Formel E 2018/19: Das Generation-2-Auto im Video (01:38 Min.)

Die Katze ist aus dem Sack. Am Dienstag hat die Formel E das neue Rennauto für die kommende Saison vorgestellt. Die Resonanz in der Motorsportwelt war groß - sowohl im Positiven als auch im Negativen. Die Verantwortlichen der Formel E haben zumindest Wort gehalten: Das Generation-2-Auto, intern als Batmobil bezeichnet, unterscheidet sich deutlich von anderen Formel-Rennserien. Motorsport-Magazin.com hat das neue Elektro-Auto genau unter die Lupe genommen.

Das Heck

Die Heckpartie des Generation-2-Autos der Formel E, Foto: FIA Formula E
Die Heckpartie des Generation-2-Autos der Formel E, Foto: FIA Formula E

Wir beginnen ausnahmsweise von hinten, dem wohl spannendsten Bereich des neuen Formel-E-Autos. Denn: Als wohl erstes Formelauto der Geschichte - ausgenommen den 50er-Jahre-Boliden der Formel 1 - kommt es ohne einen echten Heckflügel aus. Zumindest in seiner traditionellen Form, denn auch das Formel-E-Auto bedient sich eines Luftleitblechs im Heckbereich. Zwei extrem tief an den Flanken des Chassis angeschraubte Flügel verlaufen diagonal in Richtung Radabdeckungen.

Hier haben die Designer von Spark die Bleche mit je einem kleineren Flügel über den 18-Zoll-Rädern direkt verbunden. Die kleinen Rad-Flügelchen weisen durchaus aerodynamische Charakteristiken auf mit zwei zusätzlichen, vertikalen Luftleitblechen. Das gesamte Konstrukt erzeugt Abtrieb am Heck und kann grundsätzlich als Heckflügel betrachtet werden. Durch den niedrigen Ansatz dürfte hier aber wesentlich weniger Abtrieb herrschen als bei einem traditionellen, ausladenden Heckflügel.

Ohne echten Heckflügel wirkt das neue Formel-E-Auto extrem flach, dennoch mit brachialer Optik am Heck. Verantwortlich ist der Riesen-Diffusor am unteren Teil. Ein vergleichbares Teil muss man lange suchen im Motorsport. Der Diffusor des Ford GT in der Le-Mans-Version kommt in Ansätzen heran, oder auch ein alter Lamborghini Gallardo aus der Super Trofeo. Der Diffusor am Formel E ist nicht nur ausladend, sondern auch noch schräg nach oben verlaufend angesetzt.

Sechs lange vertikale Streben sorgen dafür, dass die Luft vom Unterboden kontrolliert nach hinten ausgeblasen wird. Die Frage bei den ersten kollektiven Testfahrten wird sein, wie sich die Aero im direkten Duell auswirkt. Wie viel Dirty Air produziert das Auto und ist es einem anderen Piloten dann noch möglich, ohne extremen Abtriebsverlust zu folgen?

Das Chassis

Formel E: Monoposto ja, aber kein echter Open-Wheeler, Foto: FIA Formula E
Formel E: Monoposto ja, aber kein echter Open-Wheeler, Foto: FIA Formula E

Es war eine der ersten Fragen nach der Veröffentlichung der Bilder des neuen Formel-E-Autos: Ist das noch Formelsport? Schwierig, eine klare Antwort darauf zu geben. Eine einheitliche Definition, was ein Formelauto ausmacht, gibt es nicht. Als Formelautos werden allgemein Rennwagen mit frei stehenden Rädern und nur einem Sitz bezeichnet. Das Formel-E-Auto ist faktisch ein 'Monoposto', aber nicht direkt ein 'Open-Wheeler'. Die 18-Zöller sind vorne und hinten zum Teil abgedeckt. Allerdings sind die Aufhängungsstreben weiter sichtbar, was das FE-Auto wieder als Formelauto qualifiziert.

Wie auch immer man es bezeichnen möchte: Am Ende erfüllt das neue Auto seinen Zweck. Die Abdeckungen entlang der Räder wurden angefertigt, weil es auf den engen Stadtkursen häufiger zu Kontakten kommt. Der Räderschutz soll besser vermeiden, dass durch eine Berührung mit einem anderen Auto gleich die Aufhängung abknickt. In anderen Formelserien versuchen die Fahrer nach Möglichkeit, jeglichen Kontakt zu vermeiden. Wenn man aber nur auf temporären Stadtkursen fährt, bleibt das aber nicht aus. Vor allem in der Startphase geht es nicht selten chaotisch zu.

Im Vergleich zum Vorgänger wirkt das neue Formel-E-Auto insgesamt wesentlich robuster. Die Flanken sind weitestgehend geschlossen, ähnlich wie bei einem DTM-Auto. Das macht das Auto weniger anfällig für Kollisionen, sorgt aber generell für einen schlechteren Luftfluss. Die Öffnung in den Seitenkästen soll für Kühlung sorgen - ein ganz wichtiger Aspekt mit Blick auf die hohen Temperaturen rund um die Batterie im Heck.

Das neue Formel-E-Auto aus der Vogelperspektive, Foto: FIA Formula E
Das neue Formel-E-Auto aus der Vogelperspektive, Foto: FIA Formula E

Interessant ist die Linienführung am oberen Teil des Chassis. Aus der Vogelperspektive sieht das Auto fast wie ein Pfeil aus. Das schützt zum einen den Fahrer und sorgt gleichzeitig für etwas mehr Aerodynamik. Von weiteren Flügel-Elementen ist im Gegensatz zu Serien wie der Formel 1 keine Spur zu sehen. Die insgesamt geringe Aero ist durchaus von der Formel E gewollt. Hier geht es um die Entwicklung künftiger Antriebsstränge, nicht um Downforce-Spielereien.

Die meisten Fahrer bestätigen, dass das aktuelle Formel-E-Auto das zufälligste Rennauto ist, das sie jemals gefahren sind. In jeder Kurve reagiert der Bolide praktisch anders, Rundenzeiten lassen sich kaum reproduzieren. Das liegt unter anderem an der fehlenden Aero, den Straßenverhältnissen und auch den sich ständig ändernden Energieleveln, die die Fahrer auch mittels Verstellung der Bremsbalance kontrollieren. Daran dürfte sich auch mit dem neuen Auto nichts ändern.

Der Halo-Kopfschutz

Das Halo wirkt, ins Design integriert, stimmiger, Foto: FIA Formula E
Das Halo wirkt, ins Design integriert, stimmiger, Foto: FIA Formula E

Der Kopfschutz ist keine spezielle Idee der Formel E, sondern wird nach und nach in allen von der FIA überwachten Formelrennserien eingeführt. Die Formel 1 hat Halo in der abgelaufenen Saison bereits getestet, 2018 feiert der Heiligenschein sein Grand-Prix-Debüt.

Das Halo auf dem Formel-E-Auto gleicht dem getesteten F1-Pendant. Die halbrunde Strebe wurde auf dem erhöhten Seitenkopfschutz des Chassis montiert. Erste Reaktionen auf das Halo am Gen2-Auto fielen positiver aus als erwartet. Ins Design integriert, fällt der Schutz nicht so sehr ins Auge und wirkt dadurch etwas stimmiger.

Eine Besonderheit gibt es dann doch in der Formel E. Auf den ersten veröffentlichten Bildern war das Halo mit einer LED-Beleuchtung entlang des Kranzes versehen. Diese Anzeige könnte dazu genutzt werden, bestimmte Informationen an die Zuschauer weiterzugeben. Die LEDs könnten beispielsweise das aktuelle Energielevel des Autos oder den Fanboost-Gewinner anzeigen.

Durch den Wegfall des Autowechsels gibt es zudem Überlegungen, die Autos während bestimmten Abschnitten des Rennens mit unterschiedlicher Power fahren zu lassen. Die Fahrer könnten demnach wählen, zu welchem Zeitpunkt sie die maximale Leistung abrufen und wann sie gedrosselt fahren müssen. Dadurch würde ein Strategie-Faktor entstehen, den es durch den Wegfall des Boxenstopps ansonsten nicht mehr gäbe. Kommt es zu dieser Regelung, könnte die LED-Leiste anzeigen, in welchem Modus sich ein Auto befindet.

Die Frontpartie

Der Fokus des Gen2-Autos liegt nicht auf der Aerodynamik, Foto: FIA Formula E
Der Fokus des Gen2-Autos liegt nicht auf der Aerodynamik, Foto: FIA Formula E

Vorbei sind bald die Zeiten der hohen Nasen in der Formel E. Die Front des Generation-2-Autos ist wesentlich tiefer gezogen als die seines Vorgängers. Erinnert ein wenig an das neue IndyCar, das 2018 an den Start gehen wird. Direkt mit der Nase sowie außen an den Radkästen verbunden ist ein relativ simpel gehaltener Frontflügel. Zwei kleinere Flügelchen innen an den Radkästen sorgen für zusätzlichen Abtrieb und ähneln dem Design des Vorgängers. Das Konzept der gering gehaltenen Aerodynamik setzt sich an der Frontpartie des Gen2-Autos nahtlos fort.