Offenbar sollte es von Anfang an irgendwie nicht sein, dass ich in der GP2 Asia Serie gewinne - was jetzt beim Finale in Dubai passiert ist, war ja nur noch das Tüpfelchen auf dem i in dieser Reihe von Pleiten, Pech und Pannen. Unser Boxenstopp-Desaster, das mich im ersten Rennen dort einen souveränen Sieg gekostet hat, hat ja wohl einige sarkastische Bemerkungen gerade bei unserer Konkurrenz ausgelöst, aber wenigstens bin ich persönlich absolut nicht die Zielscheibe…

Seine eigene Box wurde Bruno Senna zum Verhängnis, Foto: Sutton
Seine eigene Box wurde Bruno Senna zum Verhängnis, Foto: Sutton

Wie es dazu kommen konnte, ist gar nicht so einfach zu sagen. Tatsache ist: Ich wollte, als ich mit etwa zehn Sekunden Vorsprung zum Stopp kam, die beiden linken Reifen gewechselt haben, weil auch der vordere da stärkere Abnutzungserscheinungen zeigte. Ich habe das auch mit "left - left" gefordert, das kam aber über den Funk bei meinem Renningenieur Gavin Jones wohl nicht richtig an, der hat den Mechanikern gesagt, beide Hinterreifen zu wechseln, die waren irritiert, ich habe mich im Auto darauf konzentriert, ihnen zu zeigen, sie sollten doch links vorne auch wechseln, dadurch gar nicht gemerkt, was hinten passiert ist - und das Ende vom Lied war eben, dass der Lollipop hochging und ich weggefahren bin, obwohl nur ein Reifen, der linke Hinterreifen, gewechselt worden war.

Natürlich sagt, man, dass das etwas ist, was eigentlich nie und nimmer passieren darf und es ist besonders bitter, wenn es in einem Rennen passiert, das wir ganz locker und überlegen gewonnen hätten und das uns so noch alle Chancen auf den "Geldtitel" in der Teamwertung und für mich auf den Vizemeistertitel eröffnet hätte. Es bringt dann aber auch nichts, sich wahnsinnig aufzuregen und den Leuten Vorwürfe zu machen. Die Jungs waren ja selbst alle fürchterlich geknickt, konnten sich auch nicht wirklich erklären, wie das ganze passieren konnte. Es war sicherlich ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren, von akustischen Missverständnissen über Unsicherheit gerade bei den noch unerfahrenen Mechanikern, die in der Asienserie zum Einsatz gekommen sind, bis zu einem gewissen Panikfaktor, der dann in solchen Situationen oft ins Spiel kommt… Wichtig ist, dass wir jetzt alle daraus lernen, damit so etwas auf keinen Fall noch einmal passieren kann. Wir haben uns schon am Abend in Dubai über neue Prozeduren und Ablaufpläne unterhalten, die in Zukunft mehr Sicherheit und Klarheit in die gesamte Boxenstopp-Phase zu bringen und wir werden auch in England vor dem Start in die Europasaison in Barcelona noch einige Meetings haben…

Nachdem sich dann auch noch herausstellte, dass unsere "Rettungsaktion" mit dem zweiten Boxenstopp kurz vor Schluss vergeblich war, weil man laut Reglement anscheinend auf jeden Fall beide Reifen bei einem Stopp wechseln muss, war natürlich auch das zweite Rennen am Samstag schon völlig kaputt. Denn durch die Disqualifikation habe ich ja nicht nur meinen Punkt für die schnellste Rennrunde am Freitag verloren, sondern musste dann auch am Samstag statt von Platz neun von ganz hinten starten, und da ist in dem kurzen Sprint natürlich nicht mehr viel zu machen. Vor allem nicht, wenn dann auch noch fünf Runden hinter dem Safety-Car dazukommen, nachdem ich mich in den ersten fünf Runden schon von Platz 25 auf 13 vorgekämpft hatte, und ich dann nach dem Neustart wieder vier Plätze verliere, weil Roldan Rodriguez mir ziemlich unnötig ins Auto fährt und mich so weit raus schiebt, dass ich auch noch ein Bremspunkt-Anzeigeschild mitgenommen habe…

Für mich bleibt als Trost nur, dass ich am Freitag endlich mal für alle sichtbar zeigen konnte, zu was wir in der Lage sind, wenn ich mal einigermaßen problemlos von vorne fahren kann. Nachdem ich da einmal an Grosjean vorbei war, konnte ich unseren Rennspeed ja so richtig ausspielen und alle anderen ziemlich stehen lassen. Und diesen Speed haben wir ja praktisch immer gehabt, ich konnte ihn nur selten zeigen, weil halt dauernd etwas anderes war, Reifenschaden, die komische Strafe in Sentul, die Boxen-Strategie und der Defekt in Bahrain.. Mir selbst muss ich nur das erste Rennen in Malaysia ankreiden, wo ich selbst Fehler gemacht habe, ansonsten habe ich meine Leistung immer gebracht. Außerdem hoffe ich, dass wir jetzt wirklich allen Mist und alle Fehler in der Asien-Serie abgearbeitet und abgeliefert haben und es dann in Europa problemlos läuft und wir unser Potenzial auch entsprechend umsetzen können…

Ein langer Weg zum GP2 Titel steht bevor., Foto: Hartley/Sutton
Ein langer Weg zum GP2 Titel steht bevor., Foto: Hartley/Sutton

Ich selbst tue jedenfalls alles dafür, in Barcelona perfekt vorbereitet an den Start zu gehen. Ich absolviere jetzt noch einmal ein fünftägiges Fitnessprogramm in den Alpen, in der Nähe von Grenoble, obwohl meine Werte generell schon recht gut sind, so liegt mein Körperfettanteil nur noch bei neun Prozent… Aber bei diesem Programm geht es jetzt es vor allem um Cardio-Training, also um Ausdauer, und wenn ich noch irgendwo leichte Defizite habe, dann eher da als im Kraftbereich. Aber das war schon immer so, dass mir das weniger gelegen hat, das hängt wohl auch mit meinen körperlichen Voraussetzungen, mit der Muskelzusammensetzung, zusammen, die ja genetisch vorgegeben ist. Deshalb muss ich halt verstärkt an der Ausdauer arbeiten - im Sommer möchte ich ja auch mal aus Spaß bei einem Triathlon mitmachen und da testen, was ich so erreicht habe…