Er zählt jetzt zu den Gewinnern der 24 Stunden von Daytona: Marvin Kirchhöfer landete bei der 63. Auflage des Langstrecken-Klassikers im US-Bundestaat Florida den Sieg in der GTD-Klasse. Auf einer von AWA eingesetzten Corvette Z06 GT3.R setzte sich der gebürtige Leipziger zusammen mit seinen Teamkollegen Lars Kern, Matt Bell und Orey Fidani im Feld der 22 GT3-Boliden durch.

Nach 24 Stunden respektive 719 Runden überquerte die AWA-Corvette den Zielstrich mit nur 1,4 Sekunden Vorsprung vor dem Wright-Motorsport-Porsche 911 GT3 R um DTM-Pilot Ayhancan Güven und dessen Teamkollegen Adam Adelson, Polesetter Elliott Skeer und Tom Sargent.

Wie Kirchhöfer, Meister des ADAC Formel Masters 2012 und Deutscher Formel-3-Champion 2013, als eigentlicher McLaren-Werksfahrer überhaupt an das Corvette-Cockpit in Daytona kam und wie es in seiner Karriere weitergehen soll, erzählt der 30-Jährige im Interview mit Motorsport-Magazin.com.

Marvin, du kannst dich jetzt offiziell Sieger der 24 Stunden von Daytona nennen. Wie fühlt sich das an?
Marvin Kirchhöfer: Ich kann es kaum fassen! Ich wusste, dass wir uns in einer guten Position für das Rennen befinden. Die Corvette hatte sich das gesamte Wochenende bereits gut angefühlt. Aber bei all den Full Course Yellows und Re-Starts kann alles Mögliche passieren. Das haben wir diesmal ja auch wieder erlebt, als wir zwischenzeitlich auf den vierten Platz zurückgefallen waren. Unser Auto war stark im kurvigen Infield, aber gegenüber den Aston Martin und Porsche fehlte uns Speed auf den Geraden. Es hat aber am Ende gereicht. Daytona war für mich ebenso eine schöne Rückkehr in die Corvette nach meiner Zeit mit Callaway im ADAC GT Masters. Allerdings war es eine einmalige Angelegenheit, weil ich ja noch bei McLaren unter Vertrag stehe.

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Kirchhöfer, Kern und Co.: Daytona-Klassensieger mit der AWA-Corvette, Foto: Sam Cobb

Wie kam es eigentlich dazu, dass du hier trotz deines McLaren-Werksvertrags auf der Corvette Z06 GT3.R von AWA an den Start gegangen bist?
Marvin Kirchhöfer: Eigentlich war geplant, die gesamte IMSA-Saison mit dem Team Pfaff im McLaren 720 S GT3 zu fahren. Das ist aber leider aus den bekannten Gründen nicht zustande gekommen (Pfaff hat kurzfristig den Hersteller gewechselt und startet jetzt mit Lamborghini; d. Red.). Weil in Daytona kein McLaren am Start war, habe ich die Freigabe von unserem Sportdirektor Rob Bell - dem Bruder meines Teamkollegen Matt Bell - erhalten, dieses Rennen auf der Corvette zu bestreiten. Und mein früherer Pfaff-Teamchef Steve Bortolotti hat geholfen, den Kontakt zu AWA herzustellen.

Es war also dein eigener Wunsch, nochmal bei den 24 Stunden von Daytona anzutreten?
Marvin Kirchhöfer: Korrekt. Die 24 Stunden von Daytona zählen für mich zu den coolsten Rennen der Welt. Seit ich 2023 (P3 in der GTD-Klasse; d. Red.) hier zum ersten Mal gefahren bin, war ich hin und weg. Die IMSA-Meisterschaft finde ich sowieso klasse. Hier wird hart, aber fair gefahren. Und es dreht sich nicht alles um dieses BoP-Gerede, so wie in Europa. Klar, hier ist die Balance of Performance auch ein Thema. Mittels der Strategie, dem Benzin-Sparen und Boxenstandzeiten gibt es aber viele Szenarien, die die BoP etwas in den Hintergrund rücken lassen.

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Die Corvette Z06 GT3.R bei den 24 Stunden von Daytona, Foto: LAT Images

2012 hast du das ADAC Formel Masters gewonnen, 2013 die Deutsche Formel 3, 2016 bist du in der GP2 gestartet. Nach deinem Wechsel in den GT3-Sport konntest du allerdings nicht an die Titelgewinne aus der Formelzeit anknüpfen...
Marvin Kirchhöfer: Stimmt, aber es folgten einige Einzelerfolge. 2017 ist uns mit Black-Falcon-Mercedes der Pro-Am-Klassensieg bei den 24 Stunden von Spa gelungen. 2018 bin ich im ADAC GT Masters auf der Callaway-Corvette zusammen mit Daniel Keilwitz nur knapp an der Meisterschaft vorbeigeschrammt, da hatten wir ein bisschen Pech (Platz drei; d. Red.). Ein Jahr später sind wir mit dem Aston Martin von R-Motorsport bei den 12 Stunden von Bathurst zu Platz zwei gefahren, bevor ich 2022 in den Werkskader von McLaren aufgenommen worden bin. Als ich 2023 das Shootout beim Goodwood Festival of Speed mit dem McLaren Solus GT gewonnen habe, war das zumindest in der Motorsport-Community ein großes Thema. Letztes Jahr hatte ich mir mit Pfaff-McLaren in der IMSA mehr erhofft, aber aus unterschiedlichen Gründen war es nicht immer einfach. Der Sieg in Daytona ist jetzt schon etwas ganz Besonderes und die Rolex-Uhr würde ich nicht mal für 100.000 Euro verkaufen!

Wie geht es nach dem Daytona-Sieg für dich weiter?
Marvin Kirchhöfer: Ich würde mich freuen, weiter in der IMSA-Meisterschaft zu starten. Vielleicht hilft mir der Sieg in Daytona dabei. Mir gefallen die Langstrecken-Rennen einfach sehr gut. Du hast strategisch so viele Möglichkeiten, hier ein gutes Ergebnis einzufahren. Sicherlich gehört ein bisschen mehr Glück dazu als in anderen Meisterschaften, die Wave-by-Regel kann Vor- oder Nachteil sein. Das Racing selbst und die Qualität der Fahrer, auch der Respekt untereinander, sind hier schon cool. Die GT World Challenge ist auch eine klasse Meisterschaft mit einem extrem hohen Fahrer-Niveau, aber ein bisschen zu reguliert mit den Boxenstopp-Fenstern und der Boxenstandzeit. In der IMSA gibt es einige Anreize, wo man als Fahrer noch einen Unterschied machen kann.

McLaren-Werksfahrer Marvin Kirchhöfer, Foto: McLaren
McLaren-Werksfahrer Marvin Kirchhöfer, Foto: McLaren

Es halten sich seit einigen Jahren Gerüchte, dass McLaren ein eigenes LMDh-Hypercar für die Langstrecke bauen könnte. Wäre das ein Thema für dich?
Marvin Kirchhöfer: Von den Gerüchten habe ich auch gehört. In der Formel 1 läuft es für McLaren sehr gut, vielleicht hilft das ein bisschen (grinst). Aber wir wissen alle, dass es im Motorsport nicht immer so einfach ist. Man sieht ja, wie es bei manch anderem Hypercar-Hersteller so laufen kann.