Bislang stellte die Türkei aus motorsportlicher Sicht so etwas wie einen weißen Fleck auf der Landkarte dar. Dies ändert sich derzeit radikal: Gab 2003 bereits die Rallye-WM im Land der Ottomanen ihre Premiere, so dürfen sich die Mittelmeer-Anrainer in diesem Jahr zusätzlich auf die Formel 1, die Tourenwagen-Weltmeisterschaft, die FIA GT-Weltmeisterschaft, einen Lauf zur MotoGP sowie das Saisonfinale der Le Mans Endurance Series freuen – alles Rennserien, in denen sich auch Michelin werksseitig engagiert.

Dass das Land am Bosporus nicht nur bezüglich wirtschaftlicher Investitionen ein interessantes Pflaster ist, beweist auch ein Blick in die noch junge Geschichte der WM-Rallye Türkei: Vor zwei Jahren war es Citroën-Pilot Carlos Sainz, der das Debüt für den ersten Schotter-Sieg des Michelin-bereiften Xsara WRC nutzte. 2004 wiederholte sein Teamkollege Sébastien Loeb diesen Erfolg. Nun stehen am ersten Juni-Wochenende 18 Wertungsprüfungen auf dem Programm, deren Gesamtdistanz von knapp 400 auf nur noch 350 Kilometer reduziert wurde. Zugleich endet der siebte Saisonlauf bereits am Sonntag Mittag.

Die Rallye Türkei aus Sicht von Michelin

So gnadenlos wie auf den brutalen Pisten Zyperns werden die Teilnehmerfahrzeuge und ihre Reifen in der Türkei nicht mehr gemartert, seit die Veranstaltung von ihrem ursprünglichen Termin am Winterende auf den Sommer verlegt wurde. "Damals zählte dieser WM-Lauf zu den härtesten des ganzen Jahres", erinnert sich Aimé Chatard, Leiter der Rallye-Aktivitäten von Michelin. Von schonendem Umgang mit dem Material kann dennoch keine Rede sein, wie Sébastien Loeb 2004 bewies: Der spätere Sieger entriss seinem Citroën kurz vor dem Ziel noch ein Rad und humpelte auf nur noch drei Reifen dem Service-Park entgegen.

Auch am Bosporus setzt Michelin wieder auf die jüngste Fortentwicklung der bewährten Schotterpneu-Familie "Z", den "Z BTO". Obwohl dieser Reifen bislang ungeschlagen blieb und Loeb zu einem Elf-Punkte-Vorsprung in der Fahrer-Wertung verhalf, warnt Aimé Chatard vor übertriebenem Optimismus: "Die Art und Weise, wie Sébastien auf Zypern dominieren konnte, lässt uns natürlich etwas zuversichtlicher in die Türkei reisen", so der Franzose. "Doch wir dürfen dabei nicht vergessen: Seine unmittelbaren Konkurrenten im Titelkampf, Petter Solberg und Marcus Grönholm, waren bereits sehr früh weit zurück- oder sogar ausgefallen. In einem direkten Duell steigen die Kurvengeschwindigkeiten und die Belastungen für unsere Reifen. Dies könnte ein gänzlich anderes Bild ergeben."

Mit Citroën, Ford und Skoda haben sich alle drei Werkspartner von Michelin für den neuen Z BTO entschieden, den der französische Reifenhersteller mit unterschiedlichen Laufflächenmischungen zur Verfügung stellt. Testfahrten vor Ort waren im Vorfeld dieses WM-Laufs nicht erlaubt, da die Rallye Türkei zu den außereuropäischen Veranstaltungen gezählt wird. Bereits am 25. Mai mussten alle Fahrer jene 75 einzeln markierten Pneus bei der Motorsporthoheit FIA nominieren, von denen sie nicht mehr als 45 Rundlinge einsetzen dürfen.