Spielberg. Eine Idylle für Motorsportverrückte. Sonnenschein, grüne Wiesen und Wälder, volle Tribünen und eine ausgelassene Stimmung. Schöner kann Formel 1 eigentlich gar nicht sein. Okay, auf den umliegenden Wiesen mit direktem Blick auf die Strecke fehlten mir die legendären Rennkühe, aber der Kompromiss dafür Zuschauer zu zulassen ist für mich gerade noch akzeptabel...

Aber dann: Kaum war die Zielflagge gefallen, krachte es inmitten dieser Idylle an allen Ecken und Enden. Fahrer schossen gegen ihre Kollegen, Teamchefs gegen ihre Motorenhersteller und Experten gegen alles und jeden. Mehr als einmal fragten sich Kerstin und ich danach, ob ihnen vielleicht jemand etwas ins Wasser gemischt hatte oder ihnen womöglich die frische steirische Luft nicht bekommen war? Denn die Liste der Frustrierten und Wütenden war lang:

Der Frust der Monisha Kaltenborn: Die Sauber-Teamchefin ist immer offen und bereit, ihre Meinung auch zu heiklen Themen kundzutun. Wenn es bei ihrem Team aber wie in dieser Saison nicht läuft, kann sie auch mal sauer werden. So zum Beispiel nach dem Kommunikationsproblem in Spielberg. Erst klappte der Boxenstopp nicht, dann erhielt der falsche Fahrer die Anweisung, langsamer zu machen.

"So ein Fehler darf nicht passieren", beschwerte sich Kaltenborn im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. Unsere Kerstin staunte nicht schlecht, als Monisha munter hinzufügte: "Normalerweise weiß man, wie man da zu reagieren hat. Fakt ist, dass so etwas überhaupt nicht akzeptabel ist. Die Leistung des Teams, da nehme ich die Fahrer ausdrücklich raus, war nicht in Ordnung."

Jacques Villeneuve teilt mal wieder ganz schön aus!, Foto: Red Bull/GEPA
Jacques Villeneuve teilt mal wieder ganz schön aus!, Foto: Red Bull/GEPA

Der Zorn des Jacques Villeneuve: Kaum hatte sich die Sauber-Teamchefin wieder beruhigt, legte der nächste vor Kerstins Mikrofon nach: Jacques Villeneuve! Allgemein kein Kind von Traurigkeit, wenn es um deutliche Worte geht. So stellte er gegenüber Motorsport-Magazin.com klar, dass Nico Rosberg in seinen Augen den größeren Killerinstinkt als Lewis Hamilton besitzt. Und dann kritisierte er den Umgang von Red Bull mit Sebastian Vettels Pechsträhne: "Hinzu kommt, dass er vom Team oder besser gesagt von Dr. Helmut Marko ständig gesagt bekommt, dass er endlich aufwachen muss. Das heißt, er bekommt auch keine positive Energie vom Team."

Der Ärger des Christian Horner: Kaltenborn und Villeneuve im Kasten ging es weiter zu Christian Horner. Der Red-Bull-Teamchef kam angesichts des Debakels beim Heimrennen seiner Mannschaft rund fünfhundertmal schneller auf Touren als die Power Units seiner Autos: "Die Performance ist nicht akzeptabel, das müssen sie ändern", kritisierte er Renault. "So kann es nicht weitergehen, weder für Red Bull, noch für Renault. Es muss etwas passieren."

Kimi und Seb können sich die Hand geben: Es läuft einfach nicht..., Foto: Red Bull
Kimi und Seb können sich die Hand geben: Es läuft einfach nicht..., Foto: Red Bull

Der Frust des Kimi Räikkönen: Bereits während des Rennens machte sich der Ferrari-Pilot Luft: "Dann gebt mir mehr Power!" Die Anweisungen seines Ingenieurs ließen den Iceman explodieren. Nach Rennende hatte er sich zwar wieder beruhigt, sprach aber erstmals in dieser Saison offen über die Probleme, die ihm bei Ferrari zu schaffen machen und kritisierte gleichzeitig die Strategie der Scuderia. "Als ich das erste Mal zum Reifenwechsel kam, waren meine Reifen komplett hinüber. Allein auf meiner Inlap habe ich zwei Plätze verloren", sagte er. "Wir hätten definitiv früher stoppen müssen."

Jacques Villeneuve gefielen die Beschwerden des Finnen hingegen gar nicht. "Wenn er nicht mehr in der Formel 1 fahren kann, dann soll er nach Hause gehen", wetterte er gegen Räikkönen. "Er hat in dieser Saison eine Reihe von Drehern gezeigt als wäre er noch in der Formel 3. Wir brauchen niemanden, der nach jedem Rennen Ausreden sucht, als wäre er ein Rookie."

Die Resignation des Fernando Alonso: Doppelweltmeister, einer der besten seiner Zunft, ein Kämpfer vor dem Herrn. Fernando Alonso ist niemand, der schnell aufgibt. Mancher im Fahrerlager glaubt sogar, dass der Spanier mit einem Mercedes-Kraftwerk im Auto allen davon fahren könnte. Im unterlegenen Kampf gegen die Stuttgarter Übermacht hisste Alonso am Sonntag aber überraschend die weiße Fahne.

"Im Rennen haben die Mercedes-Teams einen so großen Vorteil, dass sie damit spielen können", gestand er niedergeschlagen. "Der Unterschied zwischen den beiden Autos in der ersten Runde gegen Lewis Hamilton war unglaublich! Wenn sie mit diesen Einstellungen das ganze Rennen fahren würden, dann würden sie jeden überrunden!" Der Glaube an die Stärke des eigenen Teams klingt anders.