Das war sie also, die Weltpremiere der MotoE. Die Begeisterungsstürme lassen auf sich warten, denn für den neuen "World Cup" war es am Sachsenring ein eher holpriger Start.

An der Strecke bekam abseits von Start/Ziel niemand mit, dass das Rennen überhaupt gestartet war, da der Streckensprecher mit der üblichen Aufwärmrunde rechnete. Die gibt es in der MotoE aber gar nicht, weil man aufgrund der geringen Reichweite der Bikes jede Runde in die ohnehin kurze Renndistanz quetschen muss. Hinzu kam, dass auch akustisch niemand den Rennstart wahrnehmen konnte, weil die E-Bikes eben kaum Geräusche von sich geben.

Ebenso abrupt kam das Ende, als nach einem Unfall von Lorenzo Savadori nach nur sechs Runden abgebrochen werden musste. Ein Prozedere, auf das sich die Motorrad-Fans in den Elektro-Rennen wohl öfter einstellen müssen. Denn mit havarierten Energicas ist die Sache mit der Bergung nicht so einfach.

Die Gefahr von Stromschlägen besteht ebenso wie die Möglichkeit, dass es zu einem Brand der Batterie kommt. Die Marshalls mussten deshalb vor dem Wochenende eine rund dreistündige MotoE-Einschulung über sich ergehen lassen, wie mir einer der Streckenposten am Sachsenring erzählte. Zwischen Veranstalter und Dorna soll es im Vorfeld rund 20 Sicherheitsbriefings gegeben haben, in denen es nur um die neue Elektro-Serie ging.

Viel Aufwand für Veranstalter

Für eine fünfstellige Summe musste neue Ausrüstung angeschafft werden, denn die Sicherheit der MotoE mit ihren ganz eigenen Anforderungen - von Spezialhandschuhen bis Spezialabschleppvorrichtung - muss vom Veranstalter gestellt werden. Die Dorna bringt lediglich fünf spanische Feuerwehrmänner mit Spezialausbildung an die Rennstrecken, die in Härtefällen eingreifen, sobald es für die Marshalls zu gefährlich wird.

Brennende E-Bikes werden übrigens nicht an der Strecke gelöscht, sondern von der Spezialtruppe in brennendem Zustand abgeschleppt und in einer Sicherheitszone abseits der Strecke behandelt. Denn das Löschen von Batteriebränden ist eine langwierige und komplizierte Sache und die Dorna will sich von der MotoE nicht den straffen Zeitplan für den Rennsonntag versauen lassen.

Dieser Zeitplan hatte am Donnerstag und Freitag geradezu einen MotoE-Overload für uns Journalisten parat. Ganze drei Pressekonferenzen veranstaltete man an diesen beiden Tagen, doch das Interesse der Journalisten war enden wollend. Während aus dem angloamerikanischen und deutschsprachigen Raum immerhin ein paar Kollegen anwesend waren, fehlte die spanische und italienische Presse bei diesen Terminen beinahe komplett.

Dabei stellen diese beiden Nationen die mit Abstand größte Fraktion im Media Center, weil ihre Leser eben die beiden größten Kernmärkte der Motorrad-Welt sind. Ohne Rückendeckung in Spanien und Italien wird die Elektro-Serie den Durchbruch nur schwer erringen können. Bleibt abschließend aber die Frage, ob die Dorna sich diesen Durchbruch überhaupt wünscht.

Ein Abwehrmanöver der Dorna?

Denn in den Wortmeldungen von Carmelo Ezpeleta an diesem Wochenende hielt sich die Euphorie in Grenzen: Wir machen das mal und warten ab, was da konkret auf uns zu kommt - so lautete in etwa der Tenor seiner Aussagen. Man wird das Gefühl nicht los, dass die Dorna diese neue Elektro-Serie nur deshalb einführte, damit ihr niemand zuvorkommt. Auf ihrem Weg zur Motorrad-Weltherrschaft, die neben MotoGP und Superbike-WM mittlerweile auch einen Großteil des globalen Nachwuchs von Red Bull Rookies Cup bis Asia Talent Cup umfasst, ist Konkurrenz nicht erwünscht.

Das angekündigte Nachhaltigkeitskonzept sucht man bislang übrigens vergeblich. Statt mit "erneuerbaren Energien" werden die Elektro-Motorräder aktuell mit guten, alten Dieselgeneratoren geladen. Ein Etikettenschwindel der Extraklasse, auch wenn die Verantwortlichen Besserung gelobten.

In ihrem aktuellen Zustand hat mich die MotoE am Sachsenring überhaupt nicht begeistert. Es gibt noch viel Raum für Verbesserungen und die Zeit dafür muss man einer jeden neuen Rennserie zugestehen. Die Dorna wusste schon, wieso sie die neue Klasse als "World Cup" und nicht als vierte WM-Klasse einführt. Denn der Start am Sachsenring war auf jeden Fall ein holpriger.