Der erste große Verlierer der Formel-1-Saison 2014 heißt Renault. Der französische Motorenhersteller, der in den vergangenen vier Jahren das Weltmeisterteam belieferte, hatte beim Testauftakt in Jerez de la Frontera noch größte Probleme mit der neuen Motorengeneration. Während die Mercedes-Aggregate insgesamt 3847 - und damit rund zwölf Renndistanzen - zurücklegten, brachten es die Renault-Antriebseinheiten auf lediglich 668 Kilometer - oder zwei Renndistanzen.

Dennoch sieht Motorsport-Magazin.com-Experte Christian Danner noch nicht alles verloren. "Jetzt alles schlecht zu reden und von einer totalen Katastrophe zu sprechen, dafür ist es bei Weitem zu früh." Beschönigen wollte er das Debakel aber auch nicht: "Dass der Test in Jerez komplett in die Hose ging, das wissen die Renault-Ingenieure selbst. Aber das heißt noch lange nicht, dass sich dieses Desaster in Bahrain wiederholen wird."

Danner glaubt eher, dass die Renault-Ingenieure nun besonders motiviert sind. "Das war eine Schmach, die sie nicht auf sich sitzen lassen. Das hat sicher dazu geführt, dass sie extra nachgelegt haben. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass dieses Team von Spitzen-Ingenieuren nicht in der Lage ist, diese Probleme zu lösen."

Mit dem Reglement kommt Renault deshalb übrigens nicht in Konflikt. Denn die Homologationsvorschriften für die neuen Antriebseinheiten erlauben zu Beginn der Ära noch umfangreiche Modifikationen, erst nach und nach wird die Entwicklung einzelner Komponenten eingefroren. Die meisten elektronischen Bauteile dürfen sogar bis 2020 weiterentwickelt werden.

Nichts ist unmöglich

Während Renault fehlerhafte Kontrollsysteme als Defektstelle ausmachen konnte, hatte Red Bull mit weiteren Problemen zu kämpfen. Insgesamt kam der Rennstall von Sebastian Vettel an vier Tagen auf lediglich 21 Runden. "Die in Jerez sichtbaren Probleme waren mit Sicherheit thermischer Natur und es würde mich sehr wundern, wenn man bei Red Bull nicht in der Lage wäre, die Temperaturprobleme in den Griff zu kriegen, wodurch auch immer sie entstanden sind", meint Danner.

Der Motor ist nicht Red Bulls einziges Problem, Foto: Renault Sport F1
Der Motor ist nicht Red Bulls einziges Problem, Foto: Renault Sport F1

Während Red Bull, Toro Rosso und Caterham in Jerez mit Kinderkrankheiten zu kämpfen hatten, konnte Lotus das Treiben aus der Ferne beobachten. Das Team von Gerard Lopez musste den Test absagen, weil der E22 nicht rechtzeitig fertig wurde.

Wurde die Abstinenz des WM-Vierten im Vorfeld von vielen Experten noch kritisch beäugt, stellt sich die Lage heute etwas anders dar. "Das einzige Team, das Glück im Unglück hatte und in Sachen Motorinstallation nicht allzu viel verpasst hat, ist Lotus. Unabhängig von den Renault-Problemen wäre es aber auch für Lotus interessant gewesen, herauszufinden, ob die einzelnen Komponenten ausreichend gekühlt werden."

Ursprünglich nicht über die Lotus-Absage erfreut, könnte Renault jetzt sogar richtig vom verspäteten Debüt profitieren. Denn der E22 soll am Freitag in Jerez Promo-Runden drehen. Danner: "Renault hat jetzt mit Lotus die Chancen bei den 'Jerez-Filmaufnahmen' überarbeiteten Kontrollsysteme zu checken."