Der Freude über seinen Sieg in Zandvoort schien der zweite Platz seines größten Rivalen Bernd Schneiders keinerlei Abbruch zu tun - dafür jedoch ließ Tom Kristensen durchblicken, dass er bis heute mit dem unverschuldeten technischen Ausfall in Brands Hatch hadert. Der nicht nur mit Blick auf das Resultat überlegenen Mercedes-Vorstellungen in Nürnberg und Nürburg zum Trotz hätte er ohne die Pleite beim englischen Gastspiel die Meisterschaftsführung drei Rennen vor Saisonende inne.

Gelingt es Tom Kristensen, während des Meisterschaftscountdowns den zehn Punkte betragenden Rückstand auf Bernd Schneider aufzuholen? Oder kommt Schneider, dem jeweils eine Platzierung knapp hinter Kristensen ausreichen würde, auf vergleichsweise bequemem Wege zu fünften Titel?

Barcelona - spanisches Remis?

"'Eki' und ich haben im Frühjahr in Barcelona getestet. Ich kenne den Kurs auch aus meiner Zeit als Formel 1-Testfahrer - sogar die Kurzanbindung", vertraut Kristensen mit Blick auf den achten Saisonlauf in Barcelona auf seine fahrerische Vorerfahrung, "ich denke, wir haben in Barcelona und Le Mans gute Möglichkeiten, den Rückstand auf Bernd Schneider weiter zu verkürzen." Kristensens Qualitäten, sich auch abseits der traditionellen Stammstrecken der DTM zurechtzufinden, wurden zuletzt beim besagten Brands-Hatch-Rennen unter Beweis gestellt - doch wie steht es um Eignung der Dienstfahrzeuge?

Die Benutzung der Kurzanbindung an Stelle der Grand-Prix-Strecke scheint Audi und Mercedes gleichermaßen zu treffen: Während die für Bernd Schneiders C-Klasse vorteilhafte, im DTM-Vergleich exorbitant lange Start-/Ziel-Gerade des Grand-Prix-Kurses bei der Kurzversion etwas gekürzt ist, fällt zum Leidwesen Audis die eher langsame Kurvenkombination des ersten Sektors weg. So stellen sich Kristensen und Schneider einem mittelschnellen Kurs, der weder das pauschale Prädikat "Audi-Strecke" noch die Bezeichnung "Mercedes-Kurs" zulässt.

Sollte die Setup-Arbeit in beiden Lagern auf ähnlich hohen Niveau liegen und Regen bei Qualifying und Rennen ausbleiben, erwartet die Zuschauer ein Duell mit gleichen Waffen - das durch die fahrerischen Leistungen Kristensens und Schneiders entschieden werden wird…

Le Mans - französisches Déjà-vu?

Die letzten Sportwagenauftritte Bernd Schneiders auf den legendären Le-Mans-Kilometern sind bereits einige Jahre her - Tom Kristensen hegt dagegen vergleichsweise frische Erinnerungen: Sieben Siege beim Langstreckenklassiker auf dem französischen Traditionskurs konnte der Abt-Audi-Pilot während der letzten Dekade für sich verbuchen, befuhr dabei jedoch jeweils nur bruchstückhaft den von der DTM gewählte permanenten Rundkurs Circuit Bugatti…

Nicht viel mehr als Boxengasse, Start-/Ziel-Gerade sowie eine Schikane verbindet den Langstrecken- mit dem Sprintkurs - und dennoch kann für Kristensen über den "Wohlfühlfaktor" hinaus, wie ihn die Stätte seiner größten Erfolge für ihn birgt, durchaus zuversichtlich sein: Drei 180-Grad-Kurven mit differierenden Kurvenradien sowie eine fahrerisch wie technisch nicht ganz anspruchslose Kurvenkombinationen im letzten Streckensektor stellen bevorzugtes Terrain für Kristensens A4 DTM dar. Erlebt der Däne mit einem Le-Mans-Sieg in der DTM ein Déjà-vu?

Hockenheim - the same procedure?

"The same procedure as every year" - so heißt es nicht nur am Ende jedes Jahres im Rahmen von "Dinner for One", sondern auch am Ende einer jeden DTM-Saison. Seit 2000 wurde jedes Saisonfinale in Hockenheim ausgetragen. Seit 2001 entschied jedes ein Mercedes-Pilot das Rennen für sich - davon allein drei Mal Bernd Schneider. Mit Blick auf die Streckencharakteristik sowie die Fahrzeugcharakteristik der Mercedes C-Klasse stellte der deutliche Auftaktsieg Schneiders im Badischen zwar keine große Überraschung dar - zwingend war allerdings ebenso wenig.

So scheint es insbesondere ein mentaler Vorsprung sowie ein Vorsprung bei der Siegerfahrung zu sein, die den vierfachen DTM-Meister auch beim Saisonfinale in gut einem Monat als Favoriten dastehen lassen - wenngleich sich der A4 DTM Tom Kristensens höchstwahrscheinlich insbesondere im Qualifying konkurrenzfähiger präsentieren wird als im April. Sollten bei Bernd Schneider keine unerwarteten Probleme entstehen, käme es einem Kuriosum gleich, sollte sich die dänische Audi-Speerspitze ausgerechnet in Hockenheim mit einem Sieg den ersten DTM-Titel sichern…