Was im deutschen Straßenbild angesichts der hier seit jeher begrenzten Beliebtheit englischer Automobile kaum auffällt, konnte in Großbritannien nur als Tragödie aufgenommen werden: Mit Rover einschließlich Schwestermarke MG verschwand nach langen Jahren der finanziellen Querelen der letzte britische Volumenhersteller von der Bildfläche. Seit Jahrzehnten war im Zuge von Verstaatlichung und Privatisierung der Marke und von immer wieder neuen Positionierungen in verschiedensten Firmenkonglomeraten und Konzernen keine Ruhe mehr in der Rover-Firmenzentrale eingekehrt.

Die 80er-Jahre stellten keine Ausnahme dar - und auch die Fahrzeuge selbst bereiteten Probleme: So fiel der Rover SD1, eine Limousine der oberen Mittelklasse, bei seiner Vorstellung 1976 zwar zunächst durch sein mutiges Design sowie so manche technische Innovation auf; in der Praxis verspielte sich das später in Rover Vitesse umbenannte Modell jedoch rasch mit mangelnder Zuverlässigkeit seinen Ruf...

(9) Kurzes Vergnügen

Frieder Nickel ließ sich hiervon nicht abschrecken: Auf Basis des Topmodells, ausgerüstet mit V8-Aggregat, richtete der Aachener Fahrzeugtuner zwei Rover Vitesse für die Teilnahme an der DTM-Saison 1984 her - und tat bei der Auswahl der Fahrer sogleich zwei Glücksgriffe: Mit dem 21-jährigen Jörg van Ommen sowie dem bereits seit zehn Jahren im Motorsport aktiven Olaf Manthey hatte Nickel ein schlagkräftiges Duo auserkoren, das sich von Beginn an gut ergänzte.

Der Däne Kurt Thiim sorgte 1986 für den einzigen Rover-Titel, Foto: VW
Der Däne Kurt Thiim sorgte 1986 für den einzigen Rover-Titel, Foto: VW

Die ersten Erfolge ließen nicht lange auf sich warten: Bei den ersten drei DTM-Rennen stand van Ommen jeweils auf der Pole Position. Wenngleich er diese nicht in einen Sieg ummünzen konnte, so folgte beim ersten Durchgang des dritten Laufes mit Rang zwei immerhin ein erster Podestplatz durch van Ommen - bevor Teamkollege Manthey mit dem Sieg beim zweiten Durchgang sowie dem Gesamtsieg beim Avus-Rennen der Coup gelang. Mit weiteren Podestplätzen und Gesamtsiegen auf dem Nürburgring und in Hockenheim hielt sich Olaf Manthey bis zum Ende im Titelrennen und musste sich als Vizemeister nur dem konstanteren Volker Strycek im BMW 635 CSi geschlagen geben.

1985 musste sich Manthey in dem auf nur noch ein Fahrzeug reduzierten atn-Team von Frieder Nickel als Einzelkämpfer betätigen - was dem Erfolg keinen Abbruch tat. Nach wie vor passte die 4,70 Meter lange Fließhecklimousine gut ins Bild der ersten DTM-Jahre, in der sich auch die ähnlich vulominösen Konkurrenten BMW 635 und Volvo 240 Turbo den agileren Kompakt- und Mittelklassefahrzeugen meist überlegen zeigten. Zwar konnte Manthey 1985 keinen Sieg für sich verbuchen; mit zwei Podestplätzen und kostanten Platzierungen in den Top 5 sicherte sich der 30-Jährige jedoch auch diesmal den Vizetitel.

Die größten Rover-Erfolge fuhr jedoch im kommenden Jahr ein Kollege ein. Mittlerweile mit vergleichsweise begrenzten Erfolg einen BMW 325i pilotierend konnte der spätere DTM-Teamchef Olaf Manthey nur zuschauen, wie der dänische DTM-Neuling Kurt Thiim - auch begünstigt durch die weiter erhöhten Zusatzgewichte der Turbo-Konkurrenz von Ford und Volvo - die Lorbeeren erntete. Mit seinem 285 PS starken Dienstwagen setzte sich Thiim beim Saisonauftakt im belgischen Zolder mit beträchtlichen zwölf Sekunden Vorsprung durch; zwei weitere Siege in Wunstorf sowie auf dem Nürburgring schlossen sich an. Mit deutlichen 17 Punkten Vorsprung in der Meisterschaftstabelle hatte Thiim Rover und seinem atn-Team den ersten DTM-Titel gesichert.

Die Entwicklung des MG ZT wurde nie beendet, Foto: ITR
Die Entwicklung des MG ZT wurde nie beendet, Foto: ITR

Es sollte zugleich der letzte sein: Für 1987 entschied sich Nickel für den Einsatz eines Alfa Romeo 75 Turbo, der allerdings weniger durch Rennerfolge, als vielmehr durch seine Unzuverlässigkeit auffiel. Der Rover Vitesse verschwand nach nur drei Jahren von der Bildfläche. Es war ein kurzes Vergnügen, dessen man sich erst 18 Jahre später wieder erinnerte:

"Ich bin stolz und glücklich, dass wir mit MG einen weiteren Hersteller in der DTM präsentieren können", verkündete ITR-Chef Hans Werner Aufrecht im Februar 2005. Mit dem Einstieg von Schwestermarke MG kündigte sich auf Umwegen ein werksseitiges Comeback Rovers an. "Dies ist eine perfekte Chance für MG, die Rennqualitäten des ZT 260 unter Beweis zu stellen", prophezeite David Sharples, Verantwortlicher von MG Sport & Racing, dem MG ZT, in der Serie ein sportlicher Ableger des Rover 75, auf der Rennstrecke ein von der britischen Motorsportschmiede Zytek auf die DTM zugeschnittener Rennbolide, eine glänzende Zukunft, "wir sind zuversichtlich, dass wir schon in unserer ersten Saison einen guten Eindruck hinterlassen werden."

Die Freude über die vierte Marke in der DTM sollte erneut ein kurzes Vergnügen werden: Mit dem finanziellen Niedergang der MG Rover Group verschwanden nach etlichen Verschiebungen des Renndebüts auch die DTM-Version des MG ZT wieder, bevor sie jemals die Werkstore von Zytek hatte verlassen können...