Der fünfte Lauf konnte nicht pünktlich gestartet werden. Was waren die Ursachen und Gründe dafür?
Karl Mauer: Die Rennleitung hatte sich mit mehreren Dutzend Verstößen gegen die Fahrvorschriften und Geschwindigkeitsbeschränkungen bei doppelt geschwenkten gelben Flaggen an einer einzigen Unfallstelle zu beschäftigen. Dieser Prozess hat weit mehr Zeit in Anspruch genommen, als zwischen dem Ende des Trainings und dem geplanten Start des Rennens zur Verfügung stand.

Die Anzahl der Vergehen war ungewöhnlich hoch - gibt es dafür eine Erklärung?
Karl Mauer: Grundsätzlich neigt der Mensch dazu, Limits kompromißlos auszunutzen oder gar zu überschreiten. Angeblich war das ja schon beim ersten Menschen so. Dazu kommen individuelle und situationsbezogene Gründe wie etwa das Nichterkennen von Flaggensignalen, das Passieren einer Gefahrensituation in der Kolonne o.ä.

Wie ist normalerweise der Ablauf, wenn die Rennleitung nach dem Training ein Gelbvergehen zu ahnden hat?
Karl Mauer: Die Rennleitung erhält zunächst eine Information über einen potenziellen Verstoß gegen existierende Regeln. Daraufhin analysiert sie den Vorfall, gegebenenfalls auch unter Rücksprache mit den entsprechenden Sportwarten, und legt eine Ahndung nach Maßgabe der einschlägigen Regularien fest. Anschließend wird der Teilnehmer mit der Gelegenheit zur Stellungnahme informiert und ein abschließendes Ergebnis festgelegt, das auch die jeweiligen Sportkommissare erhalten. In strittigen Fällen wird der Vorgang dort weiterbehandelt.

Wieso kann man bei gleichen Vergehen von vielen Teilnehmern nicht Kollektivstrafen aussprechen?
Karl Mauer: Die kollektive Bestrafung verbietet sich aus Gründen der vorgenannten Vorgehensweise und der Pflicht zur individuellen Betrachtung jedes einzelnen Falles.

Hätte die Möglichkeit bestanden, diese Strafen erst während des Rennens auszuwerten und dann anzuwenden?
Karl Mauer: Nein, nicht im Einklang mit den in der VLN Ausschreibung 2014 festgelegten Strafen für entsprechende Verstöße im Training (Art. 7.3).

War die Verkürzung des Rennens Teil der Bestrafung? Unbeteiligten Teams fühlten sich ungerecht behandelt...
Karl Mauer: Die Verkürzung des Rennens stellt einen Kollateralschaden dar, der sich in dieser Form bei der VLN nicht wiederholen darf. Hier wurden Teams benachteiligt, deren Fahrer sich reglementskonform verhalten haben. Diesen Teams und Fahrern gebührt die Entschuldigung der VLN Verantwortlichen ohne Wenn und Aber.

Wieso war es unumgänglich, die Distanz zu verkürzen?
Karl Mauer: Bei der Festlegung der Mindest-Renndistanz war es das primäre Ziel der Rennleitung, die Voraussetzung für die volle Punktezuteilung zu schaffen. Dies ist gelungen. Letztendlich ergab sich die Renndistanz aus dem Korridor zwischen dem Start des VLN Rennens und dem in der Betriebsgenehmigung des Nürburgrings festgelegten Ende des Rennbetriebs unter Berücksichtigung eines Rahmenrennens zur European Superkarts Serie.

Die Ursache für den ganzen Vorfall waren fast 60 Fahrzeuge, die schlichtweg gegen Regeln verstoßen haben. Wie zeigte sich später das Bild im Rennen? War die Disziplin dort besser?
Karl Mauer: Die Disziplin im Rennen war in Situationen, die mit dem Training vergleichbar sind, belegbar besser, vor allem die Einhaltung der maximal erlaubten Geschwindigkeit von 60 km/h bis zur Aufhebung durch die grüne Flagge.

Neben der VLN auch das 24h-Rennen mit eingeschlossen: Gibt es bei Langstreckenrennen in der ‚Grünen Hölle´ ein generelles Problem mit der Disziplin der Teilnehmer?
Karl Mauer: Natürlich ist am Ende der Teilnehmer immer der primär Schuldige. Nach meiner Beobachtung bringen aber die aktuelle Struktur des Teilnehmerfeldes und eine zunehmende Professionalisierung auch des Breitensports eine Wettbewerbssituation mit sich, die den erfolgsorientierten Teilnehmer zu einer progressiveren Fahrweise zwingt.

Zur Ursache selber: Auslöser war eine Doppelt-Gelb-Phase, in der viele Teilnehmer zu schnell waren. Stellt dieser Vorfall das System mit seiner Geschwindigkeitsvorgabe und der -überprüfung in Frage?
Karl Mauer: Nein. Dieses System wurde als letztes Instrument eingeführt, um Menschen wie Sportwarte, Helfer oder Fahrer in kritischen Situationen zu schützen. An dieser Zielsetzung müssen wir festhalten. Die Herausforderung besteht darin, das System weiter zu verbessern und noch sensibler an die Erfordernisse des Rennbetriebs anzupassen.

Was kann die VLN tun, um derartige Situationen künftig zu vermeiden?
Karl Mauer: Die VLN muss sich selbst noch stärker als Dienstleister und den Teilnehmer als Kunden verstehen. Aber die Teilnehmer müssen auch akzeptieren, dass sie sich bei aller Erfolgsorientierung an bestehende Regeln halten müssen.