Beim zweiten Lauf zur FIA-Langstrecken-Weltmeisterschaft WEC in Spa zeichneten sich erstmals in diesem Jahr die Kräfteverhältnisse an der Spitze ab, denn diesmal kamen die LMP1-Hybrid-Sportwagen aller drei Hersteller ins Ziel. Audi erreichte vor 46.000 Zuschauern mit 1:13.926 Minuten Rückstand den zweiten Platz.

Nachdem Audi beim WEC-Saisonauftakt vor 14 Tagen mit zwei Ausfällen glücklos blieb, ergab sich erst beim zweiten Lauf ein deutlicheres Bild über die Auswirkungen des neuen Effizienz-Reglements und seiner Einstufungen. Lucas di Grassi und die beiden Weltmeister Loïc Duval und Tom Kristensen erkämpften sich bei den Sechs Stunden von Spa den zweiten Rang.

Da der Diesel-Hybridsportwagen R18 e-tron quattro die Rundenzeiten der besten Rennwagen mit Benzinmotor, die anders eingestuft sind als der effiziente TDI-Antrieb, nicht ganz erreichte, entschied sich Audi für eine andere Strategie. Um Zeit zu sparen, wechselte das Audi Sport Team Joest die Reifen der Startnummer 1 nur bei jedem zweiten Tankstopp.

Audi holte in Spa das Maximum, Foto: Speedpictures
Audi holte in Spa das Maximum, Foto: Speedpictures

Di Grassi/Duval/Kristensen rückten zur Rennmitte auf Platz drei vor. Sie lieferten sich mit dem Toyota Nummer 7 einen abwechslungsreichen Kampf um den zweiten Platz. Der letzte Boxenstopp brachte die Vorentscheidung: 21 Minuten vor Schluss musste Loïc Duval zum siebten Mal nachtanken und kehrte mit vier Sekunden Vorsprung auf die Strecke zurück. Er verteidigte den zweiten Platz erfolgreich bis ins Ziel mit 6,935 Sekunden Vorsprung vor dem Dritten.

Ein Rennen mit Rückschlägen erlebte die Startnummer 2, die nur den fünften Rang erreichte. Schon früh hatte sich ein elektrischer Empfänger zum sogenannten Lap trigger, dem Rundengeber, gelöst. So erhielt der R18 e-tron quattro von Marcel Fässler/André Lotterer/Benoît Tréluyer zu Rennbeginn nicht mehr das Rundensignal des Veranstalters. Da dieser Impulsgeber diversen Systemen dient, konnte André Lotterer bis zur Reparatur auch nicht die volle Hybridleistung seines Rennwagens nutzen. Ein Druckverlust in einem Reifen in Runde 101 kostete die Nummer 2 weitere Zeit.

Einen guten Rhythmus erreichten dagegen Filipe Albuquerque und Marco Bonanomi. Ihr Audi R18 e-tron quattro Nummer 3 erprobte bereits die Aerodynamik-Variante für die 24 Stunden von Le Mans. Zugleich gewöhnte sich Sportwagen-Neuling Albuquerque bei seinem WEC-Debüt an seinen neuen Rennwagen, während Bonanomi nach einem Jahr als Test- und Reservefahrer wieder sein erstes Rennen bestritt. Mit zunehmender Renndauer erzielten beide Audi-Piloten immer bessere Rundenzeiten und belegten am Ende den sechsten Rang.

Nach dem Lauf in Spa begegnen sich die WEC-Teams am 1. Juni beim Testtag in Le Mans. 14 Tage später steht der Saisonhöhepunkt auf dem Programm - die 24 Stunden von Le Mans am 14. und 15. Juni, bei denen Audi bislang zwölf Siege gefeiert hat.

Stimmen nach dem Rennen

Dr. Wolfgang Ullrich (Audi-Motorsportchef): "Ein zweiter Platz ist das Beste, was wir heute herausholen konnten. Ich bin froh, dass uns das gelungen ist. Wir haben alle drei Autos ins Ziel gebracht und kein Fahrzeug ist beschädigt. Das ist nach dem Auftakt in Silverstone etwas Positives. Es gibt noch viel zu tun und wir gehen diese Aufgaben an."

Chris Reinke (Leiter LMP): "Für uns von Audi Sport war es eine Riesen-Anstrengung, alle drei Fahrzeuge in einem so soliden technischen Stand an den Start zu bringen, das Rennen mit einem Achtungserfolg zu beenden und dabei aufs Podium gefahren zu sein. Natürlich hatten wir uns mehr vorgenommen, aber wir haben uns gut auf Le Mans vorbereitet, was unser Hauptziel war. Auch das Auto Nummer 3 hat wichtige Erkenntnisse gesammelt, so dass wir zufrieden aus Spa abreisen können."

Ralf Jüttner (Teamdirektor Audi Sport Team Joest): "Über den zweiten Platz müssen wir uns freuen. Glückwunsch an Toyota, sie haben wirklich ein gutes Auto gebaut. Wir sind unser erstes richtiges Rennen der Saison gefahren und haben Punkte gesammelt und Erfahrung. Dieses Rennen war nach dem Einsatz in Silverstone eine Erleichterung. Wir sind mit allen drei Autos angekommen und waren fast fehlerfrei unterwegs. Nur bei der Startnummer 2 lief es nicht ganz rund. Das Tempo des Siegerautos konnten wir unter den gegebenen Bedingungen jedoch nicht mitgehen. Positiv war, dass die Reifen auch im zweiten Stint sehr gut funktioniert haben. Allerdings waren wir mit den Startnummern 1 und 2 mit mehr Abtrieb unterwegs, was hier hilft. Wir haben viel gelernt, auch mit der Nummer 3."

Lucas di Grassi (Audi R18 e-tron quattro #1): "Ein großes Dankeschön an die Mechaniker und an das Team, die uns vor dem Rennen zwei neue Autos aufgebaut haben. Wir haben heute unser Bestes gegeben und jedes Quäntchen ausgenutzt. Wir fuhren heute mit der WEC-Aerodynamik, was uns geholfen hat, die Reifen nur bei jedem zweiten Boxenstopp zu wechseln. Alle haben hervorragend gearbeitet, aber wir werden noch mehr zulegen müssen, um in Le Mans mithalten zu können."

Loïc Duval (Audi R18 e-tron quattro #1): "Das war heute das Beste, was wir erreichen konnten. Der Start war gut, die Teamleistung, die Strategie. Das Auto fühlte sich fantastisch an, aber wir waren nicht schnell genug. Wir müssen weiter hart arbeiten. Das Rennen in Le Mans hat einen ganz eigenen Charakter. Auch die Zahl der Boxenstopps wird eine Rolle spielen."

Tom Kristensen (Audi R18 e-tron quattro #1): "Mit einer sehr guten Teamleistung haben wir den zweiten Platz erreicht, obwohl wir bei Beschleunigung und Höchstgeschwindigkeit nicht mithalten können. Aber wir haben nicht aufgegeben. Die Mechaniker, die Ingenieure und alle anderen Teammitglieder können stolz sein. Lucas di Grassi, Loïc Duval und mir ist ein schönes Rennen gelungen. Bei diesem zweiten Platz war ein bisschen Glück im Spiel, aber auch sehr viel Ehrgeiz. Ich sehe uns in diesem Jahr nicht als die Favoriten in Le Mans."

Marcel Fässler (Audi R18 e-tron quattro #2): "Es war ein schwieriges Rennen, denn wir hatten einige technische Probleme. Für uns war es ein bisschen enttäuschend, dass wir das Tempo nicht ganz halten konnten. Wir haben gekämpft und unsere Mannschaft hat alles gegeben. Am Einsatz hat es bestimmt nicht gelegen. Es gibt vieles zu analysieren. Nach Silverstone war es wichtig, ins Ziel zu kommen. Klar ist, dass wir nun noch besser werden müssen."

André Lotterer (Audi R18 e-tron quattro #2): "Glückwunsch an die Startnummer 1, denn Platz zwei ist positiv für Audi. Für uns war es leider nicht das optimale Rennen. Ich hatte Probleme mit dem Rundensignal, was auch die Hybridleistung beeinträchtigt hat. Und dann kam noch der Druckverlust im Reifen. Deshalb fielen wir weit zurück und haben versucht, das Beste daraus zu machen. Mehr als Platz fünf war nicht möglich, aber unsere Motivation bleibt sehr hoch."

Benoît Tréluyer (Audi R18 e-tron quattro #2): "Es war ein hartes Rennen für uns. Wir hatten einige Rückschläge zu verkraften. Das Team hat sehr gut gearbeitet. Es hat das Auto so schnell repariert, wie ich es noch nie gesehen habe. Wir haben fast keine Zeit verloren. Ich gratulieren dieser Mannschaft, die nach Silverstone schon so viel harte Arbeit hatte. Es war nicht unser Wochenende. Wir haben viel gelernt und das ist gut für Le Mans."

Filipe Albuquerque (Audi R18 e-tron quattro #3): "Es war gutes Debüt für die Startnummer 3 und für mich. Ich habe keine Fehler gemacht und wir sind anfangs unseren Kollegen gefolgt. Wir haben hier viel für Le Mans gelernt. Das war unser vorrangiges Ziel. Ich bin mit dem Rennen zufrieden. Es hat viel Spaß gemacht. Marco und ich haben das Maximale aus dem Auto herausgeholt."

Marco Bonanomi (Audi R18 e-tron quattro #3): "Das Gefühl ist toll, wieder in einer Rennsituation zu sein, um Positionen zu kämpfen und jede Runde alles zu geben. Damit bin ich glücklich. Doch das Ergebnis ist nicht das, was wir wollten. Wir wussten schon vor dem Start, dass unser Paket anders ist als das der anderen. Wir haben viel gelernt und uns seit dem Qualifying verbessert. Wir blicken Le Mans positiv entgegen und sind bereit, auf dem gleichen Niveau zu kämpfen wie die anderen."