Die wirtschaftlich schwierige Situation prägt in jüngster Vergangenheit den Motorsport. Wie beurteilt ihr die Situation der Nachwuchsfahrer im Allgemeinen und speziell bei euch?
Max Enderlein: Die Gesamtsituation ist zurzeit für alle Fahrer sehr schwierig, selbst für Piloten, die den Sprung in die WM schon geschafft haben. Die Sponsorensuche wird immer schwieriger, was den Weg in die WM nicht einfacher macht. Die finanziellen Probleme eines jeden Einzelnen sind die Hauptthemen unter uns Fahrern. Durch den hohen finanziellen Aufwand in unserem Sport werden viele Entscheidungen durch wirtschaftliche Zwänge bestimmt. Die vorangegangenen Leistungen der Fahrer stehen bei wichtigen Entscheidungen oft im Hintergrund.

Damien Raemy: Die Situation ist hier in der Schweiz zurzeit sehr schwierig. Allerdings geht es den Fahrern aus Deutschland, Österreich oder den Niederlanden auch nicht besser. Es ist egal, mit wem man redet, die Sponsoren werden immer weniger und die Kosten immer höher. Einzig die Hersteller von Energy-Drinks engagieren sich in ordentlichen Größenordnungen, allerdings können diese wenigen Firmen nicht eine Sportart komplett finanzieren.

Bryan Schouten: Auch in den Niederlanden gab es für alle Beteiligten schon bessere Zeiten. Die Kosten laufen aus dem Ruder und Sponsoren sind immer schwieriger zu finden. Im Vergleich zu Deutschland ist der Sport in unserem Land sehr klein, die Zuschauerzahlen sind viel geringer und die damit verbundene Sponsorensuche schwieriger. Außerdem habe ich mit weiteren Schwierigkeiten zu kämpfen, so gibt es bei uns mit Assen nur eine richtige Rennstrecke. Dadurch müssen wir oft nach Deutschland oder Belgien ausweichen, um zu trainieren oder zu entwickeln. Aber trotz aller Probleme bin ich mit meiner Situation sehr zufrieden. Ich bin in einem gut organisierten Team gelandet, in der die Zusammenarbeit gut funktioniert.

Wie gestaltet sich die Sponsorensuche? Welche Erfahrungen habt Ihr gemacht?
Max Enderlein: Die Gespräche und alles damit Verbundene stellt man sich am besten wie die Suche nach einer neuen Arbeitsstelle vor. Im Endeffekt ist es wie in jedem Bereich, dass sich die Chancen erhöhen, umso mehr Leute man kennt. Wir versuchen, alles im familiären Bereich zu regeln, da zum Beispiel mein Opa sehr viele Leute kennt. Wir sprechen mit potentiellen Interessenten und bieten ihnen dann unterschiedliche Pakete mit verschiedenen Umfängen an.

Bryan Schouten weiß, nur Erfolg alleine reicht nicht, Foto: IDM
Bryan Schouten weiß, nur Erfolg alleine reicht nicht, Foto: IDM

Damien Raemy: In der Schweiz ist die Sponsorensuche auf Grund unserer Gesetze eine etwas skurrile Begebenheit. Im Grunde geht man zu Firmen und fragt, ob man Geld bekommt, um etwas Verbotenes zu tun. Zuerst verschicken wir immer ein Dossier, ähnlich einer Bewerbung mit allen Daten über mich. In der Regel erhalten wir dann eine schriftliche Antwort und werden zu einem Gespräch geladen. Wir stellen uns persönlich vor und erklären unser Anliegen. Nationale Meisterschaften wie in Spanien oder Deutschland lassen sich durch die geringe Berichterstattung in der Schweiz natürlich schwer verkaufen. Das größte Interesse besteht zumeist an der WM. Wenn dann allerdings konkrete Zahlen genannt werden, sinkt das Interesse. Ich denke auch, dass sich die Bereitschaft für finanzielle Unterstützung in Zukunft nicht ändern wird. Dafür ist das Interesse der Medien in der Schweiz einfach zu gering.

Bryan Schouten: Wie gesagt, ein schwieriges Thema. Das Team und ich suchen eigentlich immer nach weiteren Sponsoren. In 99 von 100 Fällen bekommt man ein Nein oder ein Vielleicht, was aber auch als Nein zu werten ist. Wenn man Glück hat, stellt man eine Anfrage und erwischt einen Chef, der sich für Motorradsport begeistert. Das ist eigentlich die einzige Möglichkeit.

Ihr fahrt 2013 alle in der IDM. Wie ist die Serie einzuordnen? Lohnt sich der finanzielle Aufwand, speziell mit dem Ziel Weltmeisterschaft?
Max Enderlein: Die IDM gehört immer noch zu den besten Serien in Europa, kann aber aktuell mit der Entwicklung der CEV in Spanien nicht mithalten. Allerdings lassen sich die Bedingungen in Spanien schwer mit Deutschland vergleichen. Wenn das Ziel WM heißt, gibt es sicherlich einfachere Wege in die GP-Szene, zum Beispiel den Rookies Cup. Nach meiner Saison 2011 bei den Rookies war die IDM die einzige Möglichkeit, meine Karriere fortzusetzen. Für mich war es damals aber eine gute Alternative, da ich mit Luca und Florian starke Konkurrenz hatte und im Team der Freudenbergs gut untergebracht war.

Damien Raemy: Mein Ziel war es eigentlich, in Spanien zu fahren, da in dieser Serie das Niveau höher ist und sich die Chancen auf einen Einstieg in die WM erhöhen. Grundsätzlich ist die spanische Meisterschaft billiger und die Infrastruktur besser. In Spanien bekommt man zum Beispiel automatisch eine Box gestellt und die Startgelder sowie die Prämien unterscheiden sich positiv vom System der IDM. Allerdings ist der technische Stand der Bikes in der CEV einige Level höher. Um gegen die Juniorteams der spanischen Rennställe zu bestehen, braucht man ein extrem gutes Motorrad, was wieder mit erheblichen Kosten verbunden ist. Ich denke, die IDM bietet trotz der jüngsten Schwierigkeiten immer noch ein gutes Paket.

Bryan Schouten: Mein Ziel ist natürlich der Einstieg in die WM. Ich habe dazu den Weg über die IDM und die Meisterschaft in den Niederlanden gewählt. Die IDM besitzt eine gute Organisation, aber ein Titel ebnet nicht automatisch den Weg. Luca Grünwald ist da ein gutes Beispiel, er hat bereits zweimal eine Meisterschaft errungen, aber ohne Sponsoren gelingt trotzdem kein Aufstieg.

Wäre der Red Bull Rookies Cup eine Alternative für euch gewesen?
Max Enderlein: Ich habe 2011 eine Saison im Cup absolviert. Durch die Präsenz im Fahrerlager der WM ist der Einstieg natürlich leichter, die Teamchefs sehen dich vor Ort und können dein Durchsetzungsvermögen und deine Arbeitsweise besser beurteilen. Auch die Sponsorensuche steht nicht so im Mittelpunkt, da man nur die Reisekosten zu tragen hat. Allerdings sollte man eine Jockeyfigur besitzen und starke Nerven haben. Die Klasse ist extrem hart umkämpft und die Anzahl der Stürze sollte sich auch in Grenzen halten. Der psychische Druck ist um ein Vielfaches höher.

Damien Raemy hat es auch im Rookies Cup probiert, Foto: IDM
Damien Raemy hat es auch im Rookies Cup probiert, Foto: IDM

Damien Raemy: Ich war 2007 zur Ausscheidung dabei. Wir waren in sieben Gruppen unterteilt und ich war damals in meiner Gruppe an dritter Stelle und bin trotzdem nicht weitergekommen. Ich hatte den Eindruck, dass kein großes Interesse an einem Schweizer besteht und habe mich 2008 nicht noch einmal beworben. Im Bezug auf einen WM-Einstieg ist der Rookies Cup natürlich Gold wert, da bei entsprechenden Leistungen der Aufstieg vorprogrammiert ist. Allerdings gab und gibt es auch genügend Fahrer, die den Sprung über nationale Meisterschaften geschafft haben.

Bryan Schouten: Das lässt sich schwer beurteilen. Ich selbst habe mich zweimal beworben, bin aber nie durch die erste Selektion gekommen. Im Cup fährt man auf vielen WM-Strecken, das könnte natürlich ein Vorteil sein. Wenn ich nicht beim Dutch-Racing-Team untergekommen wäre, hätte ich vielleicht das Ziel Rookies Cup weiter verfolgt, aber nun bin ich so wie es ist sehr zufrieden. Das Ziel des Teams ist, Talente aus der Heimat weiterzubringen und den Einstieg in die WM zu ermöglichen. Diesen Weg über nationale Meisterschaften werden wir jetzt weitergehen.

Haben kleinere nationale Meisterschaften wie die IDM überhaupt noch eine Zukunft?
Max Enderlein: Es bleibt abzuwarten, wie sich die IDM mit dem neuen Promoter entwickelt und wohin sich das Reglement bewegt. Die Größe der Starterfelder hat sich in der Vergangenheit sehr negativ entwickelt. Das System mit den Gutscheinen für die jeweils darauf folgende Saison für erreichte Platzierungen finde ich schon sehr fragwürdig. Für mich persönlich ist die spanische Meisterschaft die interessanteste Serie. Man fährt gegen starke Konkurrenz und die Rennen werden live im TV übertragen. Allerdings ist die Serie für mich zurzeit nicht finanzierbar.

Damien Raemy: Ich hatte für 2013 Angebote aus Spanien und für die WM, die aber letztlich an den Finanzen gescheitert sind. So liegt meine Zukunft in der IDM. Ich setze große Hoffnungen auf die neuen Promoter. Die ersten Ansätze in der Superbike sind nicht schlecht. Wir werden sehen, wie sich die Dinge entwickeln, aber die IDM scheint auf einem guten Weg zu sein. Wichtig sind eine Reduzierung der Kosten und die Vergrößerung der Felder. Nur so lassen sich wieder mehr Zuschauer an die Strecke locken, das Interesse der Medien und der Industrie gewinnen und die Zukunft sichern.

Bryan Schouten: Das kann ich schwer beurteilen. Natürlich sehe ich, wie die Felder kleiner werden und das öffentliche Interesse ist nicht mehr so groß wie früher. Aber die nationalen Meisterschaften werden benötigt, um jungen Fahrern Praxis zu ermöglichen und sich zu zeigen. Ich glaube schon, dass die IDM ihre Daseinsberechtigung hat. Die Organisation ist gut, die Kurse entsprechen den internationalen Standards und das Niveau ist hoch. Wohin sich die Dinge aber genau hin entwickeln, bleibt abzuwarten.

Wie sieht eure Zukunft aus? Gibt es längerfristige Planungen?
Max Enderlein: Für die kommende Saison liegt der Fokus klar auf der deutschen Meisterschaft und eventuell ein paar Rennen in der spanischen Meisterschaft. Wildcardeinsätze in der WM erscheinen mir aufgrund der hohen Kosten für dieses Jahr eher unrealistisch. Für 2014 ist das Ziel, gemeinsam mit der Unterstützung des ADAC Sachsen in die spanische Meisterschaft einzusteigen.

Damien Raemy: Möglichkeiten gab und gibt es viele. Am liebsten wäre ich natürlich die WM gefahren. Für eine realistische finanzielle Planung braucht man allerdings etwas mehr Vorlauf und in verschiedene Teams größere Summen mitzubringen, erschien mir wenig sinnvoll. Ein mögliches Fernziel ist die spanische Meisterschaft, aber erst 2014. In dieser Saison werde ich mit einem eigenen Team, dem Swiss Racing Sports Team, in der deutschen Moto3 Meisterschaft starten.

Bryan Schouten: Träume, Planungen und Ziele gibt es immer, aber es spielen unglaublich viel Faktoren eine Rolle. Talent und Geld sind die wichtigsten Faktoren, aber wie im wirklichen Leben auch, braucht man noch dazu etwas Glück. Um eben dieses Quäntchen Glück zu erzwingen, benötigt es harte Arbeit an mir selbst, an der Technik oder der Infrastruktur des Teams. Ich denke, ich bin da zusammen mit Ryan van de Lagemaat beim Dutch Racing Team gut aufgehoben, so dass wir auch 2013 in der IDM und in den Niederlanden unsere Zusammenarbeit fortsetzen und einen erneuten Angriff auf die Titel in beiden Ländern starten.