Die Kritik an der Entscheidung des DMSB ist riesig. Bei einer Sitzung am vergangenen Dienstag wurden Maßnahmen entschieden, die den Motorsport auf der Nordschleife kurzfristig sicher machen sollen. Neben einer Leistungssenkung um fünf Prozent und der Sperrung bestimmter Zuschauerbereiche, sorgte vor allem das Tempolimit für Unmut. Dirk Adorf, der selbst an der Sitzung des DMSB teilnahm, versuchte, die Fans an den Gründen der Entscheidung teilhaben zu lassen.

Neben Adorf nahmen auch weitere Rennfahrer und Motorsport-Experten an der Sitzung des DMSB teil, darunter Olaf Manthey, Christopher Haase, Volker Strycek, Marc Lieb, Thomas Jäger, Christopher Haase und Rolf Derscheid. "Ihr erkennt, es waren Experten, die wissen wovon Sie reden und allesamt für den Motorsport und die Nordschleife stehen", erklärte der BMW-Werkspilot auf seiner Facebook-Seite. "Dass der DMSB überhaupt zur Expertenrunde geladen hat, um sich beraten zu lassen, ob und wenn, wie es weitergehen könnte, empfinde ich für gut."

"Wer jetzt glaubt, dass ich grundsätzlich ein Freund aller Entscheidungen des DMSB bin, liegt falsch, denn auch ich hatte schon die ein oder andere, teils heftige Auseinandersetzung mit dem Deutschen Motorsport Bund", stellte Adorf jedoch auch klar. Allen Anwesenden wurde bei der Sitzung des DMSB unmissverständlich klar gemacht, worum es geht und was mit sofortiger Wirkung umgesetzt werden muss: Die höchstmögliche Sicherheit der Zuschauer und aller Beteiligten der Veranstaltungen.

Lösungen für 2016 gesucht

Auch wurde den Beteiligten klargemacht, dass es zu einer Lösung kommen musste: Sonst wären die gesperrten Klassen - darunter auch die GT3-Fahrzeuge - in diesem Jahr nicht mehr bei der VLN und dem 24-Stunden-Rennen an den Start gegangen. "Eine klare Ansage, die nicht ansatzweise zur Diskussion stand", berichtete Adorf. Eine Terminverschiebung für das 24-Stunden-Rennen stand nicht zur Diskussion.

Für 2016 sollen weitere Lösungen gefunden werden, Foto: Patrick Funk
Für 2016 sollen weitere Lösungen gefunden werden, Foto: Patrick Funk

"Eine mittel- und langfristige Lösung in verschiedenen Bereichen wird künftig in Arbeitskreisen und Gremien gesucht, damit es mittelfristig wieder zu einem 'normalen' Renngeschehen kommen kann, das ausdrücklich gewünscht wird", berichtete Adorf. Ein dauerhaftes Tempolimit soll somit ausgeschlossen werden. "Vermutlich wird die mittelfristige Lösung zur Saison 2016 greifen, wie auch immer diese dann aussehen wird."

Welche Möglichkeiten gab es?

Die Anzahl an Maßnahmen, die vor dem 24-Stunden-Rennen und somit innerhalb kurzer Zeit möglich sind, waren beschränkt. Bremsschikanen, die in kritischen Abschnitten auf der Strecken errichtet werden sollten, standen nicht zur Debatte. "Bremsschikanen waren nicht gewünscht, da diese im Rennen auch mal abgeräumt werden und zu kritischen Situationen führen könnten", verriet Adorf. Auch Änderungen an der Strecke sind kurzfristig nicht möglich.

"Es bleiben nur sehr wenige Möglichkeiten übrig!", erklärte Adorf. "Eine Code-60-hase vor den Gefahrenstellen wäre eine Möglichkeit, die sofort umgesetzt werden könnte, ein 'Tempolimit' in diesen Streckenabschnitten eine weitere. Andere Lösungsvorschläge, die kurzfristig umgesetzt werden könnten, wurden nicht gefunden."

Da Code-60-Phasen jedoch alle Fahrzeuge betreffen, entschieden sich die Verantwortlichen für die Einrichtung eines Tempolimits. "Es wurde nach einer Möglichkeit gesucht, unter der so wenige Fahrzeuge wie möglich zu 'leiden' haben", erklärte Adorf. Alle Experten waren sich einig, dass die maximal vertretbare Geschwindigkeit am kritischen Streckenabschnitt Flugplatz 200 Stundenkilometer beträgt.

"Ihr müsst davon ausgehen, dass auch die Nachteile einer solchen Lösung mit in die Diskussion eingeflossen sind", ließ Adorf hinter die Kulissen der DMSB-Sitzung blicken. Ist es der richtige Weg zu mehr Sicherheit? Wie wird die Geschwindigkeit überwacht? "Ich hoffe ihr erkennt spätestens jetzt, dass es nicht viel Spielraum für andere Möglichkeiten gegeben hat."

Die Senke nach der Döttinger Höhe birgt großes Gefahrenpotenzial, Foto: Patrick Funk
Die Senke nach der Döttinger Höhe birgt großes Gefahrenpotenzial, Foto: Patrick Funk

Auf der Döttinger Höhe herrscht ab sofort ein Tempolimit von 250 Stundenkilometern. Auch hier wurden unterschiedliche Möglichkeiten diskutiert, um die Geschwindigkeit in der folgenden Senke vor der Hohenrain-Schikane zu kontrollieren. "Mit dieser Maßnahme hat man es zumindest geschafft, dass die kleineren Klassen nicht betroffen sind", begründet der BMW-Pilot die Entscheidung. "Auch hier wurde das Für und Wider diskutiert, die Sicherheit hinterfragt und auch die Überwachung." Die 250 Stundenkilometer werden durch eine Schleife in der Rennstrecke überwacht.

Zuschauerbereiche gesperrt

Gefährdete Zuschauerbereiche sollen in Zukunft vorsichtshalber gesperrt werden. "An den Streckenabschnitten Flugplatz und Schwedenkreuz soll künftig durch Personal sichergestellt werden, dass keine Zuschauer in unmittelbarer Nähe zur Rennstrecke stehen werden", verriet Adorf.

In der Boxengasse herrscht künftig ein Tempolimit von 30 Stundenkilometern. "In meinen Augen ein sehr vernünftiger Entschluss, es war nur eine Frage der Zeit, bis hier jemand zu Schaden kommen würde", so Adorf. "Klar ist auch mit 30 Stundenkilometern nicht garantiert, dass es zu keinen Zwischenfällen kommt, aber es senkt die Gefahr doch drastisch."

Ohne Lösung: Feierabend!

"Ich hoffe ihr habt jetzt einen Eindruck davon, was in dieser Sitzung des DMSB besprochen wurde und welch geringe Möglichkeiten es überhaupt gegeben hat, um eine Saison 2015 mit allen Fahrzeugen zu gewährleisten", bilanzierte Adorf. "Abschließend möchte ich sagen, dass ich alle zunächst verstehen kann, die diese Lösung nicht gut finden. Motorsport und Tempolimit passen nicht zusammen."

"Mit dem jetzigen Hintergrundwissen wird es hoffentlich deutlich verständlicher, worum es hier ging und was es zu entscheiden galt!", erklärte der BMW-Pilot. "Mir persönlich wäre es, wie allen anderen der Sitzung auch, ohne irgendwelche Limits lieber gewesen, aber das war nicht möglich. Egal was entschieden worden wäre, egal wie eine andere Lösung ausgesehen hätte, für den Motorsport wäre diese zunächst falsch. Doch hier ging es um weit mehr als 'nur' den Motorsport."

"Ich bin heilfroh, dass überhaupt eine Lösung gefunden wurde, ohne diese wäre für viele von uns Feierabend gewesen!", atmete Adorf auf. "In meinen Augen wurde eine Lösung gefunden und verabschiedet, die für die Fahrer, für die Teams, für die Fans/Zuschauer und für den Motorsport steht, auch wenn Sie allen nicht gefällt. Es hätte ganz anders ausgehen können und es war kurz davor, dass dies geschehen wäre. Das solltet ihr bitte bei aller Diskussion nicht vergessen."

"Lasst uns gemeinsam das Beste aus der Situation machen", mahnte Adorf. "Ich würde mir sehr wünschen, dass wir uns wieder auf unseren Sport konzentrieren können, diesen unterstützen und durch gute Ideen für eine mittel- und langfristige Lösung wieder zu dem Motorsport auf der Nordschleife zurückfinden, wie er bis vor einigen Wochen war, ohne das die Strecke darunter leiden muss. Ich möchte auch in Jahren noch mit leistungsstarken Traumautos über die Nordschleife fahren können, ohne Limits und ich glaube, das wollen viele von euch auch."