Bei der 67. Ausgabe des 24-Stunden-Rennens in Spa-Francorchamps versammelt sich die Créme de la Créme des GT3-Sports. Wenn am kommenden Samstag um 16:30 Uhr die Starflagge fällt, werden sich fast 60 Fahrzeuge von elf verschiedenen Herstellern auf dem sieben Kilometer langen Kurs drängeln. Von diesen sind gleich 25 in der höchsten Wertung, der Pro-Kategorie, gemeldet. Einige sind mehr, andere weniger werksunterstützt, aber fast alle sind mit starken Trios bestückt.

Da in Spa-Francorchamps nach sechs, zwölf und 24 Stunden Punkte für die Blancpain-Endurance-Series (BES) vergeben werden, wurde auch schon in den letzten Jahren in der ersten Rennhälfte bei einigen Teams taktiert, da sich gerade in den ersten Stunden die Unfälle häuften. Das Wetter ist als sommerlich warm mit relativ niedriger Regenwahrscheinlichkeit vorhergesagt – aber das will in Spa nichts heißen.

Audi: Der ewige Favorit?

Seitdem die GT3-Klasse bei den 24 Stunden von Spa den Ton angibt, hat Audi drei von vier Rennen gewonnen. Lediglich 2013 stahl der HTP-Mercedes den Ingolstädtern die Show und den Sieg. In diesem Jahr treten 10 Audi R8 LMS an – davon gleich vier der neuen Generation. Ebenjene Version gewann bereits bei den 24 Stunden vom Nürburgring. Zudem sind es die beiden Top-Teams Phoenix und WRT, die für den Einsatz verantwortlich zeichnen und sehr starke Piloten in ihren Reihen haben: Die Favoritenrolle ist verteilt.

Die Fahrerkomposition liest sich bei Audi wie ein All-Star-Team der GT-Szene: Winkelhock/Rast/Vanthoor und Stippler/Ortelli/Müller für WRT sowie Mamerow/Mies/Thiim und Fässler/Lotterer/Rockenfeller für Phoenix. WRT setzt zusätzlich noch zwei ‚alte‘ R8 ein, von denen einer in der Pro-Am-Wertung startet und dort – natürlich – zu den Favoriten gehört. Obwohl Saintéloc Racing mit Guilvert/Sandström/Basseng und ISR mit Salaquarda/Bonanomi/Vervisch fähige Fahrer in ihren Reihen haben, wird es wohl schwer die Konkurrenz aus dem eigenen Haus zu schlagen.

In Spa tritt die neue Version des Audi R8 LMS (vorn) gegen den Vorgänger (hinten) an, Foto: Vision Sport Agency
In Spa tritt die neue Version des Audi R8 LMS (vorn) gegen den Vorgänger (hinten) an, Foto: Vision Sport Agency

Die Verfolger: Beamer, Benz or Bentley?

BMW ist in allen drei Kategorien vertreten: Für das meiste Aufsehen dürften jedoch die vier Z4 in der Pro-Wertung sorgen. Marc VDS hat beim Heimrennen zwei fähige Trios mit viel BMW-Prominenz gemeldet: Martin/Farfus/Werner sowie Palttala/Catsburg/Luhr lagen beim offiziellen Vortest auf den Plätzen eins und drei. Der ROAL-BMW hat mit Zanardi/Glock/Spengler wohl die bekanntesten Fahrer des Feldes am Steuer. Den einzigen Brasil-BMW pilotieren Jimenez/Fraga/Bueno. Auffälliger als die Langstreckenergebnisse, ist aber bislang die gelbe Lackierung gewesen.

ROWE und Black Falcon stellen je zwei solide besetzte SLS in der Pro-Wertung. Es ist das letzte Jahr des alten Flügeltürers, der 2016 abgelöst wird. Allerdings scheint den Besatzungen Sylvest/Jäger/Dontje und Bastian/Juncadella/Dusseldorp sowie Verdonck/Christodoulou/Simonsen und Al Faisal/Haupt/Buurman im Vergleich zur Konkurrenz ein kleines Bisschen reine Geschwindigkeit zu fehlen. Zuverlässigkeit und Erfahrung der beiden Teams sind jedoch über jeden Zweifel erhaben.

Immerhin vier Bentley Continental starten Spa. Entwickler M-Sport stellt mit Smith/Kane/Meyrick und Buhk/Soucek/Soulet die Werksabordnung, während HTP – immerhin Sieger 2013 – die Kundensportfahne mit Abril/Parisy/Primat in der Pro- und mit Hamprecht/Machiels/van Splunteren in der Pro-Am-Wertung hochhält. Smith/Kane/Meyrick sind aktuell Zweite der BES, während Buhk/Abril an gleicher Stelle in der BSS liegen. Wenn Bentley ein gutes Wochenende erwischt, dann ist mindestens ein Podestplatz drin.

Startet nur noch bei Großevents: Das Team Marc VDS mit BMW-Unterstützung (hier am Nürburgring), Foto: Sönke Brederlow
Startet nur noch bei Großevents: Das Team Marc VDS mit BMW-Unterstützung (hier am Nürburgring), Foto: Sönke Brederlow

Zwei Eisen im Feuer: McLaren, Lamborghini und Nissan

Lediglich zwei McLaren stehen nach dem Verschwinden einiger Attempto-Fahrzeuge auf der Meldeliste. Aber die Fahrerqualität der beiden 650S des Teams Von Ryan Racing ist beeindruckend: van Gisbergen/Estre/Bell gewannen dieses Jahr schon den BES-Lauf in Silverstone während das auf dem Papier überragende Trio Parente/Quaife Hobbs/Senna 2015 allerdings noch keinen Zähler einfuhr.

Nach dem Rückzug von Lago Racing ist Grasser Racing das einzig verbliebene Lamborghini-Team. Babini/Palmer/Mul gewannen zwar den BES-Lauf in Monza, aber nach der Disqualifikation lief es nicht mehr rund. Immerhin erzielte das Trio beim Vortest die zweitbeste Zeit. Zaugg/Bortolotti/Venturini verbuchten bislang zwar mehr Punkte als die Teamkollegen, blieben aber unauffällig. Ob der neue Huracán es bei seinem ersten Auftritt in Spa über die Distanz schafft, wird sich zeigen.

Nissan hat zwei verschiedene Teams in der Pro-Wertung: Der langjährige NISMO-Partner RJN tritt mit Buncombe/Reip/Chiyo an, die momentan die Fahrerwertung der BES nach dem Sieg beim 1000-Kilometer-Rennen in Le Castellet anführen. Molitor Racing Systems ist erst in diesem Jahr zu Nissan gewechselt und lernt das Auto immer besser kennen: Walkinshaw/Dolby/Plowman wurden beim Vortest Zehnter. Dass der GT-R auch über lange Distanzen erfolgreich sein kann, bewies Nissan in diesem Jahr mit einem Sieg bei den 12 Stunden von Bathurst. Bei RJN sind Sanchez/Paletou/Strauss/Pla auf den Gewinn der Pro-Am-Wertung angesetzt.

Einigen Grund für skeptische Blicke: Bei Bruno Senna und Von Ryan Racing passte 2015 noch nicht viel, Foto: Vision Sport Agency
Einigen Grund für skeptische Blicke: Bei Bruno Senna und Von Ryan Racing passte 2015 noch nicht viel, Foto: Vision Sport Agency

Ferrari-Dominanz in Pro Am und Am?

In der Pro-Wertung ist keiner der 13 Ferrari 458 Italia gemeldet, aber trotzdem ist das springende Pferd aus Maranello ein ‚dark horse‘ für den Gesamtsieg. Dies liegt an drei Teams, die 2015 auf Profi-Niveau fahren: AF Corse, Rinaldi Racing und Kessel Racing.

Der stärkste Ferrari von AF Corse mit Bruni/Lathouras/Lémeret/Pier Guidi ist am ausgeglichensten besetzt. Das Quartett Cameron/Griffin/Guedes/Rigon hat indes mehr Punkte und schon ein Gesamtpodium einfahren können. Einen Gesamtsieg in der BES erreichte Rinaldi Racing in Monza: Das schaffte zuvor kein anderes Pro-Am-Team. Mit Salikow/Siedler/Seefried/Vancampenhoudt sind drei Erfolgsgaranten der bisherigen Saison an Bord. Mit Broniszewski/Bonacini/Lyons/Piccini ist der Kessel-Ferrari mit der Startnummer 11 nicht nur für die Pro-Am-Klasse gut aufgetsellt.

Glorax Racing, das dominierende Team der Am-Kategorie, hat sich vom Rennen zurückgezogen und überlässt Kessel Racing mit Talbot/Rostan/Earle/Zanuttini bzw. AKKA-ASP mit Bourret/Gibon/Belloc/Polette die Aufgabe, den Boutsen-BMW mit Ojjeh/Grotz/Grogor/Oeverhaus bei den Amateuren zu besiegen.

Auch in Spa quantitativ stark vertreten: AF Corse und Ferrari. Dazu kommen noch Rinaldi und Kessel, Foto: Vision Sport Agency
Auch in Spa quantitativ stark vertreten: AF Corse und Ferrari. Dazu kommen noch Rinaldi und Kessel, Foto: Vision Sport Agency

Und sonst? Porsche, Aston Martin und Jaguar

Ein weiteres Mal könnte man den Eindruck bekommen, dass Aston Martin nur halbherzig in Spa vertreten ist. Oman Racing startet zwar in der Pro-Wertung, aber das Trio AlHarthy/Adam/Llyod gehört zu den schwächeren. Besser sieht es bei Leonard Motorsport in der Pro-Am-Klasse aus, die mit Leonard/Meadows/Mücke/Onslow Cole vergleichsweise gut aufgestellt sind.

Die beiden Porsche des Feldes duellieren sich in der Am-Kategorie – was einiges über die Lage der Zuffenhausener in der GT3-Szene aussagt. Da Delahaye Racing bislang wenig Zählbares produzierte, ist der 911 GT3-R von Attempto mit Häring/Kostandinou/Schmickler erheblich stärker einzuschätzen. Immerhin liegt das Team aus Hannover auf Platz vier der Am-Wertung in der BES.

Als einer der letzten verbliebenen privaten GT3-Tuner gebührt Emil Frey Respekt. Mit Barth/Frey/Gardel/Hirschi geht das Team aus der Schweiz ins Rennen um die Pro-Am-Wertung. Beim Vortest sorgte der tiefblaue Jaugaur mit dem zehnten Platz für erstaunte Gesichter. Zuverlässigkeit war allerdings noch nie ein Markenzeichen der Wildkatze aus den Alpen…

Was von Attempto übrig blieb: Der verbliebene Porsche hat in der Am-Klasse keine schlechten Chancen, Foto: Vision Sport Agency
Was von Attempto übrig blieb: Der verbliebene Porsche hat in der Am-Klasse keine schlechten Chancen, Foto: Vision Sport Agency

Der Zeitplan für die 24 Stunden von Spa-Francorchamps

Bronze-Test: Dienstag, 15:00 bis 18:00 Uhr
Training Donnerstag, 12:00 bis 13:00 Uhr
Vor-Qualifikation: Donnerstag, 18:10 bis 19:10 Uhr
Qualifikation: Donnerstag, 20:30 bis 21:45 Uhr
Nacht-Qualifikation: Donnerstag, 22:15 bis 23:45 Uhr
Superpole: Freitag, 15:30 bis 15:45 Uhr
Rennen: Samstag, Start um 16:30 Uhr

Exklusive Interviews bei Motorsport-Magazin.com

In der Woche vor den 24 Stunden hat Motorsport-Magazin.com eine Vielzahl deutschsprachiger Fahrer und Teamchef zu exklusiven Interviews im Vorfeld des Rennens getroffen. Am heutigen Montag geht es los.