Kurz vor Ende des ersten Trainingstags zum Grand Prix von Katalonien rutschte Tom Lüthi in einer langsamen Linkskurve ins Kiesbett. "Jetzt wissen wir, wo am Vorderrad das Limit ist", hakte sein Cheftechniker Alfred Willeke den kleinen Zwischenfall ab. Denn von diesem harmlosen Ausrutscher abgesehen hatten Lüthi und sein Team einen perfekten Tag erlebt. Anstelle im Kampf gegen seine spanischen Rivalen kalkuliert abzuwarten, schaltete der 25jährige aus Oberdiessbach/Schweiz auf der 4,7 Kilometer langen Montmelo-Rennstrecke von der ersten Runde an konsequent auf Angriff und dominierte in Höhle des Löwen nahezu nach Belieben.

Nachdem er dem spanischen WM-Leader Pol Espargaro schon im ersten freien Training am Vormittag um über eine halbe Sekunde davongefahren war, verwies er den Briten Scott Redding am Nachmittag um 0,4 Sekunden auf den zweiten Platz und baute den Vorsprung auf Espargaro sogar noch weiter aus. Auch der vermeintlich favorisierte Marc Marquez kann bislang nicht mit Lüthis Rhythmus mithalten und belegt in der Gesamtabrechnung des ersten Tages vorläufig den 16 Platz. "Wir haben bei den Vorsaisontests konsequent an einer Basisabstimmung gearbeitet, die überall funktionieren sollte. Es sieht so aus, als hätten wir dieses Ziel erreicht - denn auch hier in Montmelo waren wir auf Anhieb schnell, ohne das Motorrad groß umzubauen", erklärte Willeke.

Die Pace stimmt

Lüthi sagte: "Bislang passt an diesem Wochenende wirklich alles zusammen. Ich fühle mich wohl auf dem Motorrad, die Pace stimmt, auch wenn es mich selbst überrascht hat, dass ich für lange Zeit so deutlich, mit über einer Sekunde Vorsprung, in Führung lag. Zum Trainingsende hin wollte ich diesen Rhythmus dann auch mit alten Reifen bestätigen, die schon an die 20 Runden drauf hatten. Ich wollte abermals eine Zeit von 1:46 Minuten fahren, und das war zu viel. In einer der langsamsten Ecken der ganzen Strecke bin ich dann bei rund 80 km/h ausgerutscht. Beim Reinfahren auf der Bremse habe ich schon gedacht, dass es nicht reichen könnte und dass ich die Bremse vielleicht lösen und in den Notausgang fahren sollte. Stattdessen blieb ich auf meiner Linie und habe es damit etwas übertrieben, wobei ich nicht tief gefallen bin, vielleicht 30 Zentimeter - kein Problem."

Weiter erklärte Lüthi: "Morgen geht es darum, konsequent weiterzuarbeiten und auf dem Erreichten aufzubauen. Denn obwohl wir an erster Stelle sind, gibt es immer noch einiges zu verbessern. Schon nach dem ersten Training habe ich Alfred Willeke eine Riesenliste an Dingen präsentiert, die noch nicht funktionieren und wo es noch nicht passt. Zurücklehnen und Ausruhen ist also nicht angesagt, auch weil ich damit rechne, dass die Gegner ebenfalls schneller werden. Marquez, Espargara und ein paar andere darf man hier in Spanien nicht abschreiben. Ich bin auf der Hut."