Der neue MotoGP-Weltmeister Jorge Lorenzo hat dieser Saison seinen Stempel aufgedrückt. Das wird nicht nur durch die Anzahl seiner Siege deutlich, oder durch den neuen absoluten Punkte-Rekord aller Klassen. Für mich viel mehr, weil Jorge Lorenzo im Kopf über den Rest der Spitzenpiloten dominiert hat.
Viele werden jetzt sagen: "Es lag ja nur an der Verletzung von Valentino Rossi." Schön und gut, lasse ich aber nicht gelten. Der tragische Sturz von "il dottore" in Mugello war ein waschechter Fahrfehler. Und wie wir alle wissen, macht der Mensch nun mal unter erhöhtem Druck gerne Fehler. Das gilt auch für Valentino Rossi, auch wenn seine Fehlerquote eigentlich verschwindend gering ist.
Jorge Lorenzo war zu diesem Zeitpunkt der Saison auf seinem höchsten Niveau. Wie eine Bestie holte er sich Sieg um Sieg und man musste nur in seine Augen sehen, wie entschlossen er war. Das war eigentlich immer die Stärke von Vale, aber Lorenzo ist ein anderes Kaliber als Sete Gibernau oder Max Biaggi.
Beim letzten Rennen in Valencia war Jorge wieder die Bestie vom Saisonstart. Der Titel gesichert, nichts zu befürchten oder zu verlieren. Er wollte wieder den Sieg und zwar um jeden Preis. Zu diesem Killerinstinkt kommt nun über den Winter noch eine Portion Selbstvertrauen und Erfahrung. Liebe MotoGP-Fahrer ich wünsche euch viel Glück im Jahre 2011, das werdet ihr brauchen im Kampf mit Jorge Lorenzo.
Valentino Rossi hatte 2010 sein schlimmstes MotoGP-Jahr. Die erste große Verletzung und dann noch der Titelgewinn vom eigenen Teamkollegen. Das muss auch unsere Ausnahmekönner erst einmal verkraften. Zudem kam für ihn nach und nach die Gewissheit, dass er das allererste Mal in seiner Karriere nicht mehr den Ton auf seinem eigenen Bike angeben konnte.
Jorge Lorenzo war, wenn auch nur im Zehntelbereich, meistens schneller und das dann auch noch recht konstant. Die Nummer 46 hatte zwar auch wieder seine Glanztage, aber ein Valentino Rossi ist aus seiner eigenen Vergangenheit gewohnt, viele Sternstunden pro Saison zu haben. Nicht nur einige Wenige.
Das Comeback am Sachsenring war der Wahnsinn und der Sieg in Sepang zeigte ganz klar, dass Vale noch nicht zum alten Eisen gehört. Unvergessen der schöne Zweikampf mit Jorge Lorenzo in Motegi, wo sich der erfahrene Meister zauberhaft durchsetzen konnte. Seine Reise geht zum Glück weiter in der MotoGP. Zumindest einmal zwei weitere Jahre mit der Ducati Desmosedici. Viel Arbeit liegt aber wieder vor dem neunfachen Champ und ich glaube persönlich daran, dass die größte Herausforderung seiner Karriere jetzt gerade erst begonnen hat.
Seine Herausforderer stehen auf jeden Fall schon Schlange. Casey Stoner konnte diese Saison zwar nicht permanent glänzen, aber wenn "Rolling Stoner" gut drauf ist, braucht man schon ein extrem langes Lasso, um den schnellen Australier einzufangen. Er wird im Jahr 2011 Teamkollege von Dani Pedrosa und das bedeutet für uns, dass wieder einmal zwei Top-Fahrer, die sich nicht riechen können, nebeneinander in der Box Platz nehmen.
Ohne die Teamstrukturen von Honda für die kommende Saison zu kennen, sage ich mal eben voraus, dass auch diese Box eine schöne werbewirksame Trennwand schmücken wird. Pedrosa und Stoner werden sich nicht Tag täglich in die Augen sehen, oder ich als euer Experte fresse mal wieder einen kleinen Besen. Dani Pedrosa wünsche ich eigentlich nur einmal eine verletzungsfreie Saison und der kleine Spanier wird brandgefährlich sein.
Dazu kommt, als Motivationsschub, das australische Känguru und eine überaus schlagkräftige Honda. Ein aufmüpfiger Ben Spies als neuer Teamkollege vom Weltmeister und weitere heiße Eisen wie Marco Simoncelli und Andrea Dovizioso. 2011 wird ein tolles MotoGP-Jahr und endlich muss sich unser Auge einmal an neue Farben gewöhnen - der Winter wird allerdings lang und hart für alle MotoGP-Junkies.
Ich freue mich auf jeden Fall aufs nächste Jahr. Wie schlägt sich Valentino Rossi auf Ducati? Kann Casey Stoner bei Honda die neue Nummer eins werden? Schafft es Dani Pedrosa doch noch zum langersehnten MotoGP-Titel? Oder gibt es eine faustdicke Überraschung, die wir jetzt noch nicht auf dem Schirm haben? Viele spannende Fragen! Die Antwort gibt es dann 2011.
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