Hallo aus Le Mans - ich bin schon seit gestern hier und die Vorfreude auf das wichtigste Rennen des Jahres für uns steigt mit jedem Tag. Es ist natürlich sehr schön, als WM-Führender nach Le Mans zu kommen und vor den ganzen erfahrenen Langstrecken-Piloten zu liegen... und das in einer Kategorie wie der GTE-Pro, die in diesem Jahr wirklich sehr umkämpft ist. Die tollen Ergebnisse zu Saisonbeginn geben da schon eine Menge Auftrieb: Erst der Sieg in Silverstone, dann der zweite Platz in Spa, wo uns ja letztlich auch nur das Pech des Safety-Cars genau zum falschen Moment, genau in der Runde vor unserem geplanten Boxenstopp, nachdem die Ferrari schon drin waren, um den Sieg gebracht hat.

Aber jetzt heißt das große Ziel natürlich, diese tolle Serie in Le Mans fort zu setzten, zumindest wieder auf's Podium zu kommen oder sogar um den Sieg mitzukämpfen. Nicht nur, weil es hier ja doppelte Punkte gibt - ein Sieg in Le Mans ist einfach der Traum eines jeden Rennfahrers. Klar ist, dass wir auf jeden Fall in der Lage sein sollten, wieder vorne mitzumischen - aber auch, dass es nicht einfach wird. Ferrari, Porsche und auch die anderen werden sehr, sehr stark sein. Wir müssen auch sehen, wie sich jetzt die technischen Änderungen, die vor Le Mans in Kraft getreten sind, auswirken - wir bei Aston Martin haben ja noch einmal zehn Kilo Gewicht extra drauf gekriegt, während man bei Ferrari alles beim Alten gelassen hat. Das bedeutet schon, dass wir mindestens vier Zehntel pro Runde verlieren, aber andererseits weiß man natürlich, dass der reine Speed bei einem 24-Stunden-Rennen sowieso nicht das allein Entscheidende ist, da kommen so viele andere Faktoren wie Tankstrategie, Durchkommen ohne Defekte, Safety-Cars und manchmal auch eine Portion Glück oder Pech dazu.

Vor allem, weil es im Moment ja so aussieht, als sollte das Wetter doch recht unbeständig werden, mit einiger Regenwahrscheinlichkeit - und das kann dann natürlich schnell zu einem ganz entscheidenden Faktor werden. Beim Testtag vor gut einer Woche war es ja auch schon zeitweise nass, deswegen sind wir da auch sehr vorsichtig zu Werke gegangen, auch am Ende, als wir dann doch noch auf Slicks unterwegs waren. Es ging absolut nicht darum, nun irgendwelche Bestzeiten aufzustellen und dafür ein großes Risiko einzugehen, sondern nur darum, noch das ein oder andere Abstimmungsdetail auszuprobieren und ein gutes Gefühl für das Auto auf dieser Strecke zu bekommen.

Reicht es zum Sieg in Le Mans?, Foto: Speedpictures
Reicht es zum Sieg in Le Mans?, Foto: Speedpictures

In Le Mans werden Fred Makowiecki, Rob Bell und ich übrigens zum ersten Mal mit der Startnummer 99 unterwegs sein, die ja eigentlich von Anfang an für mich vorgesehen war. Das Ganze ist ein bisschen kurios - ich habe jetzt dann alle drei Nummern durch: In Silverstone bin ich ja, weil Aston Martin das dritte Auto noch nicht fertig hatte, außerplanmäßig mit Darren Turner und Stefan Mücke zusammen gefahren - da saß ich in der Nummer 97. In Spa, als das dritte Auto dann da war, hat man Fred, Rob und mich dann unter der 'neuen' Nummer 98 gemeldet - das war ein kleiner Fehler, weil das Auto mit dieser Nummer nicht für die ganze Saison eingeschrieben war und wir deshalb den Punkt für unsere Pole-Position genauso wenig bekommen haben wie Aston Martin unsere Punkte für die Team- und Markenwertung. Deshalb wurde das jetzt schnell wieder geändert - nun fahren wir also mit der 99, wie ursprünglich geplant, und das wird jetzt auch für den Rest des Jahres so bleiben.

Ich habe ja schon ein bisschen Le-Mans-Erfahrung aus dem Jahr 2009. Damals bin ich für Oreca in der LMP1 gefahren - so gut wie Silverstone oder Spa kenne ich die Strecke allerdings natürlich nicht. Und man hat dort durch die langen Runden auch im Training insgesamt weniger Runden, um alles genau kennenzulernen. Dazu kommt etwas, was für mich diesmal ganz anders sein wird: Damals war ich eher der, der beim Überrunden aufpassen musste, nicht an den langsamen Autos hängen zu bleiben. Jetzt ist es umgekehrt, ich muss schauen, den Schnelleren nicht im Weg zu sein, ohne selbst zu viel Zeit zu verlieren. Zumindest in der Nacht wird das sicher nicht einfach werden. Es ist eine große Herausforderung, bei diesem Klassiker zu bestehen, aber ich freue mich schon sehr darauf, und ich habe ja auch zwei hier sehr erfahrene Teamkollegen, die mir sicher noch den ein oder anderen wertvollen Tipp geben können, damit wir alle zusammen ganz weit vorne landen können.