Edoardo Mortara bleibt bei enormer Hitze cool und gewinnt den E-Prix in Marrakesch. Auf dem sandigen Circuit International Automobile Moulay El Hassan konnte der Schweizer zur Halbzeit die Führung übernehmen. In einer heißen Schlussphase verspielte das DS-Team den Sieg mit einer gewagten Stallorder. Antonio Felix da Costa beendete das Rennen auf dem zweiten Platz, in letzter Sekunde musste Jean-Eric Vergne den dritten Platz an Jaguar-Mann Mitch Evans abgeben.
Zur Halbzeit lag da Costa nur wenige Zehntel hinter Mortara. Dennoch entschied sich das Team für einen internen Führungswechsel und tauschte in Turn sieben die Positionen der beiden Fahrer. Kurz vor Schluss war jedoch klar - mit einem leicht beschädigten Boliden würde es Vergne nicht an die Spitze schaffen. Das Team drehte die Positionen erneut um, für eine Aufholjagd war es allerdings zu spät. Mortara konnte das Rennen mit einem Abstand von über zwei Sekunden zu Ende fahren und Vergne verlor auch noch den Podestplatz.
"Wenn du vorne bist, hast du enormen Druck von hinten. Wir haben uns aber gut auf das Rennen vorbereitet", sagte Sieger Mortara nach dem Rennen. "Es ist noch zu früh über Weltmeisterschaften zu reden, es sind noch sechs Rennen. Trotzdem ist es natürlich gut jetzt schonmal auf einer guten Position zu sein", so der neue WM-Führer weiter.
Das Rennen auf dem 2,971 Kilometer langen Kurs mit zwölf Kurven bot Spannung von Anfang bis Ende. Der E-Prix in Marokko lieferte spektakuläre Aufholjagden und einige kaputte Karbon-Teile. Außerdem konnte Stoffel Vandoorne Schadensbegrenzung betreiben und nach einem Defekt im Qualifying von P20 in die Punkteränge fahren - P8 für den Mercedes-Piloten.
Aus deutscher Sicht lief das Rennen jedoch verhalten. Pascal Wehrlein beendete das Rennen auf Platz 12, Andre Lotterer konnte von der letzten Startposition nur auf P15 nach vorne fahren und Geburtstagskind Maximilian Günther beendete das Rennen nach einem Crash frühzeitig.
Die Gesamtwertung nach 10/16 Rennen: Edoardo Mortara übernimmt mit 139 Punkten die WM-Wertung. Auch Jean-Eric Vergne rutscht mit 128 Punkten an Stoffel Vandoorne (125 Punkte) vorbei. Mitch Evans (124 Punkte) bleibt vor Robin Frijns (81 Punkte) auf Platz vier. Antonio Felix da Costa (75 Punkte) springt von Platz zehn auf Rang sechs und drängt Nyck de Vries (73 Punkte) damit auf Platz sieben. Lucas di Grassi (66 Punkte) überholt die beiden Porsche-Piloten Andre Lotterer (59 Punkte) und Pascal Wehrlein (55 Punkte) und ist damit auf Tabellenplatz acht.
Formel E in Marrakesch: So lief die Hitzeschlacht
Die Startaufstellung: Antonio Felix da Costa startete das Rennen in Marrakesch von der ersten Position. Der DS-Techeetah-Pilot triumphierte im Qualifying-Finale gegen den zweitplatzierten Edoardo Mortara. Aus der zweiten Startreihe gingen Jean-Eric Vergne auf P3 und Pascal Wehrlein auf P4 ins Rennen. Von den Positionen fünf bis zehn starteten Jake Dennis, Mitch Evans, Oliver Askew, Nick Cassidy, Nyck de Vries und Lucas di Grassi. Sebastien Buemi kassierte für eine Kollision mit de Vries im ersten Training eine 3-Platz-Strafe und rutschte auf Platz 17. Dahinter startete Nissan-Kollege Maximilian Günther. Die letzten drei Positionen belegten Stoffel Vandoorne nach Bremsproblemen im Qualifying, Antonio Giovinazzi, der keine Rundenzeit setzte, und Andre Lotterer, dessen Rundenzeiten in der Qualifikation gelöscht wurden.
Das Wetter: Wie erwartet war der Marrakesch E-Prix eine wahre Hitzeschlacht! Mit einer Lufttemperatur von 32 Grad Celsius und einer Asphalttemperatur von 52 Grad Celsius wurden Fahrer, Boliden und vor allem die Reifen hart beansprucht. Die Luftfeuchtigkeit hielt sich mit 36 Prozent im Rahmen und auch der Wind machte keine Probleme - stehende Luft bei Geschwindigkeiten von null km/h.
Der Start: Geordneter Start an der Spitze. Da Costa, Mortara und Vergne kamen gut weg. Mortaras Räder standen zwar beim Anbremsen auf Turn 1 kurz, er blieb aber auf der zweiten Position. Dahinter flog das Karbon. In Kurve drei wurde Evans von einem Andretti-Boliden in die Bande gedrückt, konnte das Rennen jedoch fortsetzten. Verlierer des Starts war Pascal Wehrlein. Der Porsche-Pilot wurde auf Platz sieben zurückgereicht. Dan Ticktum beschädigte in der ersten Runde offensichtlich sein Auto, der Brite wurde an die Box gerufen.
Die erste Rennhälfte: Vergne, da Costa und Lotterer aktivierten als erste in Kurve drei den verpflichtenden Attack-Mode. Eine Runde später aktivierte auch Mortara die Zusatzpower. In Marrakesch mussten alle Piloten statt der gewohnten 2x4 Minuten den Attack-Mode 2x3 Minuten verwenden.
Dann wollte auch Nick Cassidy die Zusatzpower freischalten. Beim Versuch kam der Neuseeländer jedoch zu weit raus und drehte sich in der sandigen Auslaufzone. Eine große Überraschung lieferte Oliver Rowland. Der Mahindra-Pilot startete von Platz elf, konnte sich mit aktiviertem Attack-Mode jedoch zwischenzeitlich bis auf P2 nach vorne kämpfen. Als der Brite an da Costa vorbei wollte, krachte es leicht - beide Boliden blieben ohne große Schäden. Währenddessen ging alles schief bei Zweifach-Champion Vergne. Der DS-Pilot fiel auf Position sechs zurück.
Vandoornes Bremsprobleme aus dem Qualifying schienen im Rennen wie weggeblasen zu sein. Der Mercedes-Mann kämpfte sich in kürzester Zeit von der 20. Auf die 12. Position nach vorne. Dabei überholte der Belgier sogar den auf Platz 13 zurückgefallenen Pascal Wehrlein. Teamkollege Lotterer konnte mit aktiviertem Attack-Mode vom letzten auf den 15. Platz fahren.
Verne, frustriert von der schlechten Position, versuchte es gegen Jake Dennis mit der Brechstange und krachte dem Andretti-Fahrer in Kurve eins ins Heck. Dabei brach die rechte Radabdeckung des DS-Mannes. Der Vorfall wurde von der Rennleitung notiert. Eine Runde später klappte es schließlich auch auf die feine englische Art und der Franzose bremste sich behutsam am Briten vorbei.
Der Fanboost: Edoardo Mortara, Antonio Felix da Costa, Jean-Eric Vergne, Lucas di Grassi, Stoffel Vandoorne
Der weitere Rennverlauf: zur Halbzeit führte Mortara das Rennen vor da Costa und dem Geheimfavoriten Evans an. Wehrlein kämpfte währenddessen weiter mit den extremen Bedingungen in Marrakesch und fiel auf P16 zurück. Selbst Teamkollege Lotterer ging an dem 27-Jährigen vorbei (P14).
Vergne konnte mit 15-Minuten auf der Uhr seine Probleme hinter sich lassen und kämpfte sich von der sechsten auf die dritte Position vor - mit 33 Prozent Restenergie war der Franzose in der Spitzengruppe am sparsamsten unterwegs. Teamkollege da Costa dachte zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht ans sparsame Fahren und hängte sich mit einem Abstand von zwei Zehnteln an den Führenden.
Dementsprechend unerwartet kam der Funkspruch an Vergne. "Antonio wird dich in Turn 7 vorbeilassen", sagte Vergnes Renningenieur. Gesagt getan machte da Costa im nächsten Umlauf platz und lies seinen Teamkollegen vorbei. Mit zwei Prozent mehr Saft in der Batterie bekam Vergne die Anweisung, Gummi zu geben.
Mit sechs Minuten auf der Uhr wurde Geburtstagskind Maximilian Günther ungeduldig und versuchte es gegen Nick Cassidy mit der Brechstange. Der Deutsche versuchte es in Kurve zehn innen und kollidierte mit dem Neuseeländer. Die Schäden waren so groß, dass Günther das Rennen in Runde 32 beenden musste.
Dann hieß es alles auf Anfang! Da Costa hing nach dem Positionstausch fortwährend im Heck seines Teamkollegen. Zur heißen Schlussphase tauschte das DS-Team erneut die Positionen ihrer Fahrer in Turn 11 und der Portugiese versuchte sein bestes an Mortara vorbeizukommen.
In letzter Sekunde konnte Evans mit einem waghalsigen Manöver an dem strauchelnden Vergne vorbeiziehen. Mortara gewann vor da Costa und Evans. Vergne musste sich mit Platz vier zufriedengeben. Die Top-10 komplett machten di Grassi, de Vries, Dennis, Vandoorne, Bird und Rowland.
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