Richard Lietz muss grinsen, als er das wohlvertraute Kleidungsstück am Fan-Stand von Goodyear bei den 24 Stunden von Le Mans entdeckt. "Der Rennoverall würde mir jetzt immer noch passen", sagt der Porsche-Pilot, der in genau diesem Rennanzug und dem dazu ausgestellten Helm im Jahr 2022 einen Klassensieg beim berühmtesten Autorennen der Welt feierte. Es war Lietz' vierter Triumph beim Langstrecken-Klassiker in Frankreich nach 2007, 2010, 2013 und eben vor zwei Jahren.

Wenn der 40-Jährige über Le Mans spricht, weiß er, wovon er redet: An diesem Wochenende bestreitet Lietz sein bereits 18. 24-Stunden-Rennen an der Sarthe, seit 2007 startet er durchgängig auf Porsche-Rennwagen. Dieses Jahr kämpft der Österreicher in der neueingeführten LMGT3-Klasse auf dem #91 Manthey-Porsche 911 GT3 R und nimmt es mit 22 Konkurrenten von acht unterschiedlichen Autoherstellern auf.

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Manthey startet mit zwei Porsche 911 GT3 R bei den 24h Le Mans, Foto: LAT Images

"Schöne Anerkennung für oftmals nicht wertgeschätzte Leistung"

Den ersten persönlichen Erfolg hat Lietz in der Langstrecken-Weltmeisterschaft, zu der die 24h Le Mans zählen, bereits errungen: Beim vorangegangenen WEC-Rennen in Spa-Francorchamps gewann er den seit 2023 von Goodyear ausgeschriebenen 'Wingfoot Award'. Damit zeichnet der exklusive Reifenlieferant der LMGT3- sowie LMP2-Kategorie Fahrer aus, die über eine gesamte Stintlänge hinweg konstante Performance und Ausdauer zeigen.

Bei den 24 Stunden von Le Mans wird der Award anhand des besten Dreifach-Stints für jeden LMP2-Fahrer und des besten Doppel-Stints für LMGT3-Rennfahrer berechnet. Gezählt werden nur die Runden bei freier Strecke. Full Course Yellow- und Safety Car-Phasen sowie Slow Zones sind von der Kalkulation ausgeschlossen. Inlaps und Outlaps werden ebenfalls nicht berücksichtigt.

"Das ist eine schöne Anerkennung für eine im Langstrecken-Sport sehr wichtige Leistung, die aber oftmals nicht so sehr wertgeschätzt wird, weil man heutzutage mehr auf einzelne Rundenzeiten schaut", erklärt Wingfoot-Gewinner Lietz im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. "Es geht tatsächlich um das Gesamtbild. Das Ziel lautet schließlich, konstant schnell zu fahren."

Für Lietz und sein Manthey-Team bilden die 24 Stunden von Le Mans das Highlight des Jahres - das gilt ebenso für Goodyear, das in seiner über 125-jährigen Firmenhistorie auf 49 Gesamtsiege beim größten Rennen der Welt zurückblickt. Neben den 23 GT3-Fahrzeugen gehen 16 LMP2-Boliden mit Goodyear-Reifen an den Start, womit insgesamt 39 Rennwagen - rund zwei Drittel des gesamten Starterfeldes - mit den Produkten des Traditionsunternehmens ausgerüstet sind.

Goodyear in der WEC und bei den 24 Stunden von Le Mans
Goodyear stattet die Klassen LMGT3 und LMP2 in Le Mans aus, Foto: Clement Marin

Herausforderung Le Mans - Outlaps auf ungeheizten Reifen

Eine Besonderheit besteht dieses Jahr im erstmaligen, vorgeschriebenen Verzicht auf Reifenwärmer. Alle Teilnehmer bestreiten ihre Outlap nach einem Boxenstopp auf ungeheizten Reifen - eine knifflige Aufgabe, bei der das Talent des Fahrers gefordert ist, sein Fahrzeug auf der Strecke zu halten und die Reifen so schnell wie möglich ins optimale Arbeitsfenster zu bringen. "Der Warm-up ist gut", berichtet Lietz. "Aus der Box heraus hast du ab Tertre Rouge einen relativ guten Grip, das ist schon ein sehr schneller Aufwärmprozess."

Eine Referenz für die Fahrbarkeit der Reifen bilden in diesem Jahr besonders der Fahrer der FIA-Kategorie Bronze, deren Einsatz das Reglement für jedes Team vorschreibt. Lietz über seinen Teamkollegen Yasser Shahin: "Unser Bronze-Fahrer ist sehr glücklich und sagt, dass das der beste Kundensportreifen sei, den er jemals hatte. Es ist für alle wichtig, dass die Kunden glücklich sind. Von daher muss man sagen, dass Goodyear hier einen guten Job gemacht hat."

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Viermaliger Klassensieger in Le Mans: Porsche-Pilot Richard Lietz, Foto: Porsche AG

Lietz: "Es wird nie einen zufriedenen Fahrer oder Ingenieur geben"

Das 6-Stunden-Rennen im belgischen Spa-Francorchamps Mitte Mai, die 'Generalprobe' vor Le Mans, habe laut Lietz einen überraschend hohen Reifenverschleiß zu Tage gefördert, an den sich die Fahrer und Teams mit ihren Strategien entsprechend anpassen mussten. "Aber du musst eben einen Reifen entwickeln, der bei jeder Temperatur, auf allen Strecken weltweit funktioniert, ohne Reifenheizdecken, möglichst keinen Reifenschaden hat und mit dem jeder Hersteller glücklich sein soll", zählt Lietz auf und grinst. "Also, es ist nicht einfach mit uns! Aber weißt du was: Es wird niemals einen zufriedenen Rennfahrer geben, und auch keinen zufriedenen Ingenieur, weil das bedeuten würde, dass man nicht am Limit ist."

Das kann Marco Sörensen, wie Lietz als Platin-Fahrer von der FIA kategorisiert, bestätigen. "Man kann lange auf den Reifen fahren, das ist ein guter Aspekt", sagt der Aston-Martin-Werksfahrer und dreimalige WEC-Weltmeister zu Motorsport-Magazin.com. "Hier in Le Mans kann man während der Doppel-Stints praktisch durchweg Vollgas geben. Die Reifen waren auf den unterschiedlichen Strecken, auf denen wir bisher gefahren sind, ziemlich konstant. Spa war etwas knifflig, aber auf Kursen mit einem 'Low Deg' (geringem Verschleiß) funktionierten sie sehr gut."

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Akkordarbeit in der Boxengasse bei den 24 Stunden von Le Mans, Foto: Porsche AG

Goodyear liefert 7.250 Reifen zu den 24h Le Mans

Rund 7.250 Reifen wurden in der Goodyear-Reifenproduktion in Hanau hergestellt und nach Le Mans verschickt. Mehr als 20 Lkw waren an der Lieferung der Reifen, der Einrichtung der Montagebereiche und der Verpflegung der über 100 Teammitglieder während der Rennwoche beteiligt.

Die Goodyear Fitting Area ist ein zentrales Element im großen Fahrerlager von Le Mans. Hier werden ohne Pause gebrauchte Rennreifen durch neue Reifen ersetzt, um die nächste Phase des Rennens zu bestreiten. Die Wartung tausender Reifen während des Wochenendes erfordert genaue Datenüberwachung, Versorgungsmanagement und Teamwork. RFID-Technologie (Radio Frequency Identification) wird eingesetzt, um die Reifennutzung über ein Wochenende hinweg zu verfolgen. Diese Daten werden auch an die Rennleitung weitergeleitet, um sicherzustellen, dass sich jeder Teilnehmer an die Vorschriften hält.