Am vergangenen Wochenende war es soweit: Wenige Tage nachdem die ersten 15 Fahrzeuge an die Teams ausgeliefert wurde, bestritten die BMW M235i Racing ihr erstes Rennen auf der berühmten Nordschleife des Nürburgrings - wenn auch ohne Wertung. Die Resonanz dazu fiel anschließend zweiseitig aus. Während es auf der einen Seite Kritik hagelte, waren die Anderen sichtlich zufrieden. Motorsport-Magazin.com hat sich bei den Beteiligten umgehört.

Seitens BMW Motorsport war man mit der Entwicklung des BMW M235i Racing jedenfalls zufrieden. "Das war ein Projekt, was vor allem aufgrund des Zeitmanagements auf Messers Schneide stand", klärte BMW-Werkspilot Dirk Adorf gegenüber Motorsport-Magazin.com auf. Auch der Nordschleifen-Spezialist habe zunächst lernen müssen, dass es gar nicht so einfach ist, für ein Auto, das gerade erst in Serie gegangen ist, alle Teile passend zu haben und dort in die Produktion einzugreifen. "Ich muss sagen, da haben sich bei BMW Motorsport wirklich einige ein Bein ausgerissen", lobte Adorf, dessen VLN-Herz bei der Entwicklung eine große Rolle spielte: "Ich wurde mit eingebunden, weil ich die Szenerie und viele Teams aus dem Vorjahr kenne."

Schwergewicht statt Rennfahrzeug?

Vor allem das Gewicht des BMW M235i Racing wurde allerdings mehrfach kritisiert, denn das neue Rennfahrzeug bringt rund 1400 Kilogramm auf die Waage. Zum Vergleich: Der Opel Astra OPC Cup wiegt 1280 Kilogramm, der neue Renault Clio gar nur 1065 Kilogramm. Der kleine Toyota GT86 hat ein Gewicht von 1207 Kilogramm. Nach den ersten Testfahrten am Tag der Auslieferung teilten sich die Meinungen. Während ein Großteil der Piloten den neuen M235i Racing lobten, sprangen andere Fahrer den Teams noch vor dem VLN-Auftakt wieder ab. "Zu wenig Rennauto, vor allen Dingen aufgrund des Gewichts", lautete das Fazit nach den ersten Runden.

"Da ist mir der Hut hochgegangen", war Dirk Adorf über die entgegengebrachte Kritik empört. "Freunde, was wollt ihr eigentlich?" Als Werksfahrer und Kenner der VLN-Szene war der BMW-Pilot bereits frühzeitig in die Entwicklung des BMW M235i Racing integriert. Mit seiner Meinung und dem ein oder anderen guten Rat stand er den Verantwortlichen bei BMW Motorsport zur Seite. "Ich war jemand der gesagt hat, dass wir keine Kohlefasertüren einbauen, sondern sie so lassen wie sie sind", verriet Adorf im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com.

Schäden sollen günstig zu reparieren sein, Foto: Patrick Funk
Schäden sollen günstig zu reparieren sein, Foto: Patrick Funk

"Das ist ein Cup, da fährt man sich mal in die Tür und dann muss man die Ausbeulen und Spachteln", so Adorf. Gerade im Breitensport, für den der BMW M235i Racing in erster Linie entwickelt wurde, kommt es oftmals auf das Budget an. "Wir hätten das Auto auch einhundert Kilogramm leichter und 20.000 Euro teurer machen können, aber dann haben wir wieder das Ziel verfehlt", erklärt er.

Dass der Rennwagen daher recht schwer ist, sieht Adorf allerdings nicht als Problem an. "Wenn wir alle mit 1400 Kilogramm fahren, dann ist das in Ordnung", erklärt er. "Wir können auch alle mit 1300 Kilogramm fahren, aber das ändert an der Sache nichts, dass wir alle mit dem gleichen Material fahren." Den Grund für das hohe Gewicht sieht der BMW-Pilot vor allem in der Serie. "Die Straßenautos sind heutzutage sehr schwer, weil da sehr viel Technik drinsteckt", so Adorf. "Das Auto ist nun einmal von der Serie abgeleitet. Wir haben aber viel verfeinert und auch viel für den Motorsport appliziert."

Auch DTM-Pilot Martin Tomczyk konnte die Kritik am neuen 2er-BMW nicht nachvollziehen. "Man muss immer schauen, was man für den Preis bekommt und für wen das Auto gedacht ist", erklärte der Rosenheimer gegenüber Motorsport-Magazin.com. "BMW hat das Auto für den Amateursport entwickelt und ich glaube das Preis-Leistungs-Verhältnis ist so gut wie bei fast keinem anderen Auto, wenn man sieht was man bekommt für das Geld." Auch die Unterstützung der Teams ist von BMW werksseitig vorhanden. "Das Interesse war groß, also kann es nicht so verkehrt gewesen sein, egal ob er 50 Kilogramm mehr oder weniger drauf hat", so Tomczyk.

Verzögerung durch Lieferschwierigkeiten

Die verspätete Auslieferung war den Teams allerdings ein Dorn im Auge. Eigentlich sollten die ersten 15 Autos bereits vor den Test- und Einstellfahrten ausgeliefert werden, schließlich war es jedoch erst wenige Tage vor dem VLN-Auftakt soweit. Für viele Teams, die die Fahrerplätze bereits für die Einstellfahrten vermietet hatten, ein Ärgernis. "Die spätere Auslieferung hing mit Zuliefererteilen zusammen", klärte Dirk Adorf gegenüber Motorsport-Magazin.com auf.

Selbst der BMW-Pilot war über die Verspätung anfangs ratlos. "Das kann doch nicht sein. Wir müssen doch mal eine konkrete Aussage geben können, wann die nächsten Autos kommen", so Adorf, der aber ergänzte: "Bis mir einer sagte: "Das liegt nicht an den Autos." Es sind so viele Teile, die verbaut werden, und da gab es bei einem Teil Lieferschwierigkeiten", verriet er. "Dadurch stand alles."

Wann die nächsten Fahrzeuge an die Teams übergeben werden, konnte allerdings auch Adorf nicht vorhersagen. Bisher wurden gerade einmal 15 Autos ausgeliefert. "Ich kann es noch nicht sagen", äußerte er sich. "Das wird vermutlich kurzfristig passieren, aber wann und wie viele Autos, das kann ich nicht sagen."

Die Duelle im BMW M235i Racing Cup blieben beim Auftakt ohne Punkte, Foto: Patrick Funk
Die Duelle im BMW M235i Racing Cup blieben beim Auftakt ohne Punkte, Foto: Patrick Funk

Kinderkrankheiten beim Auftakt

Aufgrund der späten Auslieferung ging der erste VLN-Lauf, die 60. ADAC Westfalenfahrt, noch nicht in die Wertung des ebenfalls neugeschaffenen BMW M235i Racing Cup ein. Dennoch waren zahlreiche Fahrzeuge in der Starterliste zu finden. Nicht alle Teams zeigten sich anschließend jedoch zufrieden. Vor allem über Probleme mit der Benzinanlage wurde von vielen Seiten geklagt. "Wir hatten noch das ein oder andere Wehwehchen, was aber ganz normal ist", erklärte Dirk Adorf. "Da finde ich es von den Teams ganz toll, das sich keiner in irgendeiner Weise quergestellt hat. Wir haben alle festgestellt, dass es miteinander am besten geht."

Vor allem bei den ersten Rennen wird Adorf den Teams noch mit Rat und Tat zur Seite stehen. "Ich habe mich um die Jungs gekümmert", verriet der BMW-Pilot. "So wie die nun am Auto lernen, lernen wir auch noch am Auto." Eine Aktion wie im Vorjahr, als Adorf private BMW-Teams unterstützte und einige VLN-Rennen für diese bestritt, ist allerdings ausgeschlossen. "Ich habe von Anfang an gesagt, dass ich nicht in den BMW M235i Racing steigen werde und ein Team im Cup unterstütze", sagte er. "Das immer einen faden Beigeschmack hat und das möchte ich nicht. Das ist ein Auto für die Teams und da hat ein Werksfahrer nichts zu suchen."

Mit dem Auftakt der neuen Saison zeigte sich Adorf rundum zufrieden. "Es war für uns ein besonderer Moment, als die Autos zum ersten Mal auf die Strecke gefahren sind", grinste er. "Ich war an der Strecke und habe mir ein paar Autos angeguckt: Einfach geil!" Vor allem für das Engagement des Münchener Automobilherstellers fand Adorf viel Lob. "Ich bin ganz froh, dass BMW das gemacht hat", sagte er. "BMW ist mit einem Foto rausgekommen und hat gesagt: "Das ist unser Auto und das läuft nächstes Jahr." Wir haben es gemacht, das finde ich ganz großartig."

Wie lief das erste Rennen?

Erster Sieg für Adrenalin Motorsport, Foto: Patrick Funk
Erster Sieg für Adrenalin Motorsport, Foto: Patrick Funk

Den ersten Klassensieg, der noch ohne Punkte blieb, sicherten sich Guido Wirtz, Christopher Rink und Oleg Kvitka vom Team Adrenalin Motorsport, gefolgt von Max Partl und Jörg Weidinger von Scheid Motorsport. Daniel Zils, Norbert Fischer und Uwe Ebertz (Adrenalin Motorsport) komplettierten das Klassenpodium nach einer furiosen Aufholjagd. "Wir hatten leider einige Schwierigkeiten mit der Benzinpumpe", verriet Daniel Zils. "Aus diesem Grunde bleiben wir im Qualifying ohne eine gezeitete Runde und mussten vom letzten Startplatz aus ins Rennen gehen."

Fünf der insgesamt 15 ausgelieferten Fahrzeuge waren beim Auftakt noch nicht am Start: Das Fahrzeug von Rent2Drive wurde bereits auf der dritten Runde am Freitag bei einem Unfall beschädigt und auch der Bonk-BMW verunfallte im Zeittraining am Samstagmorgen schwer. Glücklicherweise blieben alle Piloten unverletzt. Besonders bitter: Da BMW derzeit noch kein ausreichendes Ersatzteilpaket zur Verfügung stellt, werden die beiden Fahrzeuge vermutlich auch beim zweiten Rennen fehlen. AVIA racing kämpfte schon am Freitag mit Motorproblemen, während Roadrunner Racing und Ring Police derweil noch auf einen Start verzichteten. Beim zweiten VLN-Rennen am 12. April geht es für die privaten BMW-Teams dann erstmals um Punkte im BMW M235i Racing Cup.