Unspektakulärer hätte ein Debüt in der Formel 1 kaum ablaufen können. Heimlich, still und leise hat Lotus am Donnerstag den jungen Marco Sörensen offiziell als Ersatzfahrer für die Saison 2014 vorgestellt. Bei einem Gruppenfoto in der Boxengasse von Bahrain stellte das Team sein komplettes Fahrer-Aufgebot vor und überraschte die Beobachter vor allem mit Charles Pic, der nach seinem Aus bei Caterham in letzter Sekunde einen Arbeitsplatz in der Formel 1 ergattern konnte - wenn auch nur als Ersatzmann. Während Pic im Lotus-Rennoverall für die Fotografen posierte, stand Sörensen ziemlich unscheinbar in normalen Lotus-Klamotten direkt daneben und lächelte in die Kameras.

Es war kein allzu großes Geheimnis, dass der 23-Jährige dieses Jahr in den Formel-1-Kader von Lotus aufsteigen würde, Experten hatten bereits im Januar mit der Bekanntgabe gerechnet. Kurz nach Jahresbeginn hatte Lotus eine Sponsoren-Partnerschaft mit der dänischen Bank Saxo - vor allem im Radsport als Geldgeber aktiv - bekanntgegeben und vieles deutete darauf hin, dass der Deal nicht unwesentlich mit der Personale Sörensen zusammenhing. Nun ließ sich Lotus mit der Verkündigung einen Monat länger Zeit und wählte die Testfahrten im Wüstenstaat als geeignete Bühne.

Ganz rechts: Marco Sörensen, Foto: Sutton
Ganz rechts: Marco Sörensen, Foto: Sutton

Sörensen ist in der Formel-1-Welt noch recht unbekannt, wenngleich er prominente Unterstützung genießt: Er wird seit Jahren vom luxemburgischen Unternehmen Gravity betreut, welches das Management für sämtliche Lotus-Junioren und auch Grosjean übernimmt. Chef von Gravity ist Eric Boullier, der seinen Schützling also kurz vor seinem eigenen Abgang Richtung McLaren noch im Team aus Enstone untergebracht hat. Seit 2009 gehört Sörensen bereits zum Förderprogramm von Lotus, im gleichen Jahr wurde auch Teamkollege Pic in den elitären Kader aufgenommen.

Allzu viele Einsätze im neuen E22-Boliden dürfte Sörensen in diesem Jahr nicht bekommen, sein Fokus liegt klar auf Simulator-Einheiten. "Ich reise wahrscheinlich zu sechs, sieben Rennen mit an die Strecke, und das wird sicherlich auch eine fantastische Erfahrung", hielt Sörensen den Ball erst einmal flach. Dabei hat er zumindest ein wenig F1-Erfahrung: Im September vergangenen Jahres testete er in Paul Ricard einen zwei Jahre alten Lotus-Boliden.

Sörensen 2011 im F3 Cup, Foto: Formel 3 Cup
Sörensen 2011 im F3 Cup, Foto: Formel 3 Cup

Besser bekannt sein dürfte Sörensen Beobachtern der deutschen Formelnachwuchs-Szene. Im Jahr 2008 trat der Däne im ADAC Formel Masters an und sicherte sich auf Anhieb den vierten Gesamtrang - obwohl er nur bei der Hälfte aller Rennen antrat. Bei acht Starts überquerte er die Ziellinie vier Mal als Erster und überzeugte auch bei einigen Renneinsätzen in der Britischen Formel Ford. Renault nahm ihn 2009 in seinen Förderkader auf - ein wichtiger Schritt, auch wenn das Programm wegen finanzieller Probleme zwischenzeitlich eingestellt wurde. Das bekannte Team Motopark aus Oschersleben wurde auf den Youngster aufmerksam und verpflichtete ihn für die Formel Renault 2.0.

In der Saison 2010 hatte Sörensen in Folge der Einstellung des Renault-Förderkaders zu kämpfen und stand zeitweise ohne Cockpit da. Beim bayerischen Team Brandl Motorsport fand Sörensen schließlich doch noch ein Cockpit in der deutschen Formel 3. Nach ein paar sporadischen Einsätzen startete er im Folgejahr mit Brandl für die komplette Saison - das Vertrauen zahlte sich aus, Sörensen holte mit zwei Siegen die Vizemeisterschaft hinter Richie Stanaway, der ebenfalls von Renault gefördert wurde. Außerdem bestritt Sörensen 2011 einen kurzen Gasteinsatz bei Mücke Motorsport in der Formel 3 Euro Serie.

Spektakulärer Unfall 2013 in der Formel Renault 3.5, Foto: WS by Renault
Spektakulärer Unfall 2013 in der Formel Renault 3.5, Foto: WS by Renault

2012 hatte Sörensen Glück, von Lotus (dem Sportwagenhersteller) eine Einladung zu einem Test in der Formel Renault 3.5 zu erhalten - er überzeugte und startete für Lotus' Feeder-Team Gravity-Charouz in der Topklasse der Renault-Meisterschaft. Teamkollege war sein ehemaliger Titelrivale Stanaway. Sörensen beendete die qualitativ stark besetzte Saison mit einem Sieg und drei Podiumsplatzierungen auf dem sechsten Platz. 2013 erhielt Sörensen eine weitere Einsatzchance bei Lotus und schloss die Saison mit zwei Siegen am Red Bull Ring als Gesamtsiebter ab - Meister wurde sein Jahre jüngerer Landsmann Kevin Magnussen.

Magnussen und Sörensen am Red Bull Ring 2013, Foto: WS by Renault
Magnussen und Sörensen am Red Bull Ring 2013, Foto: WS by Renault

Zwar hatte Sörensen nicht selten Pech - mehrmals schied er in Führung liegend aus - doch immer wieder offenbarte sich seine größte Schwäche: Zwar fuhr er in seiner bisherigen Karriere häufig und konstant in die Punkte, doch für Siege reichte es zu selten. Zweiter Nachteil: Motorsport ist in Dänemark schon nicht allzu populär, und Sörensen steht seit einigen Jahren in Magnussens Schatten. Die beiden fuhren seit 2008 fast jedes Jahr in der gleichen Serie - Magnussen gelang als McLaren-Junior und amtierender Formel Renault-Champion dieses Jahr der Sprung zum F1-Stammfahrer - Sörensen dreht hingegen noch eine weitere Extrarunde in Renaults Nachwuchsserie...