Die Anfangsphase der Saison liegt hinter uns - welche Veränderungen sind dir im Vergleich zu 2007 aufgefallen?
Martin Tomczyk: Das Überholen auf der Strecke ist mit Einführung des Boxenstoppfensters wichtiger geworden - noch wichtiger sind jedoch nun die Startpositionen, denn bekanntlich ist das Überholen in der DTM nicht immer einfach.

Die Aerodynamik der DTM-Boliden wird von Jahr zu Jahr filigraner. Wird damit bei konstantem Technischen Reglement auch das Überholen immer schwieriger?
Martin Tomczyk: Die Aerodynamik wird von den Herstellern so konzipiert, dass am Ende einer schnellen Runde die bestmögliche Zeit herausspringt. Im Pulk sieht es dann natürlich anders aus: Man verliert den Anpressdruck und kann nur schwer überholen.

Was man auch beim Saisonstart während deines Duells mit Bruno Spengler sah...
Martin Tomczyk: In Hockenheim bin ich elf Runden lang hinter Bruno Spengler gefahren und kam nicht an ihm vorbei, obwohl ich sehr dicht auffahren konnte und durchaus zwei bis drei Überholchancen hatte. Überholen ist in der DTM keineswegs unmöglich, allerdings benötigt man ein überlegenes Fahrzeug.

Wird der Eifer im Zweikampf auch durch die vielen aerodynamischen Teile gebremst, die bei den aktuellen Boliden während einer Berührung schnell verloren gehen können?
Martin Tomczyk: Nein, hier spielt die Rennleitung eine viel größere Rolle, die in letzter Zeit wieder sehr konsequent durchgegriffen hat. Die vergebenen Strafen sind jedoch förderlich - alle sind mit einem gemäßigten Ehrgeiz unterwegs. Die neue Rennleitung leistet eine gute Arbeit mit dem nötigen Augenmaß. So geht aus meiner Sicht keine Spannung verloren.

Martin Tomczyk gönnt Timo Scheider den Erfolg, Foto: Audi
Martin Tomczyk gönnt Timo Scheider den Erfolg, Foto: Audi

Timo Scheider ist momentan der schnellste Fahrer im Abt-Audi-Team. Wie empfindest du das neue Kräfteverhältnis, nachdem du in den vergangenen beiden Jahren einen ähnlichen Durchbruch wie Timo geschafft hattest?
Martin Tomczyk: Hut ab - für das Team kann Timos Pefromance nur positive Auswirkungen haben. Derzeit erbringt Timo wirklich herausragende Leistungen, die er hoffentlich auch während der nächsten Rennen beibehalten kann. Ich selbst weiß, wie man sich in einer solchen Situation fühlt. Dennoch kann in der DTM eine solche Serie schnell reißen - was ich ihm natürlich nicht wünschen will.

2008 ist deine zweite Saison, in der du von Beginn an um die Meisterschaft kämpfst. Welche Lehren konntest du aus der letztjährigen Saison mitnehmen?
Martin Tomczyk: In jedem Jahr lernt man irgendetwas Neues dazu. Man muss das Jahr so beginnen, als wenn es das elfte Rennen der vergangenen Saison wäre - eine große Winterpause darf man sich auch mental nicht erlauben. Mein Ziel ist 2008 die Meisterschaft, und dafür habe ich meine Mannschaft schon früh zu motivieren versucht.

Inwiefern hast du in der Winterpause die letzten beiden Saisonrennen 2007 verarbeitet, nachdem du so lange auf dem besten Weg zum Titel schienst?
Martin Tomczyk: Natürlich ist es ärgerlich, wenn man um die Meisterschaft mitfahren kann und in den letzten zwei Rennen so viel Unglück passiert - für das ich als Fahrer aus meiner Sicht nichts konnte. Wenn man so nah dran ist, will man auch den Titel gewinnen. Doch auch wenn mir das nicht gelungen ist, hat mir jeder meine Leistung hoch angerechnet. 2007 habe ich auch mir selbst bewiesen was ich kann - und glaube deshalb fest daran, dass ich an meine Performance aus dem letzten Jahr anknüpfen werde.

Was liegt dir an deinem aktuellen Dienstwagen besser oder schlecht als am Vorgängermodell?
Martin Tomczyk: Ich muss zugeben, dass es mir noch schwer fällt, das neue Auto auf eine Runde auf die nötige Performance zu trimmen. Mit diesem Problem kämpfe ich schon seit den Wintertests - und muss dringend daran arbeiten, wo das Qualifying in diesem Jahr noch wichtiger geworden ist. Die Zeit läuft mir davon. Im Rennen bin ich hingegen sehr zufrieden mit dem neuen A4, seine Konstanz ist einfach enorm.

Deine Teamkollegen loben vor allem die gute aerodynamische Balance des A4.
Martin Tomczyk: Das Handling ist tatsächlich sehr gut, es gab viele verschiedene Weiterentwicklungen, die gegenüber dem Vorgänger umgesetzt wurden. Aber ein neues Auto ist wie ein neuer Schuh: Entweder er passt - wie bei Timo - wie angegossen, oder er zwickt noch ein wenig - wie bei mir. Ich muss ihn noch einlaufen...

Kann man den neuen A4 noch mit dem TT-R aus den Anfängen der neuen DTM vergleichen?
Martin Tomczyk: Zwischen dem A4 DTM und dem TT-R liegen Welten. Doch nicht nur das Auto hat sich in den letzten Jahren entwickelt, sondern auch das Teamwork und die ganze DTM. Schon allein an den Boxenstopps sieht man, um wie viel die auch die Mechaniker heutzutage mehr leisten als damals. Mittlerweile nutzt man die technischen Möglichkeiten des Reglements viel besser aus - wir sind um zwei bis drei Klassen besser als früher.