Hartmut Kristen hat eine große Aufgabe vor sich: Mit dem Porsche 911 RSR soll die Le-Mans-Krone zurück nach Weissach geholt werden. Bei der Entwicklung des neuen Porsche 911 RSR stand eines im Vordergrund: Das Manko des Vorgängers so gut es geht auszumerzen. Dieser hatte vorne zu wenig Anpressdruck, was vor allem der Heckmotorbauweise geschuldet ist. Diese ist natürlich auch bei der Baureihe 991 wieder vorhanden, was die Aufgabe nicht leichter macht. Doch die Porsche Ingenieure ließen sich alle möglichen Tricks einfallen.

"Es wird natürlich kein Mittelmotorfahrzeug, aber am wichtigsten ist es, dass man eine bessere Gewichtsverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse hinbekommt", sagte Kristen gegenüber Daily Sportscar. "Man muss bedenken, dass zusätzlich zum Heckmotor auch noch der Tank hinzu kommt, der sich direkt davor befindet. Wenn der voll ist, sind das noch einmal 75kg auf der Hinterachse, am Ende eines Stints vielleicht noch fünf bis zehn Kilo. Das alles versuchen wir mit dem Design des Fahrzeugs zu neutralisieren." Mit dem längeren Radstand und der neuen Radaufhängung mit doppelten Dreiecksquerlenkern wurde hier ein Schritt gemacht.

In Le Mans zählt nur der Sieg

Das Ziel ist klar: "Jeder, der das hier nicht bloß als Hobby macht - und das machen wir definitiv nicht - will in Le Mans gewinnen. Le Mans und Porsche verbindet eine lange Motorsportgeschichte, vor allem mit dem 911. Mit diesem haben wir 32 Klassensiege und zwei Gesamtsiege geholt. Wir wollen konkurrenzfähig sein und dann werden wir sehen. Am Ende benötigt es immer ein kleines bisschen Glück und man muss sich aus Schwierigkeiten heraushalten, sonst hat man in Le Mans keine Chance auf den Sieg. Wir müssen unsere Hausaufgaben erledigen und sehen, wie alles funktioniert."

Mit dem 991er RSR feiert Porsche das 50. Jubiläum des Porsche 911, Foto: Porsche
Mit dem 991er RSR feiert Porsche das 50. Jubiläum des Porsche 911, Foto: Porsche

Den letzten Gesamtsieg fuhr Porsche mit dem 911 GT1 98 in jenem Jahr ein, das auch im Fahrzeugnamen auftaucht. Den Gesamtsieg wird Porsche mit einem GTE-Fahrzeug natürlich nicht holen können, trotzdem zieht Kristen Vergleiche und lobt den technischen Fortschritt: "Bis zu einem gewissen Grad ist dieses Auto komplizierter als der 911 GT1 98. Aber bei dem hatten wir auch mehr technische Freiheiten. Beim GTE-Fahrzeug muss man sich viel mehr an der Serie orientieren und wenn man sich die Performance anschaut, ist die nicht so weit weg von dem, was man vor 15 Jahren mit einem GT1-Auto anstellen konnte. Das ist wirklich beeindruckend."

Konkurrenz belebt das GT-Geschäft

In der WEC wird Porsche auf Aston Martin und Porsche treffen, in Le Mans gesellen sich Corvette und SRT-Viper dazu. "Das macht die Herausforderung nicht kleiner", schmunzelt Hartmut Kristen. "Das ist Teil des Geschäfts. Momentan müssen wir einfach vernünftig analysieren und unsere Hausaufgaben machen. Die Zeiten haben sich im GT-Rennsport wirklich geändert: Vor fünf oder zehn Jahren war die GTE-Kategorie [damals noch GT2] eine Sache von Privatteams, heute haben wir dort Werks- und Semi-Werksteams." Wann private Rennställe in den Genuss des neuen Porsche-Modells kommen, wird noch diskutiert.

2014 soll dann der Schritt ganz zurück an die Spitze des Gesamtklassements erfolgen, wenn der neue LMP1-Prototyp debütiert. Ob sich das doppelte Programm negativ auf die Entwicklung des GTE-Modells niederschlägt? "Nein, das LMP-Projekt läuft komplett unabhängig vom GTE. Der wichtigste Punkt ist, dass der erste Auftritt immer stark mit dem Werk in Verbindung steht, so war es auch beim 996 und 997. Diesmal ist es aber mehr als ein 24-Stunden-Rennen, es ist eine komplette Saison, die wir in Angriff nehmen. Aber das 50. Jubiläum des Porsche 911 ist wirklich etwas Spezielles", rechtfertigt er die neue Herangehensweise.