Es war einfach ein unglaubliches Wochenende, das wir zuletzt in England erlebt haben. Gerade in Brands Hatch, wo wir in den letzten beiden Jahren nicht zurecht gekommen sind, freut mich unser Ergebnis ganz besonders. In den Wochen vor Brands Hatch hatte ich eine sehr ausführliche Videoanalyse betrieben, um herauszufinden, warum ich hier bisher nie die nötige Performance an den Tag legen konnte. Anscheinend bin ich zu den richtigen Ergebnissen gekommen.

In diesem Jahr hat sich allerdings auch bei mir und in meinem Umfeld einiges geändert. Vielleicht hat in den vergangenen beiden Jahren in Brands Hatch der mentale Faktor eine zu große, nicht immer positive Rolle gespielt. Das ist nun Vergangenheit. Mit der Pole Position, der schnellsten Rennrunde und natürlich dem Sieg habe ich ein perfektes Wochenende erlebt, für das ich einigen Menschen ganz besonders dankbar bin.

Einander blind verstehen

Gerade das Zusammenspiel mit meinem Renningenieur und den Mechanikern ist an einem Rennwochenende ein ganz besonders intensives. Der Renningenieur ist das Bindeglied zwischen mir und meinen Jungs am Auto, um ihnen zu vermitteln, wie ich mir das Setups des Fahrzeugs vorstelle - und wie dies umzusetzen ist. Es ist ein tolles Gefühl, wenn man einen Renningenieur gefunden hat, der einen blind versteht - selbst wenn man einmal nicht auf den Punkt genau in Worte fassen kann, wie sich das Auto in bestimmten Situationen verhält. Mit Armin Plietsch habe ich seit dem vergangenen Jahr einen Renningenieur, bei dem exakt das der Fall ist.

Zwischen Armin und mir stimmt die Chemie; es gibt eine harmonische Zusammenarbeit des Dreigespanns aus meinen Mechanikern, Armin und mir. Seinen Renningenieur bekommt man in der Regel zugeteilt - so auch 2007, als ich zum Audi Sport Team Abt Sportsline gestoßen bin. Armin Plietsch kommt von Audi Sport, er ist nicht permanentes Mitglied des Audi Sport Teams Abt Sportsline und befindet sich an den Rennwochenenden sozusagen im Außendienst. Somit kamen mit dem Team, Armin und mir zunächst drei Komponenten zusammen, die einander noch nicht kannten. Anfangs gab es durchaus Differenzen. Meinungsverschiedenheiten mussten ausgemerzt werden, ohne dem anderen wehzutun. Das hat bis zur Mitte der letzten Saison gebraucht.

In Brands Hatch setzte Timo Scheider seinen Triumphzug fort, Foto: DTM
In Brands Hatch setzte Timo Scheider seinen Triumphzug fort, Foto: DTM

Seit Mitte 2007 hat sich um mich herum ein tolles Team gebildet - auch dank Hans-Jürgen Abt, der mich nach der ersten Gewöhnungsphase verstehen lernte. Die Harmonie, die nun seit mehr als zwölf Monaten besteht, trägt einen großen Teil zu der guten Verfassung bei, in der wir auch auf der Strecke sind. Auch in Brands Hatch haben wir einander blind vertraut, an uns geglaubt und von Beginn an gewusst, dass wir uns im Qualifying mit einem Startplatz in Reihe eins eine gute Basis verschaffen können.

Das Selbstbewusstsein, das die ganze Mannschaft in diesem Jahr hinzugewonnen hat, ist gigantisch. Wir gehen mit Stresssituationen viel souveräner um als zu Beginn des letzten Jahres. Wenn ich nur an die Situation im Qualifying von Oschersleben denke, wo ich das Problem einer lockeren Motorhaube hatte, nach der schnellen Instandsetzung aber noch kurz vor Ende der Session die Pole Position eingefahren habe...

Ein Ergebnis - viele Beteiligte

Die Zusammenarbeit mit dem Renningenieur verläuft nach einem festen Prinzip. Am Donnerstag setzen wir uns zusammen; wir besprechen, welche Programme am Freitag gefahren werden, die Aufgaben werden an die Fahrer verteilt. Freitags arbeiten wir unsere Programme ab und versuchen während eines weiteren Meetings anschließend, das Beste für den dritten Test am Samstagmorgen herauszufiltern. Hier spielt die Datenanalyse eine große Rolle.

Auf dieser Basis kann mir mein Renningenieur Denkanstöße geben, an welchen Punkten der Strecke ich vielleicht meine Linie ändern und meinen Fahrstil anpassen könnte. Es ist eine sehr intensive Zeit, in der der Renningenieur durchaus auch einmal die "Lehrerrolle" einnimmt. Dennoch muss auch er zuhören können, um meine Eindrücke vom Auto in präzise technische Detailänderungen übersetzen zu können.

Es gibt viele weitere Menschen, mit denen man am Rennwochenende eng zusammenarbeitet. Ob es der Masseur ist, der vor dem Rennen das eine oder andere Wehwehchen wegmassiert, der Teamarzt oder die Mitarbeiter der Motorsportkommunikation. So hatte ich vor dem Start in Brands Hatch einen Krampf in der Nackenmuskulatur, die Paul, unser Masseur, noch in letzter Minute perfekt wegmassiert hat.

Am wichtigsten ist aber meine Jasmin. Sie weiß immer ganz genau, wann es mir gut und wann weniger gut geht. Sie nimmt mich in den richtigen Momenten zur Seite, weist mich auf Fehler hin und hilft mir beim Auftritt an der Rennstrecke. Das familiäre Umfeld eines Rennfahrers muss stimmen, damit er sein volles Potenzial abrufen kann. Genau das ist bei mir der Fall - und stimmt mich auch für einen harten Endspurt im Titelkampf optimistisch.