vorgeworfen, Sandbagging betrieben zu haben, um bei der Einstufung in Sachen Balance of Performance Vorteile zu erhalten. Besonders Porsche war regelrecht verzweifelt ob der Einstufung seitens FIA und ACO. Am Nürburgring geht der Kampf der Werke Ford, Ferrari, Aston Martin und Porsche in die nächste Runde. Corvette dagegen war nur in Le Mans dabei.

Ford vor den 6h vom Nürburgring

Ford sorgte in Le Mans für Diskussionen, Foto: Adrenal Media
Ford sorgte in Le Mans für Diskussionen, Foto: Adrenal Media

Kuriosum in der GTE-Wertung der WEC: Obwohl das Trio Olivier Pla/Stefan Mücke/Billy Johnson nur Rang vier belegte, bekamen sie die Maximalzahl von 50 Zählern zugesprochen. Der Grund ist simpel. Die drei GTE-Boliden, die in Le Mans auf dem Podium landeten, sind nicht für die WM eingeschrieben. Die beiden Ford-Boliden füllten das Kontingent der Amerikaner für das Rennen an der Sarthe auf, nun widmen sie sich wieder der IMSA-Serie in den USA. Gleiches gilt für Ferrari. Risi Competizione war nur in Le Mans dabei und kämpfte dort lange um den Sieg. Am Ende sprang Rang zwei heraus.

Pla und Mücke sind am Nürburgring alleine im Ford mit der #66 unterwegs, Billy Johnson ist ebenfalls in den USA aktiv. Die Führung in der GTE-Wertung kam bislang ohne "richtigen" Sieg zustande, dieser Umstand soll nun beseitigt werden. "Jetzt ist es an der Zeit für unseren ersten WEC-Sieg, natürlich wollen wir auch im Kampf um den WM-Titel ein gewichtiges Wörtchen mitreden. Aktuell führen wir die Fahrerwertung an - ein gutes Gefühl. Aber die Saison ist noch lang und unsere Konkurrenz sehr stark", so Mücke. Sein Heimrennen ist für ihn dabei besonders wichtig. "Ich mag den Nürburgring. Im vergangenen Jahr herrschte hier eine tolle Atmosphäre, der Enthusiasmus der Zuschauer sprang förmlich auf uns Fahrer über. Ich hoffe, dass wir das am kommenden Wochenende wieder so erleben werden", blickt er voraus.

Personelle Neuplanungen gab es auch im Boliden mit der #67. Harry Tincknell sollte eigentlich nach dem Le-Mans-Rennen aus dem Team ausscheiden, doch der Vertrag mit dem ehemaligen Nissan-Piloten wurde verlängert. "Ich freue mich sehr, dass ich auch weiterhin Teil des Ford Teams sein kann. Für mich ist es eine sehr aufregende Zeit als Werksfahrer im Ford GT", betonte Tincknell. Auch er findet Gefallen an der Rennstrecke in der Eifel. "Der Nürburgring zählt zu meinen Lieblingsstrecken, irgendwie läuft es für mich hier immer gut. Der Kurs bietet von allem etwas, daher benötigst du hier ein Auto, das in allen Bereichen konkurrenzfähig ist", erklärt er.

Harry Tincknell bleibt auch weiterhin Werksfahrer bei Ford, Foto: Adrenal Media
Harry Tincknell bleibt auch weiterhin Werksfahrer bei Ford, Foto: Adrenal Media

Vor dem Rennen am Nürburgring änderten FIA und ACO auch die Balance-of-Performance-Richtlinien. Auf Ford hat es allerdings keine Auswirkungen. Die Amerikaner fahren weiterhin mit der Konfiguration aus Le Mans. Das Gewicht der Boliden liegt bei 1.248 Kilo.

Ferrari vor den 6h vom Nürburgring

Zwar konnte Risi Competizione in Le Mans glänzen und lange im Kampf um den Sieg mitmischen. Für AF Corse, die in der WEC zuvor dominierten, entwickelte sich das Rennen jedoch zum Albtraum. Beide Fahrzeuge fielen aus. In der Meisterschaft fielen Davide Rigon und Sam Bird damit auf den zweiten Platz zurück. Das Schwesterfahrzeug mit Gianmaria Bruni und James Calado ist nach zwei Ausfällen und Rang zwei zum Saisonauftakt fast schon raus aus dem Meisterschaftsrennen.

Im vergangenen Jahr erlebte Ferrari auch am Nürburgring ein zweigeteiltes Rennen. Rigon/Calado, die damals zusammen fuhren, belegten Rang drei. Bruni und Toni Vilander hatten jedoch mit Problemen zu kämpfen und klassifizierten sich trotz Pole nur außerhalb der Top 10. Nach dem Rennen in Le Mans wurde - ähnlich wie bei Ford - auch bei Ferrari keine Anpassung der Balance of Performance durchgeführt. Das Fahrzeuggewicht bleibt bei 1.268 Kilogramm.

AF Corse erlebte in Le Mans ein Debakel, Foto: Adrenal Media
AF Corse erlebte in Le Mans ein Debakel, Foto: Adrenal Media

Aston Martin vor den 6h vom Nürburgring

Bislang ist es eher eine Saison zum Vergessen für Aston Martin. In den beiden Rennen vor Le Mans standen mit beiden Boliden jeweils ein Ausfall und ein dritter Platz zu Buche. In Frankreich dann konnte man das Tempo der Spitze nie mitgehen und belegte am Ende immerhin vor der Konkurrenz von Porsche und Corvette die Plätze fünf und sechs. Da gleich drei Fahrzeuge vor ihnen nicht für die WM eingeschrieben waren, durfte man sich dennoch über viele Punkte freuen. Und die führten schließlich dazu, dass Aston Martin aktuell die Herstellerwertung der GTE anführt.

Aston Martin reagierte im Vorfeld des deutschen WM-Laufes und wechselte die Besetzung der Fahrzeuge. Fernando Rees und Johnny Adam sind mit sofortiger Wirkung nicht mehr dabei, Darren Turner wechselt von der #95 in das Schwesterauto und bildet von nun an mit Richie Stanaway ein Duo. "Mit diesem konzentrierten Line-Up sollten wir bessere Chancen haben, in diesem Jahr noch Erfolge einzufahren", erklärte Teamchef Paul Howarth die Umstrukturierungen. Bei der Balance of Performance erhalten die Briten leichte Zugeständnisse. Sie dürfen einen größeren Luftmengenbegrenzer verwenden. Zudem bleibt ihr Gewicht bei 1.183 Kilogramm, wodurch die Vantage die leichtesten GTE-Boliden sind.

Porsche vor den 6h vom Nürburgring

Ob Heimspiel oder nicht - Porsche geht weiter den Weg des Übergangs. In Le Mans schickte man zwar zwei reinrassige Werksboliden mit Starbesetzung ins Rennen. Doch zuvor und auch jetzt danach kehrt man wieder zum Ein-Wagen-Vorgehen zurück. Auch das Werksteam ist wieder raus aus dem Geschehen, stattdessen wickelt weiterhin Dempsey Proton Racing die Einsätze ab. Richard Lietz und Michael Christensen fungieren als Einsatzfahrer.

Die beiden Werks-Porsche sahen die Zielflagge in Le Mans nicht, Foto: Porsche
Die beiden Werks-Porsche sahen die Zielflagge in Le Mans nicht, Foto: Porsche

Hinter den Kulissen wird weiter kräftig am neuen 911er gebaut, der kommendes Jahr im Zuge der neuen GT-Regeln eingeführt wird. Dann kehrt Porsche auch wieder als ambitioniertes Werksteam zurück. Diese Ambitionen verfolgte man auch in Le Mans, doch die Balance of Performance trieb dem Team buchstäblich Tränen in die Augen. Nach dem Qualifying war Porsche dermaßen unterlegen, dass Motorsportchef Dr. Frank-Steffen Walliser förmlich verzweifelte. "Wir hatten ein perfektes Auto, das Feedback der Fahrer war großartig. Sie [die Fahrer; Anm. d. Red.] meinten, sie hätten das beste Auto bekommen, das sie jemals hatten. Wir alle wissen, dass wir eine Balance of Performance brauchen, aber nicht diese Art", sagte er damals, um kurz danach in Tränen auszubrechen.

Es folgte eine weitere Anpassung vor dem Rennen, die Porsche im Rennen aber auch nicht weiter brachte. Die beiden Werksautos fielen mit technischem Defekt aus. Die WM-Starter Lietz und Christensen, die von Philipp Eng unterstützt wurden, kamen immerhin ins Ziel und nahmen 16 Punkte mit. In der GTE-Wertung der WEC sind sie auf Rang sieben. Für den Nürburgring bekam Porsche nochmals 15 Kilo an Gewicht erlassen, muss jedoch auch einen 0,2 mm engeren Luftmengenbegrenzer nutzen.