Manche Motorradrennfahrer haben einfach unsagbar großes Talent, fahren aber lange Zeit dem großen Titel hinterher. So war es auch bei Hiroshi Aoyama bis zum heutigen Tag. Dass er zu den besten Piloten der Welt gehört und ordentlich aufgebaut wurde beweist schon, dass er im Jahre 2003 als WildCard-Pilot als Zweiter auf ein Grand Prix-Podium klettern durfte. Beim Saisonauftakt in jenem Jahr in Suzuka musste er sich nur dem späteren Weltmeister Manuel Poggiali geschlagen geben. Am Tag zuvor hatte sich Aoyama auch die Poleposition sichern können. Als er Anfang Oktober des selben Jahres beim Pazifik-GP in Motegi mit Rang fünf im Rennen wieder eine solide Leistung ablieferte, hievte ihn Honda gänzlich in die WM.

Den ersten Sieg gab es 2005., Foto: Repsol Honda
Den ersten Sieg gab es 2005., Foto: Repsol Honda

Seit 2004 ist Aoyama fester Bestandteil der Viertelliterklasse. Zwei Saisons fuhr er zunächst auf Honda, konnte dabei insgesamt vier Podestplätze holen. Seinen ersten Sieg holte er sich 2005 beim Heimrennen in Japan, die Saison beendete er als Vierter. Für 2006 stieg Aoyama auf KTM um. Damals hatten die Österreicher die 250er-Klasse gerade neu in Angriff genommen und Aoyama sollte gleich im ersten Jahr mit den Orangenen sein bestes Gesamtresultat einfahren. Zwar hatte er das Jahr zuvor auf Honda auch als Vierter abgeschlossen, doch holte er 2009 noch 13 Zähler mehr und hielt am Ende bei 193. Sieben weitere Podestplätze kamen in jenem Jahr noch hinzu, darunter Siege in der Türkei und, natürlich, in Japan. 2007 und 2008 konnte Aoyama seine Gesamtposition nicht verbessern. Dafür sammelte er aber weitere sechs Podestplätze in zwei Jahren, siegte 2007 auf dem Sachsenring und in Malaysia. 2008 blieb er sieglos und holte nur zwei zweite Plätze - in China und Sepang.

Vor der Saison war das Nichts

Gegen Ende der Saison 2008 stand Aoyama irgendwie vor dem Nichts. KTM stieg wütend aus der 250er-Klasse aus und schob als Begründung die Moto2-Entwicklungen zur Saison 2010 vor. Wo sollte nun der talentierte Japaner hin? Da er 2005 Honda den Rücken gekehrt hatte, war er mit ihnen eigentlich gebrochen. Eine Frage der Ehre - in Japan. Doch seitens der HRC zeigte man sich verständnisvoll, hatte man doch die Entwicklung der 250er und 125er-Maschinen zuvor eingestellt gehabt, und nahm das "verlorene Schaf" wieder in die eigenen Reihen auf. Dies sollte sich nicht als Fehler herausstellen.

Mit dem KTM-Ausstieg stand Aoyama vor dem Aus., Foto: Sutton
Mit dem KTM-Ausstieg stand Aoyama vor dem Aus., Foto: Sutton

Zwar wollte Honda diesen vermutlich letzten Titel, der auf einer Zweittakt-Maschine in der 250er-Klasse gewonnen werden konnte (2010 sind neben den neuen Moto2-Viertaktern weiterhin die aktuellen 250er-Maschinen zugelassen) und man nahm die Entwicklung wieder auf, doch war die Honda in vielen Punkten den Piaggio-Group Motorrädern weiterhin unterlegen. Gerade zum Beispiel in Sepang. Im Top-Speed lag man dort im Mittelfeld, verlor rund sieben km/h auf die stärksten Werks-Aprilias. Und trotzdem holte Aoyama, gemäß dem Motto "Fehlende PS werden durch Wahnsinn ersetzt" immer mehr aus der Honda heraus, als eigentlich ging. In Sepang rang er Marco Simoncelli spektakulär nieder und sicherte sich für das Finale in Valencia einen Vorsprung von 21 Punkten.

Absolut kein Feigling

Man kann es Mut nennen, man kann es aber auch Dummheit nennen. Beim alles entscheidenden letzten Rennen der 250ccm-Klasse in Valencia machte Aoyama nicht auf Sicherheit. Von Anfang an focht er an der Spitze mit, steckte kein wenig zurück. Es war, wie er es angekündigt hatte, ein weiteres Rennen. Nichts anderes. "Angriff ist die beste Verteidigung", hatte er gesagt. Und genauso verhielt er sich auch.

2009 zeigte er der Konkurrenz den Rücken., Foto: Ronny Lekl
2009 zeigte er der Konkurrenz den Rücken., Foto: Ronny Lekl

Für das Finale hätte kein Krimiautor ein besseres Drehbuch schreiben können - es war alles dabei. Simoncelli musste das Rennen gewinnen, um eine Chance auf die Titelverteidigung zu haben, Aoyama durfte nicht schlechter als auf Rang elf ins Ziel kommen. Simoncelli hatte sich gerade in Führung gesetzt, als Hiro in Kurve 1 den Notausgang nehmen musste. Er blieb sitzen und kam als Elfter wieder auf die Piste, wurde am Ende noch Siebter. Doch auch Simoncelli machte einen Fehler und stürzte.

Hiroshi Aoyama geht vermutlich als letzter Zweittakt-Weltmeister der 250er-Klasse in die Geschichte ein, da theoretisch nächstes Jahr auch neben den 600er-Viertaktern noch die aktuellen Bikes zugelassen sind. Ob die dann noch jemand fahren wird, bleibt aber fraglich. Fakt ist, dass Aoyama der letzte Weltmeister der 60-jährigen Geschichte der 250ccm-Klasse ist.