Die DTM stand in der Vergangenheit nicht im besten Ruf, was die Action auf der Strecke betraf, weshalb sich die führenden Köpfe im Winter zusammensetzten und beschlossen, wie in der Formel 1 ein Drag Reduction System einzuführen, welches das Flachstellen des Heckflügels ermöglicht, damit es zu mehr Positionswechseln kommt. Das Flachstellen des Spoilers um 16 Grad ermöglicht fünf bis acht km/h mehr an Topspeed - ob dies jedoch tatsächlich genügt, um richtige Überholmanöver zu setzen, wird sich erst beim Saisonauftakt in Hockenheim zeigen. "Wir gehen davon aus, dass es zumindest zum Danebenfahren und dann in der Kurve innen Durchstoßen ausreichen wird", erklärte Stefan Aicher, Konstruktionsleiter bei Audi Sport.

Die Verwendung des Systems ist in den ersten drei Rennrunden verboten und auch nach der Anfangsphase ist der Einsatz nur möglich, wenn der Abstand zum Vordermann geringer als zwei Sekunden ausfällt. Vor allem bezüglich des Zeitabstands gab es in der Winterpause hitzige Diskussionen, schlussendlich kam man jedoch zum Konsens, dass zwei Sekunden das optimale Maß darstellen, da somit das Überholen ermöglicht wird und zudem das Feld wieder näher zusammenrückt. Anders als in der Formel 1 gibt es keine speziellen DRS-Zonen, das System kann jedoch nur einmal pro Runde zur Anwendung gebracht werden. Die Aktivierung erfolgt durch Knopfdruck am Lenkrad. In Hockenheim soll der Zeitvorteil durch das Flachstellen des Flügels etwa drei Zehntel pro Runde betragen.

Um zu gewährleisten, dass die Sicherheit der Piloten nicht gefährdet wird, klappt der Flügel beim Erreichen einiger Parameter automatisch wieder in die Ausgangsstellung zurück. Dazu zählt etwa ein Bremsdruck über 15 Bar oder Querbeschleunigung jenseits der Marke von 2,5 G. "Diese Sicherheitsfeatures gibt es, damit die Piloten DRS nicht bis zum Extrem ausreizen und es bis in die Bremszonen hinein noch nutzen", erklärte Aicher. "Sobald sie vom Gas gehen oder auf die Bremse steigen, geht Flügel zu und Abtrieb ist wieder vorhanden." Wie sich das Fahrverhalten der Autos beim Verlassen des Windschattens ändern wird, sei noch offen. "In Brands Hatch wird es wohl schwierig mit dem DRS-Einsatz", richtete Aicher den Blick bereits auf die zweite Saisonstation auf dem kurzen Kurs im Süden Englands.

Eigenverantwortung

Sollte das Marshalling-System, welches DRS bei entsprechendem Abstand zum Vordermann automatisch freigibt, ausfallen, sind die Piloten auf sich selbst gestellt und müssen von ihren Renningenieuren Anweisungen über den korrekten Einsatz erhalten. Auf der Start- und Zielgerade befinden sich Kameras, anhand derer die Rennleitung im Fall der Fälle in der Lage ist, nach den Rennen die Abstände genau zu bestimmen und eventuelle Fehltritte zu erkennen. Zunächst waren Abstandsmessungen in allen Sektoren geplant, doch das sei nicht zu realisieren gewesen.

Während DRS im Freien Training beliebig oft eingesetzt werden kann, ist es im Qualifying ebenso wie bei Regen verboten. In Hockenheim ist davon auszugehen, dass die Heckflügel zu rund 95 Prozent in der langen Parabolika flachgestellt werden, erklärte Aicher. In dieser langgezogenen Kurve, die einer Geraden gleicht, gibt es kaum Querbeschleunigung, weshalb die Gefahr eines ausbrechenden Hecks nicht gegeben sei. "Das ist absolut unkritisch", stellte der Audi-Mann klar. Für die Fans werde der Einsatz der neuen Technologie bestens zu verfolgen sein. "Wenn man es zum ersten Mal sieht, denkt man, der ganze Flügel klappt weg."

BMW-Motorsportchef Jens Marquardt ist davon überzeugt, dass das System im Zuge der Testfahrten ausreichend auf Herz und Nieren geprüft wurde. "Wichtig ist die Tatsache, dass sich die gesamte Aero-Balance verschiebt, da wir den ganzen Flügel wegklappen können", erklärte er. "Man sammelt Erfahrungen, was das für den Bremspunkt und die Balance bedeutet. Das haben wir gut ausprobieren können, wir werden im Rennen also nicht überrascht. Es betrifft ja nicht nur die Gerade, sondern eben auch die Balance, wenn man in die Bremszone geht."

Gleichzeitig wird über die Möglichkeit diskutiert, sich teamintern mit Windschatten auszuhelfen. Heißt: Der Vordermann ist auf den schnellen Option-Reifen unterwegs, der Hintermann - auf den Prime-Reifen - stellt den Flügel flach und verschafft sich somit einen Vorteil. Ein Manöver, das gelegentlich in der Formel 1 zum Einsatz kommt. In der DTM ist dies jedoch nur schwer zu realisieren, da der Option-Reifen wesentlich schneller ist als sein Standard-Pendant. Das gegenseitige Windschatten-Fahren bringt ein großes Risiko mit sich und wird in den ersten Rennen des Jahres eher nicht zum Einsatz kommen.