Henri Pescarolo ist immer für eine Überraschung gut, Foto: DPPI
Henri Pescarolo ist immer für eine Überraschung gut, Foto: DPPI

Henri Pescarolo, lebende Le-Mans-Legende und vierfacher Sieger des Klassikers, hat in seinem Leben schon so einiges erlebt: Feuerunfall, Schlaganfall und Bankrott des eigenen Teams zum Beispiel. Doch wer ganze 33 Teilnahmen beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans auf dem Buckel hat und in weniger als 89 Stunden die Welt umrunden kann, schreckt vor so manch' tollkühnem Projekt nicht zurück.

Bei den 12 Stunden von Sebring wird der erste Eigenbau des Pescarolo-Teams zum letzten Mal von der Equipe des Urgesteins eingesetzt bevor der Pescarolo 01 in den wohlverdienten Ruhestand geht. Lediglich Oak bleibt beim mittlerweile fünf Jahre alten Prototypen und setzt ihn weiterhin sowohl in der LMP1 als auch in der LMP2 (als Morgan-Judd) ein. Henri Pescarolo selbst will schon beim zweiten Lauf der Langstrecken-Weltmeisterschaft in Spa mit dem Pescarolo 03 überzeugen.

Den AMR-One als Basis

Jener Pescarolo 03 ist allerdings keine reine Neuentwicklung, sondern ein offener Sportwagen auf Basis des Aston Martin AMR-One. Dieser Prototyp, der die Nachfolge des Lola Aston Martin hätte antreten sollen, versagte 2011 auf ganzer Linie und war für den Abstieg des Werksteams in die GTE mitverantwortlich. Warum ausgerechnet daraus ein Siegertyp werden soll? Weil das Grundkonzept durchaus hoffnungsvolle Ansätze beinhaltet.

Der Pescarolo 03 basiert auf dem AMR-One, Foto: Sutton
Der Pescarolo 03 basiert auf dem AMR-One, Foto: Sutton

Der AMR-One wurde im Gegensatz zu den meisten Neuentwicklungen zwar kein Coupé sondern wie der Pescarolo 01 ein Spyder, seine intelligente Luftführung hat aber trotzdem genug Potenzial für gute Rundenzeiten. Das Auto wird von mehreren Schächten durchzogen, die zum einen für Brems-, Motor- und Getriebekühlung zuständig, zum anderen aber auch Teil eines Low-Downforce-Konzeptes sind. Als Schwachstelle entpuppte sich der von Aston Martin eigens für den AMR-One entwickelte Reihensechszylinder. Der 2l-Turbomotor hatte deutlich weniger Leistung als die Konkurrenz und war außerdem gnadenlos unzuverlässig. Das Rennen in Le Mans mussten die Engländer 2011 schon nach zwei, respektive vier Runden aufgeben.

Weil das erfahrene Auge Pescarolos die Schwachstelle des Boliden schnell ausmachen konnte und sah, dass ein anfälliger Motor im Inneren eines zukunftsweisenden Chassis steckte, schnappte er sich kurzerhand ein Exemplar des ausgemusterten Renners. Laut eigener Aussage werde nicht nur ein V8-Motor des langjährigen Partners Judd integriert, sondern auch das komplette Innenleben des AMR-One einer Überarbeitung unterzogen. Emmanuel Collard, Julien Jousse und Jean-Christophe Boullion sollen den Pescarolo 03 dann im Mai erstmals unter Rennbedingungen bewegen.

Dome fuhr mit dem S102 2008 in Le Mans, Foto: Dome
Dome fuhr mit dem S102 2008 in Le Mans, Foto: Dome

Pescarolos zweites Projekt ist der Einsatz des Dome S102.5 an der Sarthe und als Vorbereitung dazu beim WEC-Lauf in Spa. Bei diesem Auto kümmert sich das Team aus Le Mans nur um den Renneinsatz mit Sébastien Bourdais, Nicolas Minassian und Seiji Ara am Steuer. Der japanische Konstrukteur finanziert den zweiten Einsatz des verheißungsvollen Coupés nach 2008 selbst, damals musste man sich auch um den Einsatz kümmern und kam nach Platz acht im Qualifying (zweitschnellster Benziner) nicht über den letzten Platz im Klassement hinaus. Nachdem in den folgenden Jahren kein weiterer Start durchgeführt werden konnte, soll mit Hilfe von Pescarolos erfahrener Mannschaft in der kommenden Saison das Potential des Autos deutlich gemacht werden.

Dome-Vorstand Minoru Hayashi glaubt, das Problem ausgemacht zu haben: "Dieses Mal wollen wir die Design-Phase so kurz wie möglich halten und viel Zeit damit verbringen, das Auto zu testen. Bisher waren unsere Rennen immer schon vorbei, bevor wir an die Grenze des Autos gehen konnten." Dass Dome aber in erster Linie die Leistungsfähigkeit des S102 demonstrieren und das Geschäft ankurbeln will, zeigt Hayashis Einstellung gegenüber dem Langstreckenklassiker in Le Mans. "In der Tat ist Le Mans ein Langstreckenrennen, aber uns als Konstrukteur interessiert in erster Linie die reine Geschwindigkeit des Autos im Qualifying. In einem 24-Stunden-Rennen kann so viel passieren, das das Ergebnis verfälscht", so der Dome-Chef, der Henri Pescarolos geplanten 24-Stunden-Test durch viele kurze ersetzen lies: "Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Franzosen von unserer Herangehensweise schockiert sind."