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Nach dem Türkei-Debüt der DTM sind die Vorzeichen vor das Saisonfinale eindeutig: Mattias Ekström und Audi haben nur noch eine Chance den Fahrertitel zu holen; Ekström muss gewinnen und Gary Paffett muss ausfallen. Dann ist der Schwede wieder Meister.

Schöner wäre es natürlich gewesen, wenn die beiden Titelrivalen den Meisterschaftskampf auf der Rennstrecke gegeneinander hätten austragen können. Aber hätte, wäre und wenn zählen nicht. Dann könnte man auch sagen, dass Paffett ohne Durchfahrtsstrafen und Fehler bereits mehr Punkte auf dem Konto hätte.

Bei Mercedes ging alles

Das Rennen in der Türkei lässt sich auf einen Nenner gebracht ganz einfach zusammenfassen: Bei Audi funktionierte nicht wirklich viel und bei Mercedes funktionierte einfach alles.

Die Mercedes der 2005er Generation fuhren mit einer starken Mannschaftsleistung vorne weg und nur Jean Alesi verlor durch sein Boxenstopp-Pech den Anschluss an das Führungs-Quartett. Die große Frage ist nun natürlich: Wo kam diese Stärke her?

Im Training sah Mercedes zunächst nicht so deutlich überlegen aus. Des Rätsels Lösung ist für mich in der Regenabstimmung und beim Luftdruck der Reifen zu suchen. Dort muss man bei einem Regentest in diesem Jahr ein besseres Setup herausgefahren haben als die Konkurrenz. Schließlich konnte im ersten richtigen Regenrennen der Saison weder Audi noch Opel mit Mercedes mithalten.

Bei Mattias Ekström gehe ich unterdessen nicht davon aus, dass sein Auto bei der Berührung mit Jamie Greens Wagen stark beschädigt wurde. Ihm schien einfach der nötige Grip zu fehlen.

Meine erste Vermutung war deshalb, dass Mattias zu viel Luft in den Reifen hatte. Als die Strecke abtrocknete, stieg die Temperatur seiner Pneus an und wenn ein Regenreifen heiß wird, dann geht der Luftdruck weiter nach oben. Dadurch verliert der Reifen an Haftung und die Rundenzeiten steigen.

Motorsport ist Überholsport

Der angesprochene Zweikampf zwischen Mattias Ekström und Jamie Green sorgte nach dem Rennen für viele Diskussionen. Aus meiner Sicht steht jedoch fest: Motorsport ist Überholsport.

Der Angriff von Jamie Green kam in der ersten Runde vielleicht etwas überraschend für Mattias. Deswegen rechnete dieser möglicherweise nicht mit einem Überholversuch. Das hat Green blitzschnell erkannt und ausgenutzt.

Da Jamie etwas über die Kerbs gefahren ist, wurde sein Auto unruhig und er berührte den Audi von Ekström leicht. Aber besonders dramatisch war die Szene nicht. Eine Strafe wäre jedenfalls nicht gerechtfertigt gewesen.

Ich habe bereits nach dem Überholversuch von Jean Alesi am EuroSpeedway gesagt, dass man mit den Strafen vorsichtig umgehen müsse. Denn wenn man nicht Überholen darf, dann ist es kein Tourenwagensport mehr.

Die Zuschauer kommen schließlich an die Strecke, weil sie Überholmanöver sehen möchten. Ohne Zweikämpfe und Positionswechsel bräuchten wir keinen Motorsport zu betreiben. Dann setzen wir uns lieber zu Hause an den Computer und spielen dort ein Rennspiel ohne Überholverbot.

Es ist aber verständlich, dass die Audi- und Ekström-Fans nach dem Manöver aufgeschrieen haben. Ich sehe die Situation hingegen neutral, da beide Fahrer erfrischend für die DTM sind. Leider sind sie fast schon ein bisschen zu dominant, da der Rest zu stark abfällt.

Hier muss man sich für das nächste Jahr eine Lösung überlegen. Früher wurden die Zusatzgewichte beispielsweise nicht an die siegreiche Marke, sondern die siegreichen Fahrer gekoppelt. Deshalb blieb es damals bis zum allerletzten Rennen spannend.

Eine gelungene Strecke

Der Istanbul Speed Park hat sich bei seinem DTM-Debüt auf alle Fälle bewährt. Ich durfte an diesem Wochenende einige Runden auf dem neuen Kurs von Hermann Tilke fahren und es gibt durchaus einige sehr interessante Stellen. Natürlich gibt es auch einige Ecken, die ich anders gestaltet hätte, aber solche persönliche Vorlieben dürfte jeder Rennfahrer auf jeder Rennstrecke haben.

Alles in allem ist der Speed Park eine gelungene Strecke. Auch wenn es ein bisschen weit weg von Deutschland ist, dürfen wir froh sein dort fahren zu können. Der Türkei fehlt es zwar noch an einer entsprechenden Motorsport-Tradition, aber dank dieser Rennstrecke wird sich das sicherlich bald ändern.

Beim Saisonfinale in Hockenheim bewegen wir uns wieder auf vertrautem Motorsport-Terrain. Für Mattias Ekström gibt es dort nur noch eine Devise: Attacke! Er muss versuchen die Pole zu holen, das Rennen zu gewinnen und darauf hoffen, dass Gary Paffett ausfällt.