Es ist die 22. Runde des Sonntagsrennens beim Saisonfinale der DTM in Hockenheim als es so richtig zur Sache geht. Gerade die Hälfte der Renndistanz ist zurückgelegt, doch für den frischgebackenen Meister Pascal Wehrlein im Mercedes sowie Audi-Pilot Nico Müller ist das Rennen aus verschiedenen Gründen im Grunde bereits gelaufen. Müller liegt nach einer aus Audi-Sicht völlig unverständlichen Durchfahrtsstrafe genauso aussichtlos zurück wie Wehrlein wegen etlicher Beschädigungen an seinem Boliden aus der Anfangsphase des Rennens.
Die Herangehensweise der beiden Rennfahrer aus dieser nahezu identischen Ausgangssituation könnte allerdings unterschiedlicher kaum sein. Während Müller kaum noch einen Sinn erkennt, mit vollem Einsatz und Risiko weiterzufahren, sieht das bei Wehrlein völlig anders aus. "Ich hatte viele Berührungen nach dem Start. Ich hatte keine Downforce und keinen Grip, mein Lenkrad war nicht mehr gerade und mein Ingenieur fragte mich, ob ich das Rennen stoppen oder beenden wolle, aber ich sagte, ich will es beenden. Dann können wir feiern und ein paar Donuts vor der Mercedes-Tribüne machen", erklärt Wehrlein seine Beweggründe.
Müller: Er ist völlig verrückt!
Zuende fahren heißt bei Wehrlein jedoch gleichzeitig: richtig fahren. Nichts da Kaffeefahrt. Und so verteidigte sich der Champion mit aller Macht und Härte gegen den attackierenden Nico Müller. Mehrfach berühren sich die Boliden im Duell weit außerhalb der Top-10, Wehrlein hebt kurzzeitig sogar ab nachdem er über einen Kerb gefahren war. Doch es ist Müller, dem die Situation so gar nicht passt. "Er ist völlig verrückt dieser Idiot!", keift der Audi-Pilot wütend in den Funk.
Später gibt er sich auf Nachfrage von Motorsport-Magazin-com zu der umstrittenen Szene zwar ruhiger, spart jedoch keineswegs an Kritik: "Ich habe über Funk gesagt: 'Es geht hier eigentlich um nichts, was hat der eigentlich vor?' Er ist mir zweimal richtig ins Auto gefahren. Als ich überholen wollte, ich war mit DRS deutlich schneller, da so krass zu verteidigen, wenn es um nichts geht, und mich da zweimal von der Strecke zu fahren, ist unnötig, finde ich."
Schließlich sei es in der Situation gerade einmal um die Plätze 16 oder 17 gegangen. "Dass man sich da so aufführen muss und so ein Theather macht, verstehe ich nicht. Er hat es wohl irgendwann eingesehen und aufgegeben. Es ist unnötig, dem anderen da ins Auto zu fahren und dich da nicht mehr ganz so fair von der Strecke zu drängen, wenn es um so wenig geht. Klar kämpft man um jede Position. Aber dahinten muss man ja nicht ganz mit den härtesten Bandagen fahren", poltert Müller.
Fritz lobt Wehrleins Kampfgeist
Bei Wehrlein ist der Kampfgeist im Kontrast dazu jedoch noch immer hellwach. "Ich habe bis zuletzt versucht, zu pushen und weiter nach vorne zu kommen, aber es war unmöglich. Mein Auto war zu stark beschädigt", sagt Wehrlein. Eine Einstellung, die Teamchef Ulrich Fritz seinem besten Fahrer der Saison hoch anrechnet. "Man muss zum Pascal heute ganz klar sagen, dass er nach den ersten paar Runden nicht mehr das Auto gehabt hat, das irgendwie in der Lage gewesen wäre vorne mitzufahren. Aber er hat sich eben einfach vorgestellt, dass er irgendwie den Titel noch vor den Fans feiern kann. Das spricht einfach für ihn, dass es da nicht einfach das Auto abstellen wollte. Es war dann einfach ein schöner Saisonabschluss", sagt Fritz.
Den Vorfall mit Nico Müller selbst will Fritz nicht bewerten. "In der Übertragung war das teilweise nicht ganz zu sehen. Wir haben dann die Anweisung bekommen, Plätze zu tauschen. Für uns war da am Anfang nicht klar warum. Ich muss mir nochmal die Slow-Mo angucken. Ich möchte da kein Urteil fällen, ohne das gesehen zu haben", sagt Fritz.
diese DTM Nachricht