Was heute als neue Errungenschaft im Zuge der angestrebten Europäisierung der DTM gefeiert wird, ist tatsächlich nur ein Comeback: Erinnern sich selbst die Fans der "neuen" DTM an zwei Läufe in Donington 2002 und 2003, so war die "alte" DTM in ihren letzten Jahren fast schon als Stammgast in Großbritannien zu bezeichnen: Bereits 1993 gastierte die Deutsche Tourenwagenmeisterschaft erstmals im Donington Park mit seinem 4,023 Kilometer langen, von sanften Hügeln geprägten Traditionskurs.

Die Ehre, die den beiden Alfa-Romeo-Piloten Christian Danner und Nicola Larini mit ihren beiden Siegen im Juli 1993 zuteil wurde, drückte sich angesichts der Eigenschaft des Rennens als wertungsloses Einladungsrennen zwar nicht in einem Punkteregen aus, dafür jedoch in einer weiteren Machtdemonstration Mercedes gegenüber, die am Ende des Jahres in den Meisterschaftsgewinn mündete. Auch beim wiederum nicht gewerteten Donington-Lauf im Jahr darauf sicherte sich mit Alessandro Nannini jeweils ein Alfa-Fahrer den Sieg, nachdem sich jedoch längst angedeutet hatte, dass die Saison 1994 gegen die mit der neuen C-Klasse erstarkte Mercedes-Truppe nicht zur Spazierfahrt würde.

1996 kam J.-P. Montoya in die Ehre eines Gaststarts im Mercedes, Foto: Sutton
1996 kam J.-P. Montoya in die Ehre eines Gaststarts im Mercedes, Foto: Sutton

1995 galt es, ein vorerst letztes Mal eingerahmt von der malerischen Hügellandschaft sowie aristokratischen und volkstümlicheren Beispielen typisch britischer Architektur ein Rennen im Donington Park zu bestreiten: Mercedes-Pilot Bernd Schneider nutzte in seinem ersten Triumphjahr die Chance, bei den diesmal im Rahmen des ITC-Cups gewerteten Rennen in Form zweier Siege wichtige Meisterschaftspunkte zu sammeln.

Auch 1996 trat der Tourenwagentross in Großbritannien an - im Zuge der im Rückblick überhasteten und verschwenderischen Aufwertung der als internationale Eliteserie des Tourenwagensports ausgerichteten ITC erschien den Verantwortlichen ein prominenterer britischer Austragungsort jedoch unumgänglich: Nun sollte es der 5,1 Kilometer lange Silverstone-Kurs, traditionelle Stätte der britischen Formel-1-Grand-Prix, sein.

Der Donington-Kurs ist in einer Parklandschaft eingebettet, Foto: Gauloises Racing
Der Donington-Kurs ist in einer Parklandschaft eingebettet, Foto: Gauloises Racing

Auf dem ehemaligen Militärflughafen machten Opel und Alfa Romeo die Siege untereinander aus: Siegte beim ersten Lauf Klaus Ludwig im Opel Calibra dicht gefolgt von Gabriele Tarquini im Alfa 155, so folgte beim zweiten Lauf die Stunde Tarquinis, der nun wiederum von Opel-Pilot JJ Lehto verfolgt wurde. Ein gewisser Juan-Pablo Montoya gab einen Gaststart, hatte allerdings das Pech, eine der bei diesem Rennen wenig brillanten Mercedes C-Klassen zu fahren...

Mit dem Ende der DTM/ITC im gleichen Jahr verlor auch England zunächst einen motorsportlichen Stammgast, der auch mit seiner Wiederauferstehung im Jahr 2000 der Insel fernblieb, fand die "neue" DTM doch verängstigt von der allzu überschwänglichen Internationalisierung der ITC vorerst nur in der Bundesrepublik statt. Wagte man im folgenden Jahr erste vorsichtige Schritte in die Gefilde der niederländischen und österreichischen Nachbarn, so schloss sich 2002 - neun Jahre nach dem Debüt - die Rückkehr auf die Insel an:

Jean Alesi präsentierte sich 2002 und 2003 in Donington siegreich, Foto: Sutton
Jean Alesi präsentierte sich 2002 und 2003 in Donington siegreich, Foto: Sutton

In alter neuer Bescheidenheit fiel die Wahl wieder auf Donington, wo die Zeit offenbar stehen geblieben war: Ohne jegliche Streckenmodifikationen versprach auch das Comeback jene Spannung, wie sie bereits die früheren Englandausflüge der DTM offeriert hatten. Die Zuschauer wurden nicht enttäuscht: Nach einem für die Fahrzeuginsassen glücklicherweise glimpflichen Unfall zwischen Uwe Alzen und Joachim Winkelhock beim Qualifikationsrennen entschied schließlich der DTM-Debütant Jean Alesi bei seinem dritten Rennen im Mercedes CLK das Rennen souverän für sich - der starken, auch technisch nach zwei Abt-Audi-Saisonsiegen gut gerüsteten Konkurrenz durch Christian Abt und Mattias Ekström zum Trotz.

Der damals als kommender DTM-Meister gefeierte Franzose fuhr zwar in der Restsaison sowie den ersten fünf Saisonrennen 2003 keinen Sieg mehr ein, beendete seine Durststrecke 2003 jedoch ausgerechnet in Donington: Erneut präsentierte sich der ehemalige Formel-1-Grand-Prix-Sieger im Königreich in Topform, wenngleich er sich starker teaminterner Konkurrenz durch Teamkollege Bernd Schneider zu stellen hatte.

Im Jahr des England-Comebacks haben sich die Zeiten geändert: Von Alesi als Titelkandidat spricht niemand mehr - ein Sieg des Persson-Piloten käme einem Wunder gleich. Auch der Donington Park ist längst in Vergessenheit geraten - dafür ist die auch in Fahrerkreisen nicht ganz unumstrittene Kurzversion des Brands-Hatch-Kurses in aller Munde. Ob der englische Stammgast namens DTM Brands Hatch zur neuen Stammstrecke küren wird, ist eher ungewiss...