Der Norisring ist Preining-Land! Porsche-Werksfahrer Thomas Preining (Manthey-Porsche) hat das Sonntagsrennen der DTM auf dem berühmten Stadtkurs in Nürnberg gewonnen. Vor ziemlich genau einem Jahr hatte der Österreicher dem Sportwagenbauer an gleicher Stelle den historischen ersten Triumph in der deutschen Traditionsrennserie beschert. Mit seinem ersten Saisonsieg und dem dritten seiner DTM-Karriere übernimmt Preining die Führung in der Gesamtwertung.

Rast verärgert über Preining-Move

Die entscheidende Aktion ereignete sich knapp 20 Minuten vor dem Ende des 60-minütigen Rennens, das wegen einer Stör-Aktion durch Klima-Aktivisten mit 12 Minuten Verspätung begann: Der von P2 gestartete Preining, der zunächst zwei Positionen verloren hatte, drückte sich beherzt und mit Kontakt am Führenden Rene Rast (Schubert-BMW) vorbei.

Dabei flogen sogar Teile durch die Luft, die Rennleitung verzichtete allerdings auf ein Einschreiten. "Das war ein sehr später Move von Thomas", sagte Rast in einer ersten Reaktion. "Das war eigentlich nicht, was wir in der Fahrerbesprechung vereinbart hatten."

Preining behauptete die Führung im Manthey-Grello bis zum Zieleinlauf knapp vor dem dreifachen DTM-Meister Rast, der am Samstagmorgen seine erste Pole Position für den neuen Arbeitgeber BMW erzielt hatte. Beim Zieleinlauf trennte das Duo nur 2,1 Sekunden auf dem 2,162 Kilometer kurzen Stadtkurs, dem Schauplatz des dritten Rennwochenendes der DTM-Saison 2023.

Mit dem Sieg revanchierte sich Preining für den Samstag, der so gar nicht nach seinem Geschmack verlaufen war. Im Qualifying hatte er sich ebenfalls den zweiten Startplatz gesichert, kam im Rennen nach einem verpatzten Boxenstopp der Manthey-Mannschaft aber nicht über den zwölften Rang hinaus.

Rast erlebte ebenfalls ein sehr erfolgreiches Wochenende entlang des Dutzendteichs: Der DTM-Star der vergangenen Jahre beendete beide Rennen auf dem zweiten Platz und mischt voll im Kampf um die Meisterschaft mit. Das gilt auch für seinen Schubert-Teamkollegen und amtierenden Champion, Sheldon van der Linde: Der Südafrikaner überquerte die Ziellinie am Sonntag als Dritter, nachdem er das Samstagsrennen von der Pole gewonnen hatte.

Thomas Preining holte sich seinen zweiten Sieg auf dem Norisring, Foto: LAT Images
Thomas Preining holte sich seinen zweiten Sieg auf dem Norisring, Foto: LAT Images

102.000 Zuschauer verfolgten am Wochenende die größtenteils saubere Renn-Action auf dem Norisring - und das bei hochsommerlichen Temperaturen von über 30 Grad! Nach dem teuren Crash-Festival im vergangenen Jahr, benahmen sich die 27 Piloten diesmal deutlich besser auf der Strecke. Die beiden Rennen wurden hart geführt, eine zunächst befürchtete Ausfall-Orgie im großen Starterfeld mit sechs Marken blieb allerdings aus. Eine Kollision von David Schumacher zur Halbzeit des Rennens bildete dabei eine Ausnahme.

Hinter den Top-3 folgten auf den Plätzen vier und fünf Mirko Bortolotti (SSR-Lamborghini), Kelvin van der Linde (Abt-Audi). Der ältere Bruder von Sheldon van der Linde lag am Samstag lange Zeit auf Podestkurs, bis ein Defekt am Lenkrad ihn fünf Minuten vor dem Ende aus dem Rennen nahm.

Dennis Olsen (Manthey-Porsche) sammelte nach Platz drei am Samstag mit P6 weitere gute Punkte. Mit Laurin Heinrich (Bernhard-Porsche, nach Rennende unter Beobachtung der Rennleitung) und seinem Teamkollegen Ayhancan Güven folgten zwei weitere Porsche-Piloten auf den Plätzen sieben und acht.

Maro Engel (Landgraf-Mercedes) und Luca Stolz (HRT-Mercedes) komplettierten die Top-10 an einem schwierigen Wochenende für die AMG-Mannschaften.

DTM am Norisring: So lief das Rennen am Sonntag

Start: Rene Rast konnte seine Position am Start ohne Probleme behaupten. Thomas Preining versuchte, sofort herüberzuziehen, musste sich aber schon vor ersten Kurve im Beschleunigungsduell gegen Sheldon van der Linde geschlagen geben. Ayhancan Güven im KÜS-Porsche nutzte die Gunst der Stunde und stach innen in Kurve 1 innen rein, da Preining etwas weit kam. Erstaunlich: Alle Piloten kamen ohne größere Berührung durch die erste Kurve. Sieger der Startphase waren Lucas Auer und Maro Engel. Auer konnte sechs Positionen gutmachen, Engel ganze fünf.

Erste Rennhälfte: Die erste Phase des Rennens stand ganz im Zeichen von Schubert-Motorsport. Nachdem Sheldon van der Linde die ersten Minuten versuchte, Rene Rast Druck zu machen und dicht auffuhr, ließ der amtierende Champion etwas locker. Dahinter versuchte sich Kelvin van der Linde an dem vor ihm fahrenden SSR-Lamborghini von Mirko Bortolotti. Einen Weg vorbei fand er allerdings nicht.

Große Probleme wie bereits im Qualifying hatten dabei aber die beiden Frey-Ferraris von Thierry Vermeulen und Jack Aitken, die dem Feld auch in dieser Phase des Rennens hinterherfuhren. Zwar blieb Vermeulen am SSR-Lamborghini von Alessio Deledda dran, konnte diesen aber nicht überholen. Dass es nicht leicht ist, auf dem Kurs zu überholen, zeigte auch eine Szene, in der Abt-Audi-Pilot Ricardo Feller versuchte, außen in Kurve eins an Christian Engelhart im Toksport-Porsche vorbeizugehen. Feller konnte sich nur mit Mühe heransaugen, kam in der ersten Kurve außen aber viel zu weit.

Bei 40 Minuten auf der Uhr öffnete schließlich das Boxenstopp-Fenster. Clemens Schmid und Jusuf Owega eröffneten diese direkt mit einem Wechsel auf frische Slicks. Wenig später folgten aber auch Franck Perera, Marco Wittmann oder Lucas Auer, der in seinem WINWARD-Mercedes auch an diesem Wochenende zu kämpfen hatte. Überraschend früh machte sich auch Thomas Preining an die Box, genauso wie Sheldon van der Linde oder Ayhancan Güven, die nur eine Runde später reinfuhren. Für Preining sollte sich das bezahlt machen, da der Undercut gegen Güven so gelang.

Kurz davor kam es dann aber zu der ersten größeren Kollision des Rennens: David Schumacher verschätzte sich in der ersten Kurve außen gegen Patric Niederhauser und fuhr dem Orange-1-Audi hinten ins Heck. Niederhauser drehte sich weg, David Schumacher musste sein beschädigtes Auto folglich abstellen.

Thomas Preining versuchte nun, auch Sheldon van der Linde zu attackieren, der rote Schubert-BMW konnte die Angriffe des Manthey-EMA-Porsche auch mit Hilfe von leichten Schlangenlinien aber zunächst abwehren. Kurz vor Halbzeit des Rennens wechselte auch Rast auf frische Pneus, kam aber weit vor van der Linde und Preining wieder auf die Strecke.

Zweite Rennhälfte: Zu Beginn der zweiten Rennhälfte musste Ayhancan Güven eine Penalty Lap antreten, nachdem sich seine Räder beim Boxenstopp verbotenerweise durchgedreht hatten. Thomas Preining ließ unterdessen nicht an Sheldon van der Linde los. In der ersten Kurve versuchte der 24-Jährige Linzer dann sein Glück und stach spät innen in der ersten Kurve hinein. Sheldon van der Linde konnte sich nicht verteidigen. Plötzlich schien der Kampf um den Rennsieg wieder offen. Thomas Preining holte mit großen Schritten auf Rast auf, der sich mit dem zu überrundenden Verkehr abmühte.

22 Minuten vor Schluss war es dann soweit: Thomas Preining deutete vor Kurve eins außen ein Manöver an und zog dann plötzlich nach innen. Rast rechnete nicht damit und musste dabei zusehen, wie ihm Preining mit einem etwas optimistischen Manöver leicht ins Auto fuhr und in weiterer Folge vorbeiging. Rast war alles andere als glücklich darüber und verlangte seine Position zurück. Die Rennleitung ging der Aufforderung allerdings nicht nach.

Preining konnte sich in der Folge absetzen, Rast machte seinen Unmut aber nach wie vor per Lichthupe zum Ausdruck. Rund zehn Minuten vor Schluss stellte Alessio Deledda plötzlich sein Auto an der Box ab, während im Mittelfeld wie etwa bei Kelvin van der Linde und Mirko Bortolotti noch Positionskämpfe stattfanden. An der Spitze hatte sich das Feld wenigen Minuten vor der Zielflagge sortiert, auch wenn Sheldon van der Linde sich langsam aber sicher an Rene Rast heranarbeitete. Schließlich sollte sich an der Konstellation aber nichts mehr ändern. Thomas Preining holte sich vor Rene Rast und Sheldon van der Linde auf dem Norisring seinen insgesamt dritten DTM-Sieg!