Es ist ein empfindlicher Rückschlag für das Audi Sport Team Joest: Aufgrund eines Bedienungsfehlers wurden in Le Mans die elektronischen Plomben außer Gefecht gesetzt. Dadurch wurde der in Le Mans verwendete Motor offiziell dreifach gezählt, womit Marcel Fässler, Andre Lotterer und Benoit Treluyer nur noch einen frischen Motor für die verbliebenen fünf sechsstündigen Rennen auf dem Nürburgring, dem Circuit of the Americas, dem Fuji Speedway und den Strecken in Shanghai und Bahrain übrig haben. Setzen sie ein sechstes Aggregat ein, droht eine dreiminütige Stop&Go-Strafe - gegen Porsche wäre dann in jenem Rennen aus eigener Kraft nichts mehr zu machen.

Audi sucht daher nach Lösungen, mit den verbliebenen Motoren die fünf Wochenenden abzuspulen. "Wir müssen sehen, wie wir mit dieser Herausforderung fertig werden, und das auf bestmögliche Art und Weise", sagt Audis LMP1-Leiter Chris Reinke gegenüber Motorsport.com. Effizienz ist nun nicht mehr nur beim Fahrzeug an sich, sondern auch in der Logistik gefragt: "Wir müssen schauen, wie wir die Kilometer, die für jeden Motor noch verfügbar sind, am besten abspulen und dann um den frischen Motor herum arbeiten können."

Konkret heißt das also: Audi wird versuchen, die letzten fünf Rennwochenenden möglichst mit dem vorhandenen, um 40 Prozent gekürzten Motorenkontingent zu bestreiten. Gegebenenfalls müssten für Trainings und Rennen unterschiedliche Triebwerke benutzt werden. Reinke will aber auch einen sechsten Motor in Betracht ziehen: "Wir müssen auch prüfen, was es bedeutet, einen weiteren Motor zu benutzen, der uns eine Stop&Go einbringen würde." Darauf könnte auch die jeweilige WM-Situation einen Einfluss haben, ob man auf Sicherheit geht oder Risiko spielt und die Kilometerzahl pro Motor erhöht.

Nur im Notfall: Ein dritter Einsatz des dritten Autos ist derzeit nicht geplant, Foto: Speedpictures
Nur im Notfall: Ein dritter Einsatz des dritten Autos ist derzeit nicht geplant, Foto: Speedpictures

Drittes Auto nur im absoluten Notfall

Wie man es auch macht: Reinke gibt zu, dass die Situation sich durch die Strafe deutlich geändert hat: "Auf jeden Fall hat dies einen Einfluss auf den Rest der Saison, weil wir die Motoren plötzlicher als sonst tauschen werden müssen." Reinke betonte noch einmal, dass die Strafe gerechtfertigt sei und man selbst den Fehler gemacht habe. "Jetzt müssen wir aufstehen, uns sagen: ‚Ja, diese Fehler sind passiert‘, zeigen, wie wir unsere Arbeitsprozesse geändert haben und sicherstellen, dass es nicht noch einmal passiert."

Egal ob mit oder ohne Strafe: Auto Nummer 7 geht mit einem signifikanten Nachteil in den Titelkampf. Schon arbeitet Audi Strategien durch, wie man in der Materialschlacht gegen Porsche die Ressourcen optimal nutzt. Denkbar wäre, den dritten R18 e-tron quattro mit Filipe Albuquerque, Marco Bonanomi und Rene Rast, der schon in Spa und Le Mans mitgefahren ist, noch einmal zu aktivieren. Sollte der favorisierte Audi tatsächlich eine Strafe absitzen müsste, könnte ein auf Vollgas getrimmtes drittes Auto in jenem Rennen zumindest Porsche den Sieg wegschnappen, so dass der Punkteunterschied zu den Titelkandidaten kleiner ausfällt.

"Wir mögen das in einem Extremszenario in Erwägung ziehen, aber momentan sind wir noch nicht an diesem Punkt angelangt", beruhigt Reinke. "Momentan konzentrieren wir uns auf Auto Nummer 7 und wie wir ihm die bestmögliche Chance für den Rest der Saison geben können. Wir werden uns nicht mit dem Einsatz eines weiteren Autos davon ablenken." Seit dieser Saison sind in der WEC nur noch fünf Motoren pro Fahrzeug erlaubt. Audi hatte in Le Mans durch Versetzen der elektronischen Plomben diese deaktiviert, so dass deren Inhalt nicht mehr auszulesen war. Obschon nur ein einziger Motor in der ganzen Woche verwendet wurde, konnte Audi dies nicht nachweisen. Fahrzeug Nummer 8 war nicht betroffen.