Jörg Lindner und Kai Richter, die Geschäftsführer der Nürburgring Automotive GmbH (NAG), geben noch lange nicht auf. Zwar wurde ihr Pachtvertrag für den Ring gekündigt, doch die Kündigung mit 31. Oktober nehmen sie nicht hin. Stattdessen arbeiten sie weiter daran, mit Bernie Ecclestone eine Einigung zu erzielen, damit die Formel 1 am finanziell schwer angeschlagenen Nürburgring auch in Zukunft Rennen fahren kann. Für Lindner steht fest: "Unser Pachtvertrag läuft bis zum 30. April 2040. Herr Richter und ich beabsichtigen, ihn zu erfüllen." Richter fügte hinzu: "Wir betrachten die Kündigung als unwirksam und haben ihr widersprochen. Seither ist nichts geschehen; es hat uns auch niemand verklagt."

Milliarden vs. Millionen

Im Gespräch mit der Rheinischen Post gaben sich beide überzeugt davon, dass sie das Schiff wieder geraderichten können. "Das wird nicht einfach, aber es wird gelingen", meinte Richter zu den Gesprächen mit Ecclestone über die Formel 1. "Ecclestone empfängt uns in den Gesprächen mit Sätzen wie: Ihr Deutschen habt Milliarden für Griechenland, aber keine paar Millionen für den Nürburgring. Konkret: Wir streben eine langfristige Bindung mit ihm an, nicht nur für die Rennsaison 2013."

Ein wenig Rückversicherung dafür, dass Lindner und Richter nicht ins Leere arbeiten, haben die Beiden von den Insolvenzverwaltern des Nürburgrings. Sie gaben die Zusage, dass Vereinbarungen, die Lindner und Richter mit Ecclestone treffen und denen von Insolvenzverwaltungs-Seite zugestimmt werden muss, Teil einer neuen Ausschreibung im Rahmen des Insolvenzverfahrens sein werden. "Der Nürburgring-Verkauf hätte mit Formel-1-Vertrag natürlich einen höheren Wert als ohne Formel-1-Vertrag", erklärte Richter. Zuletzt waren die beiden NAG-Geschäftsführer am 9. August bei Ecclestone in London.

NAG ohne Schulden beim Land

Dass sie dem Land noch Millionen Euro an Pachtzins-Zahlungen schulden sollen, bestritten sie. Lindner meinte sogar, dass das Land der NAG Geld schulde. "Gekündigt wurde uns wegen eines Streits um die Tourismusabgabe von 3,2 Millionen Euro. Kurze Zeit nach der Geschäftsaufnahme im Frühsommer 2010 bekam das Mainzer Wirtschaftsministerium offenbar Hinweise aus Brüssel, dass das öffentlich-private Konstrukt am Nürburgring EU-beihilferechtlich problematisch sei", sagte Lindner. Die Pachtzahlungen hat die NAG erst seit vergangenem Mittwoch zurückgestellt und das nur deswegen, weil es seit der Insolvenz der staatlichen Nürburgring GmbH keinen Partner auf der anderen Seite mehr gibt.

Der Nürburgring hat viel Geschichte, Foto: Sutton
Der Nürburgring hat viel Geschichte, Foto: Sutton

Das zurückgehaltene Geld wird allerdings nicht gebunkert, sondern laut Lindner dazu verwendet, um die 2300 festgestellten Baumängel zu beseitigen, die eigentlich der Verpächter ausmerzen müsste. Auf der anderen Seite läuft das Geschäft am Ring nur schwierig, da einzelne Geschäftsfelder das Gesamtergebnis belasten, weil sie zu teuer gebaut wurden.

Erstklassig vs. zweitklassig

"Etwa die Arena mit 3 500 Plätzen oder das Warsteiner-Eventcenter. Fast ein Drittel der viel zu hohen 330-Millionen-Euro-Investionssumme entfällt auf das Ringwerk, ein Motorsportmuseum. Allein 16 Millionen Euro sind in eine Tiefgarage geflossen. Es gibt auch keine wirkliche Flaniermeile; die Achterbahn erhielt keine Betriebsgenehmigung. Um in der Arena mit nur 3500 Plätzen einen erstklassigen Künstler wie Robbie Williams auftreten zu lassen, müssten die Tickets 1900 Euro kosten, damit das Ganze profitabel wäre. Das bezahlt aber niemand. Für zweitklassige Künstler jedoch kommt niemand aus Düsseldorf, Köln und Bonn in die Eifel", erklärte Richter.

Das war aber auch schon klar, als der Ring von der NAG übernommen wurde, weswegen die nicht profitablen Teile umfunktioniert und 163 Arbeitsplätze abgebaut wurden, damit ein Profit möglich war. Und laut Richter verdient die Betriebsgesellschaft auch Geld und hat ihre Ziele erreicht. "Wir haben steigende Hotelkapazitäten, ein gutes Messe- und Kongressgeschäft", sagte Lindner. Jetzt kommt es nur darauf an, dass Sachwalter und Insolvenz-Geschäftsführer einen neuen Eigentümer für den Nürburgring finden, damit die Pächter wieder einen Partner haben. Schwierigkeiten wie bei Schlecker erwartete Richter nicht.

Nicht wie Schlecker

"Das ist nicht vergleichbar. Im Unterschied zu Schlecker gibt es für den Nürburgring ein funktionierendes betriebliches Konzept. Warum soll man dieses, unser erfolgreiches Konzept beenden?", fragte Richter. Ob er und Lindner selbst die neuen Eigentümer werden könnten, wollte er noch nicht sagen, dazu wollen sie erst die Ausschreibung genau studieren. Zunächst wollen Lindner und Richter aber eine passende Lösung für den weiteren Betrieb am Ring finden. "Wir müssen unbedingt schnell konstruktive Lösungen finden, denn sonst führt das zu einem Massaker in der Eifel", betonte Lindner.

Bei der Finanzierung lief einiges schief, Foto: Sutton
Bei der Finanzierung lief einiges schief, Foto: Sutton

Die Schuld daran, dass die staatliche Verpächtergesellschaft insolvent ist, wollten die Beiden nicht übernehmen. "Dass die staatliche Verpächtergesellschaft insolvent ist, hat mit deren Finanzierung zu tun - und nicht im Ansatz etwas mit uns als privater Betreibergesellschaft", sagte Lindner. Und bezüglich der Finanzierungsarbeit auf staatlicher Seite ist anscheinend einiges schiefgelaufen. Laut Süddeutscher Zeitung spielten zwei eher unseriöse Finanzvermittler im Zentrum des Geschehens mit. Seit 2007 stand der ehemalige Finanzminster von Rheinland-Pfalz, Ingolf Deubel, unter Druck, privates Geld für den Umbau am Nürburgring zu beschaffen.

Land vs. Geld

Grund dafür war, dass die Landesregierung versprochen hatte, keine Steuergelder für das Großprojekt auszugeben. Allerdings war mit dem Bau bereits begonnen worden, als noch kein Investor in Sicht war. Darum wandte sich Deubel an die zwei Geschäftsleute, die versprochen hatten, die Finanzierung auf die Beine zu stellen - einer war früher Hoteldirektor, der andere Assistent eines Zirkusdirektors, beide hatten schon einmal mit Altbausanierungen Schiffbruch erlebt. Sie erhielten trotzdem den Auftrag und eine Vorauszahlung von einer Million Euro aus der Kasse des Landes.

Ihre Dienstreisen nach Zürich konnten sie anscheinend trotzdem nicht auslegen, darum half die Nürburgring GmbH aus. Die Aufenthalte in der Schweiz wurden nach und nach aber immer pompöser. Es wurde in teuren Hotels genächtigt, teuer gespeist und nachts ließ man sich mit dem Taxi Einkäufe ins Hotel bringen. Zudem wurde auch im Rotlicht-Milieu ordentlich zugeschlagen, wie die SZ berichtet. Die Kosten dafür trug das Land. Als der staatliche Controller über die Ausgaben in Zürich Bericht erstattete, passierte aber nichts, stattdessen bekam einer der Vermittler angeblich sogar 150.000 Euro Nachzahlung, weil er nachträglich mehr für seine Arbeit verlangte. Dass Deubel die Sache im Alleingang durchzog, wird allerdings bestritten. Im Ministerrat sollen alle informiert gewesen sein.