Monza steht schon seit Jahren bei vielen Fans und Beteiligten auf der Abschussliste. Viele sind der Meinung, der italienische Kurs ist schlichtweg viel zu gefährlich für Motorradrennen. Alex Hofmann äußerte am Sonntag: "Ich vermute, die Offiziellen werden diese Rennstrecke im Kalender behalten, bis etwas noch Schlimmeres passiert. Die Strecke wurde einfach nicht für Motorradrennen gebaut... Versteht mich nicht falsch. Das Layout und das Tempo, auf das man dadurch kommt sind wunderbar! Kurve eins ist beim Rennstart aber einfach nur dumm und was die Sicherheit angeht... hmmm."

Und wo er Recht hat, hat er Recht. Schließlich kommen die Superbikes vom Start bis zur ersten Anbremszone schon auf 200 km/h. Ein kleiner Fehler kann bei diesem Tempo ein riesiges Problem bedeuten. Deutlich wurde das spätestens im Supersport-Rennen am Rennsonntag. Drei Neustarts, dazu eine unfähige Rennleitung. Schon nach den ersten Stürzen zeigten die Streckenposten an, dass Öl auf dem Kurs ist, doch das Rennen lief weiter, bis es die nächsten Kandidaten von ihren Maschinen riss. Weitere Stürze folgten dank der schusseligen Arbeit der Streckenposten, die das Öl nicht komplett entfernten, bevor die Rennen neu gestartet wurden.

Beweis für die mangelhafte Arbeit der Streckenposten war Davide Giugliano, der im zweiten Lauf fast gestürzt ist, weil er Öl am Hinterrad hatte. Da besteht definitiv Übungsbedarf bei den Italienern. Was Monza aber nicht abzusprechen ist, ist die unglaubliche Stimmung an der Rennstrecke und die actionreichen Rennen, die der außergewöhnliche Kurs bietet. Auf kaum einer anderen Rennstrecke der Welt, gibt es so harte Kämpfe und kaum irgendwo anders können die Piloten auf der Geraden über eine halbe Sekunde verlieren und eine halbe Runde später wieder gutmachen. Dazu spielte im Vergleich zum letzten Jahr am Renntag auch noch das Wetter mit - ein kleiner Trost für alle Beteiligten.

Pechvogel des Wochenendes:

Monza gilt auch als eines der Heimrennen von Ducati. Sehr bedauerlich für die Ducatisti, dass sie genau an diesem Wochenende auf Carlos Checa verzichten mussten, der noch immer heftigen Schmerzen in der Schulter hatte und sich schon am Samstagmorgen aus dem Renngeschehen verabschiedete. Schade, denn wenn selbst Ayrton Badovini auf der Panigale eine deutliche Steigerung und Platz neun gelang, hätte sicher auch der Weltmeister aus 2011 ein Aufwärtstrend geschafft.

Jules Cluzel musste nach dem zweifachen Nuller erstmal tief durchatmen, Foto: FIXI Crescent Suzuki
Jules Cluzel musste nach dem zweifachen Nuller erstmal tief durchatmen, Foto: FIXI Crescent Suzuki

Nach Checa steht auch Jules Cluzel hoch im Pechvogel-Kurs. Nach dem bekannten 'Abkürzen der Schikane' musste er im ersten Rennen durch die Boxengasse und fand die Strafe selbst etwas hart. Zurecht - die ewigen Strafen in Monza nerven. Dazu denkt sich die Rennleitung auch jedes Mal etwas Neues aus: Durchfahrtsstrafe, zwei Plätze zurückfallen lassen, zehn Sekunden plus. Sehr kreativ und vielseitig, aber ungerecht und teilweise unbegründet. Auch Jonathan Rea musste darunter leiden und sich zwei Plätze zurückfallen lassen. Eine seelisch schmerzhafte Prozedur für jeden Rennfahrer.

Abräumer des Wochenendes:

Abgeräumt hat dieses Mal Marco Melandri. Wer? Ja genau, der Mann, der im letzten Jahr fast den Titel geholt hätte und außer mit Stürzen und Bike-Problemen in dieser Saison noch gar nicht weiter auffiel. Erleichterung bei BMW und den italienischen Fans. Der 30-Jährige hat das Fahren noch nicht verlernt und scheinbar auch das Gewinnen nicht. Der Sieg im ersten Lauf war zwar knapp, aber nach so harten Duellen wohlverdient. Obendrauf gab es weitere 20 Punkte im zweiten Rennen und Rang vier in der Weltmeisterschaft. Willkommen zurück, Marco!

Kämpfer des Wochenendes:

Zu den härtesten Kriegern an diesem Wochenende gehörten zunächst einmal alle Supersport-Piloten. Vier Rennstarts, Stürze, Öl, Drama und Aufregung. Trotz des Stresses und des immer höher werdenden Druckes gab keiner der Fahrer einfach auf und alle - die körperlich dazu noch in der Lage waren - bissen sich hartnäckig durch die letzten zehn Runden am späten Nachmittag.

Die größten Kämpfe lieferten sich aber Eugene Laverty, Sykes, Sylvain Guintoli und Melandri. Das ist Racing und zwar Racing der Extraklasse. Überholmanöver in jeder Kurve und das zwei Mal 18 Runden lang, wahnsinnige Spannung, kaum Fehler und saubere Duelle. Fast sauber, denn obwohl Guintoli und Sykes ein recht gutes Verhältnis pflegen, legte Aprilia bei der Rennleitung Beschwerde gegen den Briten ein. Sykes habe, als er in der letzten Runde des zweiten Laufes von der Strecke abkam, abgekürzt und Guintoli stehe der Podestplatz zu.

Als hätten die Rennen nicht schon genügend Drama mit sich gebracht, ging es später weiter. Die Rennleitung sprach dem Franzosen recht zu. Doch Kawasaki legte direkt wieder Protest ein. Kämpfe auf der Strecke sind super, die Kämpfe über die Schreibtische der Verantwortlichen weniger. Aber was muss, das muss. Nicht dass es am Ende der Saison genau diese drei Punkte sind, die Guintoli zum Weltmeisterschaftstitel fehlen. Man weiß ja nie.

Allen Müttern dieser Welt: Herzlichen Glückwunsch zum Ehrentag, Foto: Sutton
Allen Müttern dieser Welt: Herzlichen Glückwunsch zum Ehrentag, Foto: Sutton

Überraschung des Wochenendes:

Als größte Überraschung am Monza-Wochenende darf wohl das gesamte Chaos gezählt werden. Zum einen die zahlreichen Stürze in der World Supersport, dazu drei Mal rote Flaggen, nicht ordentlich entferntes Öl, Fabien Forets noch immer ungeklärte Abwesenheit beim vierten Rennstart und der Sturz von Kenan Sofuoglu. Als würde dieses Durcheinander nicht reichen, begannen auch noch die Diskussionen nach dem zweiten Superbike-Rennen. Irgendwann ist doch wirklich mal Schluss.

Bonus des Wochenendes:

Zum Schluss gibt es von Pirelli noch etwas Balsam auf die geschundene Motorradfanseele: Der Reifenlieferant markierte die Qualifyer am Samstagnachmittag mit einer pinken Linie. Nicht etwa zur Verwirrung der Fahrer, sondern zur Erinnerung an alle, dass am Sonntag Muttertag ist. Pirelli erwies damit allen Müttern dieser Welt Respekt. Eine tolle Geste! Denn ob Rennfahrer, Teammitglied, Medienvertreter oder Fan - alle haben nur eine Mutter und sollten sie am Feiertag gebührend Ehren. Wir schließen uns mit Glückwünschen an alle Mütter der Welt und den Worten Georg Friedrich Wilhelm Hegels an: "Alles Gute, Große, Schöne der Menschheit nimmt seinen Ursprung unzweifelhaft aus mütterlichem Einfluß."