Die Kritik an der VLN ist groß. Nachdem sich zahlreiche Fahrzeuge im Zeittraining zum fünften Lauf der beliebten Breitensportserie nicht an eine Code-60-Phase gehalten hatten, musste der Start des Rennens um zwei Stunden verschoben werden. Viele Fahrer und Teamchefs sehen die Schuld nun bei den Verantwortlichen der VLN.

"Nach einem Unfall im Streckenabschnitt Flugplatz gab es dort eine Doppelt-Gelb-Phase, um das Fahrzeug zu bergen", erklärte Rennleiter Andreas Thamm die Situation. "Dabei hielten sich ungewöhnlich viele Fahrer nicht an die vorgeschriebene Geschwindigkeitsbegrenzung von 60 Stundenkilometern. Wir haben jeden Verstoß individuell und gewissenhaft bearbeitet - dabei konnten wir den Zeitplan leider nicht einhalten."

Während ein Großteil der Teams die Strafen akzeptierten und das Rennen von weiter hinten aufnahmen, war das Fass für Uwe Alzen und Klaus Landgraf übergelaufen. Beide Teams entschieden sich nach wenig zielführenden Diskussionen mit dem Rennleiter, die Fahrzeuge aus der Startaufstellung zu nehmen. "Weder diskutiere noch verbringe ich mit solchen Leuten meine Freizeit", erklärte Klaus Landgraf. "In den nächsten Wochen, werden wir entscheiden, ob diese Serie weiterhin sinnvoll für unser Team ist. Alternativen gibt es reichlich."

Landgraf Motorsport zog den Porsche vom Rennen zurück, Foto: Patrick Funk
Landgraf Motorsport zog den Porsche vom Rennen zurück, Foto: Patrick Funk

Schauspiel der vermeintlichen Macht

"Dieses Schauspiel der vermeintlichen Macht einer Rennleitung beim fünften VLN-Lauf war eine Blamage für diese Breitensportserie", so Landgraf weiter. "Die Leittragenden waren einzig und allein die Fahrer, Zuschauer, Sponsoren und Teammitglieder."

Stephan Rössel, Geschäftsführer des Porsche Zentrum Aschaffenburg und Pilot bei Car Collection, sieht das Handeln der Rennleitung als fragwürdig. "Der Karneval am Nürburgring mit der VLN ist unprofessionell. Heute wurde sich im Breitensport ausgetobt und nicht bei den Werken, bei denen es angebracht wäre", war Rössel empört. "Mit diesem harten Durchgreifen sind heute die falschen Leute bestraft worden. Die VLN sollte sich als Dienstleister verstehen: Wir sind Kunden und so geht man mit Kunden nicht um!"

Und auch Car-Collection-Teamchef Peter Schmidt fand im Anschluss an das Rennen deutliche Worte. "Die Entwicklung in der VLN ist eine Katastrophe", wetterte er gegen die Verantwortlichen. "Die Leute zwei Stunden warten zu lassen, um Gelbverstöße auszuwerten, finde ich unmöglich! Und das Werkzeug Code-60 wird von den Streckenposten völlig falsch eingesetzt. Die Differenz dieser Geschwindigkeit zu der des Rennbetriebs ist viel zu hoch. Sinn von Code-60 ist, die Marshalls zu schützen, die bei der Bergung eines verunfallten Fahrzeugs auf die Strecke müssen und nicht, bei jedem am Rand stehenden Fahrzeug oder jedem kleineren Vorfall eine für von hinten im Renntempo ankommende Teilnehmer lebensgefährliche Blockade zu errichten."

Grund für die Diskussionen: Ein Unfall im Streckenabschnitt Flugplatz, Foto: Patrick Funk
Grund für die Diskussionen: Ein Unfall im Streckenabschnitt Flugplatz, Foto: Patrick Funk

Hoffentlich ein einmaliger Vorfall

Vor allem bei GT Corse by Rinaldi Racing stieß das Vorgehen der Rennleitung ebenfalls auf wenig Gegenliebe. Obwohl das Team mit beiden Ferraris einen Podestplatz erzielen konnte, hagelte es im Anschluss an das verkürzte Rennen Kritik. "Das Vorgehen der Rennleitung am Samstag halte ich für fragwürdig", schimpfte Teamchef Danny Pfeil. Das System der Code-60-Phasen, das die Rennleitung mit aller Macht durchsetzen möchte, hält er für ein unmögliches Unterfangen.

"Stundenlang wird über Bestrafungen diskutiert, das Rennen dadurch verspätet gestartet und verkürzt", so Pfeil weiter. "500 Piloten war ein Rennen über vier Stunden versprochen worden. Am Ende mussten wir vorzeitig Schluss machen, damit anschließend ein Kartrennen und ein Wettbewerb mit 20 Motorrollern pünktlich über die Bühne gehen konnten. Da passt doch etwas nicht. Die VLN-Verantwortlichen sollten sich überlegen, ob solches Vorgehen wirklich zur Sicherung der über 20 Jahre lang aufgebauten Marke VLN nutzt."

Und auch die GT-Corse-Piloten ärgerten sich. "Die VLN-Organisatoren müssen sich die Frage stellen, wann wieder professioneller Motorsport an der Nordschleife betrieben werden soll", erklärte Alexander Matschull. "Die Lösung mit Doppel-Gelb ist nicht länger tragbar. Dass ein Rennen verkürzt wird, weil die Zeit nicht ausreicht, um alle Vergehen aus dem Training zu ahnden, wird hoffentlich ein einmaliger Vorfall im deutschen Motorsport bleiben."

Die Piloten von GT Corse sind sauer und denken über Alternativen nach, Foto: Patrick Funk
Die Piloten von GT Corse sind sauer und denken über Alternativen nach, Foto: Patrick Funk

"Tolle Idee von der Rennleitung, die Bestrafung von einigen Fahrern so lange zu diskutieren, so dass am Ende im verkürzten Rennen rund 100 Fahrer gar nicht zum Einsatz kommen können", schimpfte auch Stephan Köhler. "Das geht doch so nicht. Das bisher angewandte System mit Doppel-Gelb funktioniert nicht. Das muss man nach zwei Jahren endlich mal einsehen."

Problem: GPS-Auge

Teamkollege Mike Jäger ging sogar einen Schritt weiter. "Da mir die VLN im Moment den Spaß am aktiven Motorsport nimmt, werde ich mich intensiv damit auseinandersetzen, ob die VLN noch die richtige Plattform für mich ist", kündigte der Ferrari-Pilot an. "Da ich mir für diese Entscheidung ausreichend Zeit nehmen möchte, werde ich das nächste Rennen am 2. August definitiv nicht fahren."

"Die Fahrerbesprechung hat wieder mal ihren Namen "Fahrerbespaßung" voll verdient", machte auch Wolfgang Weber seinem Ärger Luft. "Die Rennleiter reden absolut unüberlegtes Zeug, das Sekunden später wieder zurückgenommen werden muss. Dann lässt sich die VLN ihre Autorität untergraben und beginnt stundenlange Diskussionen mit denen, die im Code 60 im Qualifying zu schnell waren." Dies wird laut Weber vor allem zum Schaden derer, die nichts angestellt haben.

"Wenn man ein System zur Überwachung (GPS Auge) einführt, muss es so sicher sein, dass es keine Diskussion geben darf", so Weber weiter. "Ist es das aber nicht, entsteht so eine Farce wie am Samstag. Ist es sicher, sollen aber die Strafen auch strikt und hart angewendet werden. Ich bin gespannt, wie das Theater weitergehen wird! Zu allem Überfluss wurde auch noch die Siegehrung einfach gecancelt. Nächster Akt des Debakels in vier Wochen."

Doch aller Kritik zum Trotz, gab es aus dem Fahrerfeld auch Einsichten - selbst bei Rennsieger Frikadelli Racing. "Wir haben die Strafe zurecht erhalten, weil Sabine schlichtweg zu schnell gefahren ist", nahm Frikadelli-Teamchef Klaus Abbelen die Schuld auf sich. "Die Rennleitung hat vollkommen richtig gehandelt, auch wenn wir so nicht über die volle Distanz fahren konnten." Dass die Bestrafung allerdings kaum Wirkung zeigte, bewies das Team im Rennen: Bereits nach der zweiten Rennrunde hatte der Porsche die Führung übernommen. Am Ende reichte es für die Truppe aus Barweiler sogar zum Gesamtsieg.