Stark angefangen, stark nachgelassen - das wäre ein realistisches Resümee der Saison 2014 für das Lotus-Team. Beim Debüt in Fuji überraschte das Team von Colin Kolles mit einer Zielankunft, mit der niemand gerechnet hatte. Nach dem Feuer am Fuji Speedway baute die finanziell nicht gerade auf Rosen gebettete Privattruppe den CLM P1/01 wieder auf und stand schon in Shanghai wieder am Start. Doch ab da ging es nur noch bergab; bei den letzten beiden Rennen strandete das Gefährt, das vom LMP2-Fahrzeug T128 von 2013 abstammt, bereits frühzeitig.

Über den Winter wurde das Team neu arrangiert. Statt wie vorher unter rumänischer geht der in ByKolles umbenannte Rennstall nun unter österreichischer Flagge an den Start. Der Teamname zeigt bereits, dass Kolles auf der Suche nach einem Titelsponsor ist. Was ist also neu? Außer dem Teamnamen und der Struktur samt neuer Partnerschaft mit einer Marketingagentur soll der CLM rundum verbessert worden sein. Vergleiche waren bislang nicht möglich, da das Fahrzeug vor dem offiziellen Prolog noch nie auf dem Paul Ricard HTTT gerollt war und mit Rebellion Racing der Referenzpunkt derzeit fehlt.

Allein beim Saisonauftakt: ByKolles und Rebellion tauschen 2015 die Rollen, Foto: ByKolles
Allein beim Saisonauftakt: ByKolles und Rebellion tauschen 2015 die Rollen, Foto: ByKolles

Viel hat sich jedoch nicht geändert, da alle Fortschritte gemacht haben. Hinter den Werksteams war ByKolles meilenweit zurück, was nicht verwundert, da die Zugeständnisse, die den privaten LMP1-Teams im Vorjahr gemacht worden waren, nun wieder fallen gelassen worden sind. Doch genau das könnte ByKolles im Kampf der Privatteams entgegenkommen: Da der CLM von der Gewichtserleichterung auf 800 Kilogramm im Vorjahr nicht profitieren konnte, Rebellion Racing jetzt aber auch wieder auf 850 Kilogramm rüsten muss, ist es nicht auszuschließen, dass es mit gleichem Motor erstmals zu einem echten Aufeinandertreffen kommt.

Ziel: Endlich weg von den LMP2

An den Fahrern soll es nicht liegen: Mit Vitantonio Liuzzi und Pierre Kaffer sind zwei Vollgastiere am Werk, zu denen sich GP2-Rekrut Simon Trummer gesellt. Dieser riss dort zwar keine Bäume aus, konnte aber solide Ergebnisse einfahren. Bei den ersten beiden Rennen der Saison wird ByKolles als einziger privater LMP1-Rennstall am Start stehen, da Rebellion Racing noch die Fahrzeuge bei Oreca auf AER-Power umrüsten lassen muss. Im Idealfall können Trummer, Kaffer und Liuzzi also mit 50 Punkten Vorsprung in den Kampf um die private LMP1-Krone gehen.

Die Zuverlässigkeit war 2014 die Achillesferse, Foto: Adrenal Media
Die Zuverlässigkeit war 2014 die Achillesferse, Foto: Adrenal Media

Ohne Zugeständnisse (und deren Umsetzung) braucht sich ByKolles keine Illusionen zu machen: Die Werksfahrzeuge wird man nicht angreifen können. Das eigentliche Rennen fand beim Prolog eher gegen die LMP2-Fahrzeuge statt. Auf eine schnelle Runde konnte der CLM P1/01 die kleineren Prototypen zwar distanzieren, im Longrun aber könnte es das eine oder andere Aufeinandertreffen mit den Kleinen geben. Dafür verfügt ByKolles aber über das größere Steigerungspotenzial, denn das Fahrzeug - das sollte man nicht vergessen - ist noch immer relativ neu. Die Ausfälle gegen Saisonende 2014 waren der Weiterentwicklung nicht wirklich zuträglich.

Die ersten beiden Rennen muss ByKolles wohl im Niemandsland verbringen. Ab Le Mans wird es mit Rebellion Racing dann den direkten Vergleich geben. Nach den bisherigen Leistungen könnte auch Nissan ein realistischer Gegner werden, doch die Japaner werden noch einmal mächtige Mittel investieren, um ihren skurrilen Boliden konkurrenzfähig zu machen - zumindest für Le Mans. Sofern Nissan nicht die weiteren Rennen auslässt, könnte der GT-R LM Nismo, der eindeutig auf Le Mans ausgelegt ist, tatsächlich ein Gegner werden - sofern ByKolles die Zuverlässigkeitsprobleme aus der Vorsaison aussortiert, die nach wie vor ein Thema sind. Nichts wäre ärgerlicher als eine Nullnummer in den beiden ersten Rennen ohne Konkurrenz.